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Interview: THIASOS DIONYSOS
Titel: Sehnsucht nach längst vergangenen Tagen

Ein feines Einmann-Projekt aus der Oberlausitz in Ostsachsen wurde da auf die kreativen Standfüße gebracht.

Initiator und Alleinunterhalter André Groschopp frönt auf seinem Debütalbum „Satyr“ hochmelodiösem Wikingermetall und bringt dies mit belebender irischer und finnischer Folklore ins Kombinat. Zackige Humppa-Takte wurden ebenfalls für Thiasos Dionysos herangezogen, um die Lieder so erfrischend als möglich zu gestalten.

Diejenigen Teile der „Fachpresse“, welche sich lediglich in lästerlichen Vergleichen mit anderen Gruppen dieser stilistischen Prägung ergingen, unterschlugen jedoch größtenteils, dass Groschopp mit immenser Spiel- und Schaffensfreude am Werk ist.

Und damit ist nicht zuletzt auch meine große Freude an dem Langspieler erklärt, welcher doch mit so einigen griffigen Ideen daherkommt.

Wie André berichtet, hat er in der letzten Zeit einiges an Mammon in neue Instrumente investiert.

„Mein Traum war es schon immer ein Studio zu errichten um Musikern beziehungsweise Bands in meiner Umgebung die Chance bieten zu können, sich zu verwirklichen. Außerdem sehe ich darin auch die Gelegenheit, bei kommenden Alben meinerseits den Hörern eine bessere Aufnahmequalität bieten zu können. Das Studio steht bis Dato zwar noch nicht – aber erste Schritte habe ich schon unternommen wie beispielsweise gutes Equipment für bessere Aufnahmen.“

Musiker geben ja oft an, dass sie durch ihre erste Schallplatte oder ein bestimmtes Ereignis zur Musik gekommen sind. Wir erfahren:

„Bei mir war es eigentlich auch nicht anders, wenn ich es mir so überlege. Ganz am Anfang hörte ich Punk, da war ich glaube 13 Jahre, danach kam ich mit 16 oder 17 Jahren zum Metal. Das weiß ich noch wie heute: Es war auf der Heimfahrt von einem Skiausflug, dort hielten wir in einem Musikgeschäft an und dort kaufte ich mir, die Leser werden lachen, Manowar´s "Fighting The World". Ja man kann sagen, durch Manowar bin ich zum Metal gekommen.“

Vor der Gründung von Thiasos Dionysos mischte der sympathische Multiinstrumentalist in verschiedenen Gruppen mit und musste dabei leider immer wieder miterleben, wie sich diese auflösten – sei es aus beruflichen oder persönlichen Gründen.

„So kam es, das ich mich im Jahr 2003 für die Gründung von Thiasos Dionysos entschloss, um meine eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Alles weitere, wissenswerte kann man auf meiner Homepage: www.thiasos-dionysos.net unter dem Menüpunkt Biography nachlesen.“

In erster Linie ist es für meinen Gesprächspartner wie eine Erfüllung, seine eigene Musik in Form von Veröffentlichungen zu verwirklichen. André berichtet dazu: „Wenn ich musiziere, genieße ich den Moment, welcher mich in eine Zeit längst vergangener Tage zurückversetzt. Es ist wie mit einem guten Computerspiel, wo man sich genauso in eine eigene Welt hineinversetzen kann. Außerdem ist es befriedigend zu sehen, wie sich nach und nach ein Lied entwickelt und als Nebeneffekt kommt dann eben ein Album raus. Die Chance einen Tonträger zu veröffentlichen ist natürlich eine tolle Sache – dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem Label Trollzorn bedanken! Die sind wirklich spitze und leisten gute Arbeit.“

Die einheimische Metal-Szene in Deutschland findet der kreative Musikus genial. „Sie beweist, dass guter Metal nicht unbedingt aus dem Ausland kommen muss. Der Szene mit faschistischem Hintergrund hingegen schenke ich keine Beachtung. Ich möchte mich auch hier noch einmal von der Hineininterpretation von faschistischem Gedankengut in meine Musik distanzieren. Nur weil ich aus Ostsachsen komme, heißt das nicht, dass ich faschistische Ambitionen habe. Privat höre ich derzeit nicht sehr viel Pagan Metal, eher mehr Klassisches oder Death Metal. Aber auch Ensiferum, Wintersun, Vinterland oder Amon Amarth, und, ja, und auch Equilibrium gehören zu meinen Favoriten.“

Es ist laut Aussage von André immer schwer, seine eigene Musik irgendwo fest zu verankern. Dennoch versucht er es.

„Dazu zitiere ich jetzt einfach mal was aus meiner Bandbiographie: Die Faszination zur nordischen und griechischen Mythologie und die Naturverbundenheit sollen im Mittelpunkt meiner Musik zum Ausdruck kommen. Die Idee zur Verwendung der sich unterschiedlichen, scheinbar "fremden" Mythologien in der Lyrik von Thiasos Dionysos bekam ich, als ich diese verglich. Dabei wiesen sich Ähnlichkeiten auf und es zeigte sich, dass diese sich eigentlich gar nicht so fremd sind. So lassen sich beispielsweise Assoziationen zwischen den Göttern der verschiedenen Genres finden. Die Melodieläufe in meiner Musik beruhen größtenteils auf irischer und finnischer Folklore, untermalt mit "nordischen" Riffs. Besonders interessant aber finde ich hierbei die finnische und eben keltische Folklore, die in meinem Inneren stets die Zeit unserer Ahnen zurückkehren lässt. Gerade die für das Klangbild ausschlaggebenden Elemente in diesen Musikrichtungen verstärken die Naturverbundenheit und erzählen von Geschichten vergangener Tage. Thiasos Dionysos ist ausschließlich "handgemachte" Musik – um an dieser Stelle endlich das viel zitierte Klischee eines Soloprojektes abzulegen. So finden sich bei mir neben den üblichen metallischen Gitarreneinlagen und dem Keyboard die folkloristischen Instrumente Whistle, also irische Flöte und Geige wieder. Alle Instrumente wurden von mir in liebevoller Feinarbeit eingespielt.“

