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Interview: ARCH ENEMY
Titel: Kompromisslos

Michael Amott hielt noch nie etwas von taktisch konstruiertem oder gar wichtigtuerisch gestelztem Songwriting, und so knallen die Songs des neuen und zwölften Albums auch allesamt wieder mal unumwunden und zentriert in die Lauscher.

Extreme Metal der spielkulturell royalen Art, könnte man das nennen - und dieses Jahr machen Arch Enemy als Band sogar drei respektable Dekaden voll. Mit seiner fähigen Mannschaft hat der schwedische Ausnahmegitarrist und Bandgründer für „Blood Dynasty“ eine ganze Latte an übermächtigen Songs erschaffen, wobei diesmal auch verdammt knackige und maximal eingängig umgesetzte Überraschungsmomente vollauf zu verblüffen wissen.

„Wir versuchen mit jedem unseren Alben, etwas Besonderes an den Start zu bringen und auch, das Level unserer Kunst weiter anzuheben. Dies gestaltet sich verständlicherweise jedoch Jahr für Jahr schwieriger, wir haben ja bereits einige großartige und dementsprechend erfolgreiche Alben erschaffen. Doch der Wunsch nach eigener Verbesserung schwingt natürlich immer mit, danach, musikalisch noch epischer und noch aufregender zu werden - und das versuchen wir auch anhaltend.“



Für „Blood Dynasty“ probierte sich das Quintett um Sängerin Alissa an einigen neuen Gestaltungsarten aus, so der Saitenvirtuose.

„Ja, stimmt, das sind jetzt in der Tat diverse Power-Metal-Elemente drin, ich habe Arch Enemy sowieso nie als reine Death-Metal-Truppe gesehen. Vielmehr erachte ich unseren Sound als einen Hybriden aus diversen Bestandteilen. Klar, Death Metal ist grundsätzlich dabei, doch es ist auch Thrash- und Heavy Metal darin verbaut, mitsamt punkigen Nuancen - und sogar Hardcore-Querverweisen!“

So empfindet er es jedesmal aufs Neue ebenso spannend wie auch unterhaltsam, wenn Arch Enemy einen neuen Track veröffentlichen, und dann viele Fans oft völlig unterschiedliche, stilistische Interpretationen dazu kommentieren bzw. nach welcher anderen Band oder Stilart sich das nun wieder mal anhört. Freudig grinsend lässt er dazu ab:

„Ich denke mir dann immer, in einer Art sinnierenden, maximal kontrastierenden Ambivalenz: Eigentlich ist der jeweilige Song alles, was das Feedback so auflistend nennt und gleichzeitig nichts davon. Ich habe so viele Einflüsse und ich liebe es, sie alle in meinen Liedern zum Tragen kommen zu lassen, das hält mein Songwriting einfach dauerhaft vitaler und lebendiger. Genau das macht den speziellen Arch-Enemy-Sound letztlich aus.“

Wer auf dem neuen Album aufmerksam hinhört, kann das auch relativ rasch bestätigen. Das Material ist ziemlich ausgefeilt und partiell gekonnt komplex auskomponiert und auch unerhört facettenreich gespielt - aber beim konzentrierten Rezipieren kommt es einem vor, als hörte man außerordentlich flüssigen Stoff, der mit einer signifikanten Tonleiter-Eleganz regelrecht in die Ohrtunnel flutschen kann.

Nehmen wir„Paper Tiger“, ein Paradebeispiel - Michael freut sich:

„Ja, dieser Song lebt zum einen von unserer umfassenden Spieltechnik und unserem generellen musikalischen Ausdrucksvermögen, was beides jeweilig über all die Jahre ziemlich hoch angestiegen ist. Wir sind also ziemlich gut darin geworden, ‚Arch-Enemy-gestaltete-Musik’ zu spielen, und dessen sind wir uns auch vollauf bewusst. Von daher liegt es weder mir noch den anderen in Band, den Leuten großartig zu zeigen, wie toll wir das alles können und was wir beispielsweise für wunderbare Gitarristen sind. Das bringt den Vorteil mit sich, dass wir uns voll und ganz beim Liederschreiben darauf fokussieren können, Songs um der Songs willen entstehen zu lassen.“



Und letzteres, so der topfitte Griffbrett-Champion, macht auch genau das zusätzliche an Attraktivität auf „Blood Dynasty“ auf so markante Weise aus.

„Wichtig ist generell, so denke ich, sich immer gänzlich gewiss zu sein, dass es da eben mehr gibt als anhaltend noch schneller, noch brutaler, noch technischer, noch vielseitiger, noch komplexer, noch progressiver, noch atemberaubender etc. aufzuspielen - wir wollten viel lieber einfach gute, dauerhaft perfekt funktionierende Songs realisieren, haben uns daher knietief ins Songwriting an sich begeben. Simpel gesagt: Ziel waren Stücke, die wir selbst auch gerne hören, und die die Power und die Energie innehaben, die Magie und die Lebendigkeit zu generieren, die wir damals als Teenager im Metal erlebten und gleichzeitig so heftig und prägnant in uns verspürten. Das ist letztlich die Rezeptur für unseren individuellen ‚Signature Sound‘. Das ging einmal mehr soweit, dass wir uns beim Schreiben der Songs sogar ganz gerne von dem Fakt abkoppeln, dass wir Material für ein Album erstellen - denn, wenn es Musikern beim Liederschreiben punktuell einzig und allein um ihren jeweiligen Song an sich geht, möglichst losgelöst von anderen Faktoren, dann kann einem Lied selbst ja gar nichts besseres passieren, um letztlich für alle Zeiten für sich selbst stehen zu können.“

© Markus Eck, 03.03.2025

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