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Interview: CARVED IN STONE
Titel: Die strahlende Magie der Vergangenheit

Eine immens wertvolle Mystik Folk-Perle stellt das Minialbum „The Forgotten Belief“ von Carved In Stone dar. Sängerin Swawa verwirklicht damit ihr Soloprojekt und bringt hier neben anmutig gezupften Akustikgitarrenklängen eine selten tief berührende und vollendet weibliche Stimme in die Kompositionen ein.

Die mit deutschen und englischen Texten ebenso verträumt wie feinfühlig vorgetragene Sehnsuchtsmusik von Carved In Stone ist von tief greifender Gemütswirkung, sie enthebt den Hörer binnen weniger Momente der Realität.

Ihr Pseudonym stammt aus der Edda, wie sie mir eingangs ins Ohr flüstert. „Swawa ist der Name einer Walküre, die einem Königssohn namens Helgi sehr angetan war. Leider kamen beide nicht zusammen, da Helgi in der Schlacht fiel. Es wird allerdings erzählt, dass beide wiedergeboren wurden, vielleicht hat es ja da geklappt.“

Wir hoffen es. Swawa ist kein großer Menschenfreund, wie sich im Weiteren auftut. Da hat sie noch etwas mit mir gemeinsam.

„Manchmal habe ich, ehrlich gesagt, das Gefühl, überhaupt nicht zu den Menschen zu gehören. Es gibt so viele Dinge, die ich an ihnen nicht verstehen oder nachvollziehen kann und die mich abstoßen. Deshalb habe ich mir vor langer Zeit schon diese Parallelwelt erschaffen, von der ich bei Carved In Stone berichte.“

Wir kommen auf den Bandnamen zu sprechen. Und meine Vermutung bestätigt sich: Runenschriften können ohne weiteres damit in Verbindung gebracht werden. Mein Gegenüber legt dar:

„Der Bandname spielt tatsächlich auf die Geheimnisse an, die vor ewiger Zeit in Stein geritzt und darauf gemalt wurden.“

Wie ich vor dem Interview in Erfahrung bringen konnte, wirkte Swawa auch bei Bands wie Dark Intention und Paimon als Keyboarderin und Sängerin mit, sowie aktuell bei Taunusheim. Wir erfahren:

„Dark Intention war eine Doom Metal-Band, in der ich Keyboard spielte und die zweite Stimme sang. Unser Sänger war ziemlich krass. Wir veröffentlichen 1997, glaube ich, unser Demo, und es verkaufte sich sehr, sehr gut. Allerdings hatte sich der Sänger über die Jahre mit seiner Verzerrung die Stimme kaputt gemacht. Er musste aufhören, und ohne ihn machte es keinen Sinn mehr. Paimon war dann eine etwas härtere Band, die man stilistisch wohl in der Melodic Black Metal-Ecke ansiedeln würde. Auch da war ich Keyboarderin und übernahm kleinere Gesangsparts, allerdings zerstritt ich mich mit den Leuten und ging. Jetzt fühle ich mich bei Taunusheim pudelwohl, da mir sowohl die Musik als auch die Texte sehr zusagen. Taunusheim spielt Pagan Metal und die Texte handeln von der Gegend in der wir drei wohnen. Es gibt dort u.a. ein waldreiches Gebirge, den Taunus, um das sich z.B. viele Sagen ranken – zum Beispiel soll Siegfried dort den Drachen erschlagen haben. Das ist eine ziemlich bekannte deutsche Sage. Dadurch kann ich mich mit den Texten absolut identifizieren, weil ich weiß, worüber wir singen. Ich spiele dort Flöte, Altflöte, Keyboards und singe mal wieder ein bisschen.“

Primär wollte Swawa mit Carved In Stone von Anfang an mystische und altertümliche Musik machen, wie sie bekennt. „Jedoch ohne mit schweren Synthesizern zu arbeiten oder poppig zu klingen, wie diese ganze Gregorian Chants-Scheiße. Wenn Leute mich mit Hagalaz´ Runedance oder Loreena McKennitt vergleichen, ist das schon OK für mich. Mit Taunusheim kann ich lärmen, mit Carved in Stone kann ich träumen. Am stärksten hat mich wahrscheinlich Mortiis beeinflusst. Bis zu dem Album „Crypt Of The Wizard“ hatte er ein ähnliches Konzept wie ich.“

Erfreulich würde sie es laut eigener Aussage finden, wenn sich Leute in ihrer Musik wieder finden würden, beziehungsweise wenn sie in die Geschichten eintauchen und sich darin verlieren könnten.

