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Interview: APRON
Titel: Ohne Limits

Diese bajuwarischen Freestyle-Musikanten zocken eigenen Angaben nach eine Stilistik, welche die Band frei als so genannten Crosscore vermarktet. Aufrichtig stolze Crossover-Attitüde wird hier also mit richtig wütenden Hardcore-Ausbrüchen brutaler Art gepaart.

So entsteht der aufmüpfige musikalische Bastardsound der Münchner Apron. Kürzlich quartierte sich der erfinderische Haufen, bestehend aus Sänger Thomy Bambuch, den beiden Gitarristen Michael Hofstetter und Johannes Ortanderl, Tieftöner Andreas Ortanderl samt Schlagzeuger Medusa, für einige Tage in den Moosburger Smart Arts Studios ein. Ziel: Aufnahmen der Lieder für das neue selbst betitelte Debütalbum.

Die bislang unergründlichen Tiefen und den nicht selten krankhaften Wahnsinn des menschlichen Geistes haben ja wirklich schon unzählige Autoren in der Historie dieser Spezies versucht zu analysieren beziehungsweise zu erklären. Musikalisch befassen sich jedenfalls diese fünf rhythmussüchtigen Bayern recht intensiv damit.

Apropos, hochintensiv mutet auch ihr klangliches Treiben an, was der stilistisch recht tolldreiste Trupp musikkategorisch aber eben selbst am allerliebsten als Crosscore angibt. Was sich im Jahr 2005 also mit der damaligen EP „The Broken Child“ erstmalig breitenträchtig manifestierte, das führte im Weiteren zum aktuellen Debütalbum „Apron“.

Dann und wann fühlt man sich bei den kruden Abrissbirnenklängen von Apron entfernt an die damals anfänglich wirklich oberbrillanten Berliner Techno Thrasher Depressive Age erinnert.

Doch die niederbayerischen Harmoniezerstörer bevorzugen im Gegensatz zu den zuvor genannten Vollblutmelodikern eindeutig die gewaltfreudige Haudrauf-Variante knallharten Musizierens.

Wie Drummer Medusa hochgradig erfreut zu berichten weiß, stellt die aktuelle Veröffentlichung der Band nach wie vor seinen ganzen Stolz dar.

„Von Bossanova bis hin zum Metal mixen wir eigentlich alles zusammen. Als erstes kommt einem da natürlich die Stilbezeichnung Crossover in den Sinn. Da wir aber überaus brachiale Klangelemente in unsere Lieder legen, einigten wir uns ganz einfach aus den Begriff Crosscore. Da ja heutzutage beinahe alles irgendwie `core“ ist, gefiel uns die Bezeichnung vom Fleck weg gut“, berichtet ein gut gelaunter Medusa-Mann.

Der 26-jährige Schlagzeuger legt dazu unmittelbar nach: „Zuvor veröffentlichten wir eine EP mit fünf Kompositionen, von daher konnten wir es natürlich kaum erwarten, die Arbeit an unserem ersten offiziellen Album anzugehen. Hier in den Smart Art Studios nahmen wir in einem Zeitraum von insgesamt zwei Wochen am Stück die Instrumente auf. Für mich persönlich war die Zeit hier in Moosburg der großartigste Studioaufenthalt, den ich je erleben durfte. Wir durften hier mit enorm professionellen Menschen zusammen arbeiten, welche aber trotzdem unsere musikalischen Spinnereien und unsere Außergewöhnlichkeit zuließen. Die wussten hier wohl schon im Vornherein Bescheid darüber, dass wir enorm exzentrisch sind. Der Mix aus Professionalität und angenehmer Open Minded-Attitüde stimmt hier halt ganz einfach.“

Ja, im malerischen Moosburg mussten es die fünf querköpfigen Kerle also einige Zeit eng auf einem Haufen zusammen miteinander aushalten.

Doch die Band ist dies ohnehin bereits gewohnt, so der Stockschwinger in aller betonten Lockerheit:

„Wir sahen das Ganze sowieso von der Warte aus, als ob wir auf Tour wären. Für mich gilt eindeutig: Wenn ich in einer Band spiele, muss ich mit den restlichen Mitgliedern auf menschlicher Ebene absolut gut auskommen, egal, in welcher Situation das nun auch sein mag. Wenn das also im Aufnahmestudio nicht klappt, wie könnte ich mit den Jungs dann erst im Tour-Nightliner durch die Lande fahren?“ Stimmt.

