Interview: | KIVIMETSÄN DRUIDI |
Titel: | Entgegen den Klischees |
Die auffallend pfiffig melodisierte Mischung aus Pagan-, Viking-, Symphonic- und Folk Metal, die ihr aktuelles Debütalbum „Shadowheart“ enthält, offeriert haufenweise hochhymnische Wonnemomente.
Mittels atemberaubender Rhythmus-Rasanzen frenetisch rhythmisiert, prasseln die schweren Takte hier nur so hernieder. Genussvoll ausgleichend wirkt da das reizvoll feminin anmutende Sopranorgan der blonden feenhaften Sängerin Leeni-Maria Hovila. Die rohe heidenmetallische Kraft früher Thyrfing, der monumentale Bombast von Turisas, gekreuzt mit Battlelore im haltlosen Geschwindigkeitsrausch: So könnte es den Genrefans wohl am besten erklärt werden, was hier getrieben wird.
Überhaupt, diese fitten Finnen mitsamt all ihren varianten- und stimmungsreichen Fantasy Folk Metal-Kreationen sind schon überaus theatralisch veranlagt, was das Hören ihrer ästhetischen Mystikerlieder zu einem höchst dramaturgischen Erlebnis macht.
Von den beiden Brüdern Koskinen im Jahr 2002 ins Dasein erhoben, spielt die gegenwärtige Sechserbesetzung bereits in der ersten Liga, was die spieltechnische Eindringlichkeit ihrer höchst epischen Darbietungen angeht.
Und nachdem den ersten drei Demonstrationstonträgern „Taival“, „Mustan Valtikan Aika“ und „The New Chapter“ neben unzähligen begeisterten Hörerreaktionen auch ein toller medialer Erfolg beschieden war, klappte es kürzlich sogar mit einem etablierten Majorlabel in Sachen musikvertraglicher Zusammenarbeit.
Die Zeichen könnten derzeit also besser gar nicht stehen für die Geschicke von Kivimetsän Druidi.
Und rhetorisch recht geschickt pariert Leeni-Maria auch die zahlreichen Interviewfragen.
„Ich versuche als „Crossover-Sopranistin“ so gut es geht, gleichermaßen im Metal- und Klassikmetier tätig zu bleiben. Das mache ich auch nicht zuletzt, um die Miete für meine Behausung zu bezahlen“, erläutert die in Helsinki lebende Vokalistin.
Wie sie anfügt, hat sich Leeni-Maria als Mensch an sich laut eigener Einschätzung viel zu lange selbst aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet:
„Bis ich gelernt habe, dass ich am besten in mich hineinschauen muss, um etwas über mich zu erfahren. Ich vergeudete daher so einige Jahre in diversen mehr oder weniger unsinnigen Jobs, bis ich endlich feststellte, dass für mich wirklich nichts anderes als Musik zu machen beziehungsweise dafür zu singen in Frage kommt. Das birgt zwar nun so einige Risiken für mich, aber diesen Umstand akzeptiere ich vollauf und gerne.“
Sie fährt zu diesem Kontext fort: „Früher plante ich sogar noch auf einer Hochschule zu studieren, um dadurch irgendwann zu einer gesellschaftlich angesehen Arbeitstätigkeit zu gelangen. Doch das führte bei mir beinahe zur Selbstpeinigung, denn dadurch hätte ich mir ja künftig nicht mehr erlaubt, was ich eigentlich am liebsten tue. Im letzten Moment riss ich das Ruder herum, worüber ich nun sehr froh bin.“
Dass die eigenwillige Musik von Kivimetsän Druidi in der Klischees liebenden Szene eventuell Irritationen ob der ungewöhnlichen Interpretation der Vorgaben hervorrufen könnte, das kümmert die langmähnige Blondine nicht:
„Sicherlich werden einige Leute uns mit dieser oder jener bereits erfolgreichen Band vergleichen und uns dafür entweder lieben oder hassen. Doch wir sind mit unserem Sound doch sehr eigenständig, also haben wir keine Vergleiche beziehungsweise Plagiatsvorwürfe zu fürchten. Noch dazu sind unsere Einflüsse äußerst vielfältiger Natur. Wie auch immer, das auf dem aktuellen Debütalbum zu hörende Resultat spiegelt unsere individuellen Bemühungen repräsentativ wider. Schließlich sind wir ja eine echte Band, und alles andere als Kopisten.“
Gegenüber ihren beiden Vorgängerinnen Annika und Jenni, so Leeni-Maria, gestaltet sie ihre Gesänge hingegen betont klassischer und auch mit viel höher angelegten Oktavenebenen. Und das führte anfangs zu massiven Schwierigkeiten bei der gesanglichen Umsetzung älterer Stücke:
„Gerade die beiden Kompositionen „Kristallivuoren Maa“ und „Pohjoinen Mahti“ beispielsweise bereiteten mir immense Probleme, sie live zu singen. Und dies ist ehrlich gesagt gar nicht mal so selten noch immer der Fall. Denn ich wollte und will die alten Vorgaben von Annika und Jenni nicht verändern, denn das würde diese beiden Kompositionen doch ihres eigentlichen künstlerischen Geistes berauben.“
Was ihre Ideen in Sachen Staffage anbelangt, da traut sich unsere Folk Metal-Heldin so Einiges: „Ich habe stets immer wieder so einige starke Ideen, was meine Kostüme und meine sonstige optische Anmut anbelangt. Zum Glück kommt mir hierfür meine damalige Zeit am Musiktheater immer wieder zugute.“
Es folgt Understatement pur: Ihr größter Stolz ist nicht etwa ihre eigene Stimmleistung oder etwa das neue Album ihrer Band, sondern ihr eigener Vater.
„Der Gute ist 65 Jahre, pensioniert und noch immer ein sehr leidenschaftlicher Organist, also Orgelspieler. Gerade heute geht er zum ersten Mal zum Vorspielen als Kandidat für ein christliches Musical, seine Rolle wäre der Judas.“ (…)
Warum sie selbst bei Kivimetsän Druidi eigentlich so überaus gerne bei dieser speziellen Art von Stilistik mitwirkt, will ich abschließend noch von Leeni-Maria wissen.
Diese verkündet mit frohem Mut in der Stimme:
„Pagan-, Viking- und Folk Metal sind von großem Stolz durchzogene Musikarten, und das in positivem Sinne. So wollen auch wir verstanden werden. Und wir wollen primär eine gesunde Portion Bescheidenheit zur Kunst an sich und zu unseren Genrekollegen beibehalten und dabei unsere Songs trotzdem so stark und aussagekräftig wie möglich belassen. Und unseren Humor wollen wir uns nicht nehmen lassen. Denn diese Subkategorie, in der wir uns Musiker mit unserem Sound bewegen, polarisiert die Meinungen der Leute doch ziemlich. So gilt es für uns, das Ganze nicht zu verbissen zu sehen.“
© Markus Eck, 30.10.2008
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