Interview: | BESEECH |
Titel: | Theatralische Perspektiven |
Eine ganz besondere und ausgesprochen edle unter zahllosen Gothic Metal-Formationen meldet sich mit den ästhetischen Schweden Beseech zurück. Anlass dafür ist das neue Album „Drama”, dessen träumerische Lieder alles andere als ein Ebensolches sind.
Im Gegenteil, die Band scheint nach langer Zeit endlich mal wieder in Hochform zu sein. Denn wies der Albumvorgänger „Souls Highway” noch diverse Goth Rock- und Darkwave-Einflüsse auf, besannen sich Beseech wieder auf ursprüngliche Tugenden und legen mit „Drama” eine überaschend überzeugende Gothic Metal-Hörstunde vor.
Ob, wie es auf dem aktuellen Werk scheint, damit ein massiver Selbstfindungsprozess vorerst abgeschlossen ist, sollte das folgende Gespräch in Erfahrung bringen. Gitarrist und Hauptkomponist Robert Vintervind beschreibt sich selbst als energischer, aber insgesamt doch ziemlich verträumter Zeitgenosse:
„Ich bin ein ausgesprochener Denker und daher eigentlich ein sehr vorsichtiger Mensch. Des Öfteren kommt es schon mal vor, dass ich mir ein wenig zuviel an Arbeit auflade. Ich gerate dann auch meistens in leichte Zerstreutheit. Aber so mag ich es nun mal.”
Geht es ums Komponieren von guter Musik, so offenbart der Schwede seine inneren Beweggründe gerne:
„Für mich eine sehr persönliche Angelegenheit, die mir tiefe innere Befriedigung verschaffen kann. Natürlich freut es mich, wenn andere gut finden, was ich mache, doch ich schreibe unsere Lieder in erster Linie für mich selbst. Ich bin ohnehin der Auffassung, dass man niemals gute Songs komponieren kann, wenn man es primär für das Publikum tut.”
Dass das neue Album „Drama” doch ein wenig distanziert von den stark vom Darkwave geprägten Songstrukturen des letzten Albums „Souls Highway” anmutet, freut mich als passionierten Anhänger des zweifellos besten Beseech-Albums „Black Emotions” sehr. So schwenkt das Gespräch nachfolgend in diesen Kontext über. Robert expliziert bestätigend:
„Auch wir in der Band sind dieser Meinung. Wir glauben, dass es uns gelungen ist, ein ebenso noch interessanteres wie großartigeres Album zu erschaffen, als dies mit `Souls Highway` der Fall war. Auch die Produktion an sich und das Level der Songs wurden jeweilig verbessert. Nicht, dass wir unser vorheriges Album nun verdammen würden, aber auf `Drama` wussten wir dieses Mal schon zuvor ganz genau, wie die Gitarren und der Bass klingen sollten. So entschieden wir uns, dass sie mehr in den Vordergrund abzumischen sind.”
Die aufopfernd beseelten Klänge von Beseech waren seit jeher bekannt für ihren emotionalen Variantenreichtum.
Doch Robert ist der Auffassung, auf dem neuen Werk in bisheriger Höchstform zu sein. So hat der Gitarrist jetzt wieder das Wort:
„Sämtliche Stücke von uns unterscheiden sich in hohem Maße, darauf legten wir schon immer großen Wert. Nun sind wir aber gar noch einen Schritt weiter gegangen, was `Drama` zu unserem bisher vielfältigsten Werk macht.”
Und das liegt nicht zuletzt auch daran, wie Robert berichtet, dass mit Klas einer der bisherigen Hauptsongschreiber der Band den Rücken zukehrte.
Daher konnte sich der Saitenschrubber laut eigenem Bekennen noch tiefer in eigene imaginäre Welten flüchten und seiner individuellen Kreativität völlig freien Lauf lassen.
„Trotzdem sollte `Drama` um einiges heavier, experimenteller und grooviger ausfallen, das war schon lange beschlossene Sache. Ziel für dieses Mal war es auch, an Originalität zuzulegen. Die meisten Acts unserer Schiene hören sich nämlich leider viel zu oft gleich an, was einen gewissen Monotypismus einhergehen lässt.”
Im Weiteren philosophiert mein Interviewpartner mit mir über lyrische Inhalte der neuen Träumerlieder seiner Truppe. Und diese Kompositionen sind wie gewohnt sehr tiefsinning ausgefallen.
„Wie bisher bei allen unserer Veröffentlichungen üblich, machte sich niemand in der Band zuvor irgendwelche speziellen Gedanken um ein zu erarbeitendes Textkonzept. Aber nachdem das neue Album fertig eingespielt und aufgenommen war, registrierten wir einen roten lyrischen Faden inmitten der aktuellen Tracks. So basieren die Texte auf dem Leben an sich, vom Tag des Lebens an bis zum Tag des Todes. Vieles dreht sich hier auch um die Gegensätzlichkeit der Ereignisse des wahren Lebens zu denjenigen, welche man lediglich im Geiste durchlebt.”
Auch solchen klassischen Themen wie Liebe und Sex wurden laut Robert erneut nicht außer Acht gelassen.
Und Beseech wären nicht Beseech, würden sie nicht auch erneut spirituell gelagerte Fragen an diverse Formen der Göttlichkeit stellen.
So ist der neue Albumtitel „Drama” denn auch in Bezugnahme auf eine theatralische Perspektive der zuvor erwähnten Thematiken zu verstehen.
„`Drama`sowie der Titeltrack der Scheibe symbolisiert uns in Vollkommenheit als Band.”
Inspirative Eingebungen interessieren einen hierbei natürlich ganz besonders, vor allem, wenn man mit dem Maincomposer diskutiert.
Dieser gewährt deshalb einen weiteren kleinen Einblick in die Fülle seiner kreativen Intentionen.
„Mich inspiriert alles, was mich umgibt. Das kann ein intensiver Film sein, ein ausgedehnter und impressiver Spaziergang oder natürlich auch eine gute Platte. Und da ich wie eingangs erwähnt ein leidenschaftlicher Denker bin, vertieft sich diese Eigenschaft gerade in solchen speziellen Stimmungslagen noch um ein Vielfaches.”
Wie Robert dann weiter aus sich herausgeht, beeinflusst ihn, und das hört man von Musikern dieses Metiers nicht allzuoft, zudem das ewige Thema Wetter auch nicht unwesentlich.
„Ja, die Jahreszeiten hier bei uns und ihre mitunter stark differierenden Wetterlagen üben schon eine gewisse Faszination aus, derer ich mich nicht entziehen kann. Ganz speziell haben es mir jedoch der nordische Herbst und Winter angetan.” Letzteres wird wohl keinen Anhänger der grauverschleierten Klänge von Beseech überraschen.
© Markus Eck, 05.01.2004
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