„Privat höre ich unser neues Album zwar nicht oft, denn wir spielen die Songs ja derzeit recht oft live. Doch ich finde die Kompositionen noch immer wunderbar. Mich freut das sehr, denn gerade geht es für uns so richtig los. Die Promotion hat gerade erst begonnen, und wir stecken gegenwärtig in den ganzen Tourplanungen für nächstes Jahr. Teilweise fallen da schon Bandnamen, für die wir eventuell als Support spielen dürfen, die uns blanke Ehrfurcht auf die Gesichter zaubern. Somit empfinde ich alles, was mit dieser Platte zu tun hat momentan nur noch spannend“, erzählt der Schlagwerker weiter.

Und er fährt rasch fort: „Da wir seit einigen Monaten zwei neue Musiker in der Band haben, mussten die beiden natürlich aufgrund der fürs Album vor einiger Zeit anstehenden Studioaufnahmen unsere vorhandenen Songs ziemlich schnell erlernen, was momentan noch ebenfalls vielleicht mal irgendwann aufkommende Langeweile bei uns effizient verhindert.“

Leicht sind sie beileibe nicht anzuhören, die schizoiden Marternummern des Quintetts, aber diese Band besteht ja auch nicht aus leicht austauschbaren Durchschnittsgemütern. Medusa nährt nachfolgend einmal mehr die Erkenntnis, dass sich im Bereich von abseits gesellschaftlicher Akzeptanz stehender Kunst, in diesem Falle grenzüberschreitender Untergrundmusik, die interessantesten Charaktere tummeln. Mehr noch:

„Denker sind wir, absolut. Einige von uns haben sogar akademischen Hintergrund: „Einer unser beiden Gitarristen ist beispielsweise Doktor der Physik, ich selbst bin Magister der britischen Literaturwissenschaft. Wir können also auch großen und unbekümmerten Spaß haben, ohne die ganze Zeit zu rülpsen und zu furzen“, sagt sich der auskunftsfreudige Fellklopfer bei der Gelegenheit mit Worten in oberbegrifflich anpackender Weise einmal mehr von entsprechenden Klischees los.

Wie Medusa weiter im Interviewgespräch ausführt, ist er einer derjenigen in Apron, die auch für mancherlei Belange außerhalb der Musik an sich verantwortlich sind:

„Beispielsweise Videodrehs, Fotoshootings etc. Aber auch Tourplanungen und logistische Aufgaben fallen darunter. Bei all dem Stress in und um die Band kann es auch schon mal passieren, dass wir uns gegenseitig im Affekt unverhältnismäßig fies behandeln beziehungsweise überzogen kommunizieren. Doch glücklicherweise haben wir uns jeder für sich mit der Zeit eine feine Sensorik erarbeitet, die uns ermöglicht jeweilig beizeiten über alles miteinander in Ruhe zu reden. Beispielsweise bei einer gemeinsamen Tasse Kaffee vor einem Live-Auftritt. So sind wir davor abgesichert, dass wir uns eines Tages salopp gesagt nicht mehr sehen und riechen können.“

Stellt sich nun sicherlich so manchem die brennende Frage, warum sich die Beteiligten bei soviel Intellekt und geistiger Höhe ausgerechnet für derlei Rumpelmucke entschieden haben. Der Trommelknecht hat die Antwort sogleich parat:

„Eine sehr interessante Frage, das muss ich zugeben. Ich selbst werde damit auch nicht selten konfrontiert, wenn ich mit Leuten in und außerhalb meines Bekanntenkreises kommuniziere. Da ich ja derzeit nach meinem Hochschulabschluss nur noch als Musiker aktiv bin, fragt man mich immer wieder, wozu ich denn dann überhaupt studiert hätte. Doch für einen dermaßen tiefen Ansatz, wie wir beispielsweise an die ganze Sache herangehen, dazu braucht es schon einiges an Überlegung. Was wir dem Publikum geben möchten und was wir uns vom Publikum zurückwünschen, ist vollständig durchdacht. Sicherlich benötigen wir auch einige ziemlich provokative Features, auch in unserem Auftreten und Image, um die entsprechenden Leute am Ende auch zu erwischen mit unseren Liedern. Alles in allem steckt jedenfalls eine Unmenge an gedanklicher Arbeit hinter unserem Tun, denn wir sind in der Tat alles andere als oberflächlich oder halbherzig agierende künstlerische Persönlichkeiten.“

© Markus Eck, 21.12.2008

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