Und wenn die Menschen die Magie der Vergangenheit für sich entdecken und die alten Zeiten wieder aufleben lassen würden.

Bei Carved In Stone fließt ihre Faszination für die Natur und ihre Geister, für nordische Mythologie und Balladen der letzten Jahrhunderte ein.

„Alles wird davon beeinflusst. Ich benutze alte Instrumente, um die Musik alt klingen zu lassen, beim zweiten Album werde ich das Keyboard auch wahrscheinlich um Einiges reduzieren. Die von Dir genannten Aspekte fließen in alle Texte ein und geben dem Projekt Carved In Stone seinen Inhalt und seine Aussage.“

Texte und Musik stammen komplett von Swawa, bis auf den Text von „Die zwei Raben“, eine sehr alte schottische Ballade, wie ich anschließend erfahre. Übersetzt wurde sie von Theodor Fontane.

„Diese Ballade findet sich in Sir Walter Scotts `Minstrelsy of the Scottish border` (Schottische Grenzballaden) aus dem Jahr 1802/03. Scott hat das Stück von einem Freund bekommen, der es seinerseits von einer Dame erhielt, welche es nach dem Volksmund aufgeschrieben hatte. Der Verfasser ist allerdings unbekannt, da es sich hier um eine Volksballade handelt, die von Mund zu Mund weitergegeben wurde.“

Der Gesang der Künstlerin variiert zwischen Träumerei, Sehnsucht und anklagender Entschlossenheit, hier berichtet sie mehr darüber. „Träumerei, um der Welt der Menschen und ihrer Falschheit zu entfliehen, Sehnsucht nach der Welt, in die ich dann wie beispielsweise im Lied „Longing For Home“ fliehe, und Anklage gegen die Macht der Kirche, die Leute wie mich heute immer noch am liebsten verbrennen würde. Generell ist Carved In Stone antichristlich orientiert, da das Christentum alles, wofür die Band steht, ziemlich ausgerottet hat.“

Sie tituliert ihre Musik als Mystic Folk.

„Weil in dieser Bezeichnung alles Wichtige impliziert ist. Schubladenbezeichnungen stören mich wenig, ich finde sie eigentlich eher verwirrend, zum Beispiel habe ich bis heute noch nicht 100%ig den Unterschied zwischen Speed und Thrash Metal kapiert“, lächelt sie mir ein wenig verlegen entgegen.

Der Albumtitel „The Forgotten Belief“ steht laut Aussage von Swawa für den Glauben an die alten Götter unserer Vorfahren, der durch die Christen erst unter Todesstrafe verboten, in der modernen Zeit einfach totgeschwiegen und schließlich von den meisten vergessen wurde. Insofern sie überhaupt wissen, dass es ihn einmal gab. Das Konzept dahinter ist einfach:

„Ich erzähle den Leuten von diesen vergessenen Geschichten in der Hoffnung, ihr Interesse dafür zu wecken. Immerhin zieht der altgermanische Glaube auch einen großen Respekt für die Natur und ihre Wesenheiten mit sich. Man verstehe mich bitte nicht falsch, ich will niemanden missionieren, ich möchte den Leuten lediglich zeigen, dass es etwas vor dem Christentum gab, das es verdient hat, beachtet zu werden.“

Wie sie mir weiter darlegt, ist das Cover-Artwork von „The Forgotten Belief“ eine Widmung. „Bis auf eines sind alle Bilder in und auf dem Booklet Bilder von meinem Garten zuhause. Der Baum auf der Titelseite war mein Lieblingsbaum. In ihm lebte eine Nymphe, doch Baum und Nymphe wurden umgebracht, weil ein Haus in unseren Garten gebaut wurde. Dem Bau fielen fast alle Bäume zum Opfer und ich werde das niemals vergeben. Mit dem Artwork der CD ehre ich die Gefallenen auf meine Weise. Und ich muss Erik auch nochmals danken – er macht Grafik-Design, nennt seinen Laden HvemSkulle und hat das alles wunderschön hinbekommen.“

Ihre abschließend verkündeten Pläne und Vorsätze für die Zukunft gefallen mir. „Ein zweites Album veröffentlichen und hart weiterarbeiten, auch bei Taunusheim. Und die ganze Welt von der Gehirnwäsche der Christen befreien. Heil sei den Hohen!“

© Markus Eck, 31.08.2003

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