Interview: | BACIO DI TOSCA |
Titel: | Persönlichere Note |
Vor vier Jahren konnte sich Mezzosopranistin Dörthe Flemming mit dem dritten Bacio Di Tosca-Album „Hälfte des Lebens“ einmal mehr mit ihrem vielfältigen Können offenbaren.
Mittels erneut verpflichteter Gastmusikanten erfährt der betörend geschmackvolle Symphonic Darkwave des anspruchsreichen Projektes jetzt wieder labend niveauvolle Entsprechung.
Dass die Kompositionen des neuen Albums „Was ich liebe“ das Bewusstsein so angenehm penetrieren, liegt neben so einigen Qualitäten primär an der geschulten Stimme der philosophischen Urheberin. So zelebriert die ebenso seriöse wie tiefgreifend agierende Künstlerin wieder ihre ureigene, betont atmosphärische Symbiose.
Eine zeitlose Rezeptur, in der auch berührende Klassikelemente mit samtener Eleganz und Schönheit pulsieren. Auch dem deutschen Kunstlied wird erneut stilvoll gehuldigt. Nach der Veröffentlichung von „Hälfte des Lebens“ konzentrierten sich Bacio Di Tosca primär auf das Band-eigene Podcast-Videoformat, wie Dörthe informiert.
Letzteres ist als eine spezielle Reihe konzipiert, so lässt die Dame wissen, bei der jede Folge von einem Lied begleitet wird, welches man gratis downloaden kann:
„Uns hat es nicht ausgereicht einfach nur Musik zu machen und wir wollten das ganze Thema breiter anlegen. Die Beschäftigung mit einem Videopodcast lag da nahe. Der Inhalt beschäftigt sich vor allem mit jenen Dichtern die auch eine Vertonung finden. Als Anreiz können sich die Zuschauer immer ein passendes Lied dazu herunterladen. Die ersten 100 Downloads sind dabei immer kostenlos.“
Einige der Lieder auf dem Album sind ursprünglich für Bacio Di Tosca TV produziert worden.
„Da die ersten kostenlosen 100 Downloads oft recht schnell erreicht sind, gab es bislang keine andere Möglichkeit diese zu bekommen. Gleichzeitig kamen auch immer wieder Anfragen von Leuten, die generell lieber ein klassisches Album in den Händen halten wollten. Um diesen beiden Anliegen gerecht zu werden, haben wir im Zuge der Albumproduktion diese Lieder noch einmal überarbeitet und professionell gemastert. Dieser Grundstock wurde dann mit bisher unveröffentlichten Liedern, wie beispielsweise dem Clubtrack und den Chansons erweitert. Jeder, der uns auf Bacio Di Tosca TV mindestens fünf Euro gespendet hat, bekommt das Album übrigens noch vor der offiziellen Veröffentlichung kostenlos nach Hause geliefert! Dies ist unser Geschenk für unsere Anhänger, um uns für deren Unterstützung zu bedanken. Die Entstehungszeit der einzelnen Lieder war dabei sehr unterschiedlich. Einige Tracks sind recht kurzfristig entstanden, andere lagen schon beim letzten Album ,Hälfte des Lebens‘ als Rohfassung vor, sind also mehr als vier Jahre gereift.“
Die ersten drei Bacio Di Tosca-Alben sind in thematischer Hinsicht als Konzeptalben über Tod, Liebe und Leben angelegt, so Dörthe. Doch beim neuen Werk „Was ich liebe“ verhält sich das erstmalig nicht so, wie in Erfahrung zu bringen ist.
„Es enthält ganz unterschiedliche Lieder zu verschieden Themen und Stimmungen. Es ist auch persönlicher als seine Vorgänger, quasi eine Sammlung von Texten die meinen eigenen Seelenzustand widerspiegeln. Ich finde immer wieder Texte, die meine eigenen Empfindungen sehr gut beschreiben, ohne pathetisch zu wirken. Diese dann zu vertonen und dabei genau mit dieser Stimmung auch musikalisch zu unterlegen ist einfach toll, aber auch immer eine Herausforderung.“
Die Zeitspanne, in welcher der Fluss der Eingebungen und Ideen sie durchströmte, hat die Vokalistin düster in Erinnerung.
„Inspirationen kommen ja nicht geplant. Man versuche doch mal eine kreative Phase im Kalender zu planen - das wird nichts! Entsprechend gab es immer wieder kreative Phasen und solche, in denen die Muse ein ausgesprochener Kussmuffel war. So gab es natürlich auch Passagen, in denen ich mich mal für längere Zeit nicht an das Klavier gesetzt habe. Ich habe mich dann sowieso nicht mit etwas Kreativem befasst. Aber das waren Phasen, in denen ich mich mit mir, meinem Innenleben beschäftigt und Dinge neu geordnet habe. Insofern war das kein Stillstand, sondern eher eine nach innen gerichtete Schaffensperiode.“
Wie erlebt eine ausgesprochene Individualistin und bezaubernd singende Poetin wie Dörthe eigentlich die kollektive Facebook-Hysterie?
„Wer jeden Tag von einer Flut an neuen Informationen überschüttet wird, der kann sich doch nicht ernsthaft auf etwas von alldem einlassen. Um Inhalte zu vermitteln, um Leute wirklich zu erreichen und zu berühren sind Facebook und Co. denkbar ungeeignet. Momentan ist es leider eher ein Sammelbecken für Selbstdarsteller, Belanglosigkeiten und niedliche Katzenvideos.“
Doch möchte sie ihre Musik und Bacio Di Tosca generell nicht nutzen, um zu belehren.
„Vielmehr ist mir wichtig zu zeigen, welchen Kulturschatz die Deutsche Vergangenheit - mit Ausnahme der Verirrungen des Dritten Reiches - doch eigentlich zu bieten hat. Vieles in der Populärmusik bemüht sich um Tiefgang und schafft es kaum diesen zu erreichen. Es ist ja an sich schön, dass deutsche Texte im Populären Musikbereich wieder eine größere Rolle spielen. Aber das geht nach meinem Empfinden oft nicht darüber hinaus, bedeutungsschwangere Worthülsen aneinanderzureihen, die genau betrachtet nicht mal einen Zusammenhang bilden. Das ist nicht tiefgründig, sondern schlichtweg substanzlos. Ich möchte dazu eine Alternative bieten.“
© Markus Eck, 13.06.2014
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