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Interview: TREES OF ETERNITY
Titel: Aufwühlendes Vermächtnis

Mit der 2000 gegründeten Melodic Death Doom Metal-Formation Swallow The Sun verschaffte sich Juha Raivio als Gitarrist einen weit über das Genre hinaus reichenden Bekanntheitsgrad.

Als die südafrikanische Aleah Liane Stanbridge für den Song „Lights On The Lake“ des 2009er Albums „New Moon“ im Studio ihren Gastgesang beisteuerte, war Juha von den stimmlichen Fähigkeiten der damals in Schweden lebenden Dame hochgradig fasziniert. Und das so sehr, dass er mit Aleah ein völlig neues Bandprojekt aus der Taufe hob: Trees Of Eternity.

Nachfolgend schrieb Maincomposer Juha die Songs für das aktuelle Debütalbum „Hour Of The Nightingale“, welches nun gleichzeitig den Abschied von Trees Of Eternity markiert. Denn Aleah verstarb tragischerweise im Frühjahr 2016.

Die Stilrichtung ist der von Swallow The Sun erwartungsgemäß nicht unähnlich.

Die geisterhaft schönen, zutiefst melancholischen Vocals von Aleah können anhaltende Ergriffenheit erzeugen.

Juha macht der schmerzliche Verlust noch immer tief betroffen, wie er mit besonnener Stimme bekundet.

„Neben all der Trauer und Traurigkeit fühle ich mich auch sehr stolz auf dieses Album. Für mich bedeuten die Lieder und die Texte zu 100 % Aufrichtigkeit. Echte Musik, von echten Gefühlen erfüllt. Jeder einzelne Song ist für mich sogar wirkliche Perfektion. Ich könnte also nicht stolzer auf diese Musik sein und auch darüber, ‚Hour Of The Nightingale‘ zusammen mit Aleah geschrieben zu haben.“

Dass sich Trees Of Eternity mit dem aktuellen Release von der Szene simultan quasi verabschieden, ist für den Mann letztlich nur logische Konsequenz. „Da für mich diesbezüglich sowieso keine andere Sängerin infrage kommt, bleibt mir gar nichts anderes übrig. Ich habe niemals zuvor eine derartige Stimme wie die von Aleah gehört und werde es auch nicht mehr, da bin ich mir sicher. Sie war die wahre Seele und hatte das wahre Herz für diese Band. Es wurde jedoch circa 30 Minuten weiteres Material komponiert, welches eigentlich für das geplante Nachfolgealbum vorgesehen war. Ich hoffe, diese Überreste in Form einer EP vielleicht in der Art von Demosongs noch veröffentlichen zu können.“

Wie er tiefer blicken lässt, kam es ihm beim Kreieren von Musik schon immer primär auf absolute Ehrlichkeit an, sowohl bei Swallow The Sun als auch bei Trees Of Eternity. „Alles was ich bisher gemacht habe, entsprang aus meinem tiefsten Herzen und so wird es auch immer sein. Mit Aleah habe ich mich in diesem Kontext einfach wunderbar verstanden. Als ich die Arbeit mir ihr begann, konnte sie mich sogleich in ihren Bann ziehen. Sie zog mich mit auf ein anderes, noch höheres Level. Auf eine spezielle Ebene, auf der das Verstehen und das Respektieren der Wichtigkeit jeder Note und jedes Wortes noch expliziter vorhanden war. Sie unterrichtete mich sozusagen darin, zum Kern des Ganzen einen noch beherzteren Bezug zu entwickeln.“

So festigte sich rasch eine ebenso fest wie nahtlos verwobene, künstlerische Einheit.

Und das, oder gerade deswegen, weil, wie Juha bekennt, er und Aleah nicht gerade Persönlichkeiten waren, mit denen es sich musikalisch leicht arbeiten ließ.

„Einsam komponierende Wölfe gewissermaßen. Wir hatten beide für Trees Of Eternity eine so kraftvolle, klare und unabdingbare Vision im Kopf davon. Es war für andere Leute beinahe unmöglich, die Lieder oder Lyriken ‚berühren’ zu können, die wir machten. Für uns zwei allerdings gestaltete sich der kreative Prozess durch einige seltsame Gründe völlig problemlos, und das von der ersten Note an. Unerklärliche Magie eben. Wir vertrauten uns total, ich erlebte das gemeinsame, reibungslose Schaffen tatsächlich als puren Genuss.“


Obwohl die Stücke für das Album somit mühelos entstanden, wurde einiges an tiefgründiger Bearbeitung betrieben. „Wir waren beide vollauf vom Geist der erwähnten Perfektion beseelt. Nichts weniger wollten wir erreichen. Denke ich an die Songs, denke ich an Diamanten.“

Oftmals nahm der Gitarrist einen von Aleah auf ihrer Akustikgitarre erstellten Song und brachte ihn in ein Metalgewand, wie er sich wehmütig erinnert. „Oder ich schrieb eine Nummer, wofür sie Lyrics verfasste und passenden Gesang einstudierte. Es floss einfach zusammen, was zusammen gehörte, wir vermischten unsere Ideen in sämtlichen Belangen ganz intuitiv.“

Etwas ganz Besonderes dabei ist für Juha dabei aber auch, dass beide sich darin einig waren, auf „Hour Of The Nightingale“ keinerlei Growls haben zu wollen. „Dies, weil wir keine andere Band je hörten, die eine solche Mixtur aus doomig-traurigem Metal mit dermaßen gespenstisch anmutigen, partiell geflüsterten Frauengesängen inszenierte. Wir wollten daher wirklich keine weitere Female Fronted Metal-Band sein, bei der jemand growlte. Es wäre einerseits wohl auch zu viel für manche Leute gewesen. Und auf der anderen Seite hatten unsere Stücke auch so schon genug Kraft in sich, um individuell aus der Masse herauszustechen.“

© Markus Eck, 23.10.2016

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