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Interview: TARJA
Titel: Rundum routinierter

Dass man als ergebener Freund bombastischer und fein ausorchestrierter Female Fronted Symphonic Metal-Klänge auch weiterhin mit ihrer ebenso edlen wie beliebten Klangkunst rechnen kann, dass bewies Tarja im Hochsommer mit ihrem zweiten Soloalbum „What Lies Beneath“.

Letzteres zeigte die Musik der erfolgreichen Sopranistin von teilweise überraschend neuen, überraschend harten Seiten. Was allerdings nun nicht mehr gar so sehr verwundert, wenn man weiß, dass die gebürtige Finnin sich die letzten Jahre immer mehr für harte US-amerikanische Schwermetallsounds begeistern konnte.

Mit zeitloser feiner Klassik ist sie groß geworden, und auch heute noch genießt sie laut eigenem Bekunden die Werke alter Großmeister und Komponisten aus diesem Genre. Doch seit ihrer Abnabelung von Nightwish haben auch hochexplosive Krawalltruppen wie beispielsweise As I Lay Dying, The Black Dahlia Murder oder auch Shadows Fall Einzug in ihr breites geschmackliches Repertoire gehalten.

„Gerade halte ich mich in meiner Heimat Finnland auf, hier liegt haufenweise Schnee. Ein richtiges Winterwunderland, wie man so schön sagt, und es ist hier wirklich gigantisch kalt. Es könnte im Temperaturunterschied krasser zu meiner Wahlheimat Argentinien wohl nicht mehr sein, aber irgendwie macht es mir nicht zuletzt genau daher auch immer wieder ganz besonderen Spaß, zu meiner Familie und meinen guten alten Freunden heimzukehren“, gibt sie mir mit quirliger und gut gelaunt erklingender Stimme zu Protokoll.

Man merkt ihr den abermalig angestiegenen charakterlichen Reifeprozess deutlich an. Niemals zuvor gab sie sich zackiger, knackiger und vor allem selbstwertbewusster im Interviewgespräch.

„Für mich persönlich war 2010 ein sehr gutes, ein verdammt gutes Jahr sogar. Ich war zwar stets extrem viel beschäftigt, aber das brachte auf der anderen Seite auch einen immensen Kreativitätsschub mit sich, zum Glück! So floss eins sprichwörtlich gesagt ins andere über, was mir zudem sehr half, alles gut und zeitgerecht bewältigen zu können. Kurz gesagt: Ich fand meinen künstlerischen Frieden mehr und tiefer, als ich es in mir selbst überhaupt für möglich hielt. Und dazu trug nicht zuletzt auch der Erfolg meines aktuellen Albums bei. Es war sehr spannend für mich, für uns alle, die wir daran beteiligt waren. Aber die Veröffentlichung wurde von Fans und Musikmedien fast ausnahmslos gut aufgenommen, was für mich beglückend und bestätigend in einem war.“

Dennoch gab es innerhalb des letzten Jahres nicht nur Erfreuliches im Hause Tarja, wie sie die Ereignisse in aller merklichen Besonnenheit rekonstruiert:

„Der ganze Sommer war wirklich sehr hart für mich. Denn ich erkältete mich ernsthaft und hatte in dieser Zeitspanne wirklich heftig mit meinem Stimmzustand zu kämpfen. Ich dachte mir: `Was zur Hölle passiert hier mit mir?` Es war schlimm. Ich kannte das auf diese Art und Weise noch gar nicht. Es machte mir Angst, Angst um meine Stimme. Eigentlich war es nur eine `gewöhnliche` Erkältung, die ich mir Anfang Juni zuzog – die jedoch dann immer gravierender von meiner Gesundheit und Konstitution Besitz ergriff. Mittlerweile habe ich es auskuriert, aber es war übel.“

Anschließend resümierte die Sopranistin über die vergangenen Konzerte, die sie 2010 gab. Wir erfahren von Tarja: „Alle meine Live-Gigs sind für mich etwas ganz Besonderes, doch die Shows mit dem guten alten Alice Cooper waren dann doch überaus hoch herausstechend.“

Äh … Alice Cooper? „Ja, ich konnte es anfangs selbst nicht glauben“, kontert Tarja recht impulsiv, „aber er und sein Management hatten schon des Öfteren zuvor bei uns angefragt bezüglich einer Kooperation in Sachen Tour. Er kennt mich über die Medien wohl schon seit längerer Zeit und er mag meine Lieder sehr – was mich echt angenehm überrascht hat. [lacht schallend] So kam es letztlich tatsächlich dazu, dass ich mit dem legendären Alice ganze neun Shows bei euch in Deutschland spielte! Natürlich waren diese Shows etwas ganz anderes, als ich bis dato auf der Bühne so gewohnt war. Hervorhebenswert dazu erscheint mir, dass die Mehrheit der dortigen Besucher Fans von Mr. Cooper waren, die mich und meine Kompositionen wohl zum ersten Mal erleben konnten – auf ihre Reaktionen war ich natürlich verständlicherweise ganz besonders gespannt. Ich und meine Band, wir wussten schon, dass wir vor vielen älteren Metal-Fans zu spielen hatten – so nahmen wir uns vor, noch mehr als unser Bestes zu geben, um diese Leute zu überzeugen. Und es war immer wieder hochinteressant: Wir wurden relativ rasch begeistert aufgenommen und frenetisch beklatscht!“

Wie sie noch aufgeregt anfügt, zeigte sich Alice ihr gegenüber als vollendeter Gentleman: „Ach, er war so lieb zu mir und behandelte mich mit riesigem Respekt, ich werde das nie vergessen! Zudem bedachte er mich mit den tollsten Komplimenten: Zu mir selbst, zu meiner Stimme, zu meiner Musik.“ Wer hat von dem alten Schlitzohr auch ernsthaft etwas anderes erwartet?

© Markus Eck, 14.01.2011

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