Eigentlich möchte der Kerl kein spezielles Publikum ansprechen, solange er nicht in die Kategorie „Faschoband“ gestopft wird, wie er darlegt. „Meine Musik kann ruhig zu jedem vordringen der gewillt ist sie zu hören. Mir wurde jetzt mal erzählt, dass sogar eine Familienmutter aus der Umgebung mit neutraler bürgerlicher Einstellung meine Musik beim Bügeln gehört hatte. Ich stelle mir gerade vor, wie diese im Takt des Liedes `Satyr` das Bügeleisen schwingt.“ [lacht]

Der Bandname Thiasos Dionysos bedeutet auf deutsch so viel wie „Das Gefolge des Dionysos“. Der Alleinunterhalter geht ins Detail: „Was natürlich sehr ironisch ist, da es sich ja bei mir um ein Soloprojekt handelt, deswegen fand ich es witzig diesen Namen zu wählen. Dionysos ist der Name des Weingottes aus der griechischen Mythologie, der mit berauschten Mänaden, Satyrn und Nymphen in nächtlichen Orgien durch Berge und Wälder zieht. Mänaden, auch Mainades, das sind die Anhängerinnen des Dionysoskultes, dem Mythos zufolge nach also Frauen, die mit Dionysos von Phrygien nach Thrakien und Griechenland zogen. Als Gefolge des Dionysos sind sie mit Tierhäuten und Efeukranz sowie dem Thyrsos zugange, also dem Stab, aus dem Weinblätter wachsen. Darüber habe ich ja auch ein Lied geschrieben: "The Stick Of Mainades". Satyr ist ein Fruchtbarkeits- und Walddämon oder -Gott beziehungsweise Wald- und Hügelgeist der griechischen Mythologie: Ein Mischwesen aus Mensch und Ziegenbock, oft dargestellt mit Thyrsos-Stab. Als Begleiter des Dionysos treten die Satyrn als Gruppe auf. Berauscht von Wein und Tanz spielen sie fröhlich-nichtsnutzig die Flöte und stellen den Nymphen nach.“

Am Anfang gab es sehr viel Resonanz auf das Debütalbum, welche mit der Zeit aber immer mehr abgebaut hatte. „Die erste CD, die verkauft wurde ging ins Ausland nach Japan. Das fand ich schon krass – ich weiß noch ganz genau, wie damals ein Mensch namens Daisuke von einem Metal-Magazin aus Japan unbedingt die CD kaufen wollte. Toll. Das hing aber auch mit der Band Folkearth zusammen. Da ich damals an den Aufnahmen für deren Album "By The Sword Of My Father" beteiligt war – und der Bandgründer namens Ruslanas mit Wohnsitz in Lithauen war auch nicht ganz unschuldig an der Promotion im Ausland. Wer Folkearth kennt, der weiß, dass dieses Projekt Musiker rund um den Globus vereint – so kam es, dass mein Album mal hier und da aus dem Ausland bezogen wurde. Nach Japan kam dann hin und wieder auch Interesse aus Norwegen, Amerika, Griechenland und sogar aus Afrika, aber das war nicht so gravierend. Danach kam dann durch Trollzorn erst so richtig der Stein in Deutschland ins Rollen. Auf meiner Homepage unter Reviews oder auf www.trollzorn.de kann man sich ein Bild über die Reaktionen von verschiedenen Metal-Magazine machen.“ Ich selbst habe hier in deutschen Landen bisher auffallend wenig von Thiasos Dionysos gelesen, außer eben die eingangs erwähnten, unbedarften Lästereien.

Zunächst war der ostsächsische Urheber sehr zufrieden mit seinem aktuellen Werk.

„Doch mittlerweile ist es für mich ein bisschen ausgelutscht. Als Produzent seiner eigenen Musik ist man immer unzufrieden. Da könnte man dieses oder jenes besser machen. Beim kommenden Album werde ich versuchen, meine aktuellen Fehler zu beseitigen. So viel kann schon mal gesagt sein, die Gitarren werden im Vordergrund sein und die Aufnahmen werden sich hauptsächlich auf die Gitarrenklänge betont belaufen.“

Die Lieder von Thiasos Dionysos entstehen strikt nach Gemütszustand, wie André bekundet.

„Ich komponiere erst den Song und dann kommt die Lyrik. Je nach dem wie der fertige Song auf mich wirkt. Wichtig finde ich die Umgebung bei der Aufnahme und die Geschehnisse in der jeweiligen Woche. Ich verarbeite vieles aus der Woche in meiner Musik. Als jetzt beispielsweise so ein herrliches Frühlingswetter bei uns herrschte und ich im Wald spazieren war, schossen mir tausende Ideen durch den Kopf. Ich lasse es dann einfach spontan laufen, genau wie den Met.“ [lacht]

Das Interesse an den lyrischen Themen seiner Lieder trägt er stets in sich, wie der Alleinunterhalter mir berichtet. „Ich finde es interessant über die Ereignisse in der Mythologie zu lesen. Das läuft mir wie ein Fantasie-Rollenspiel durch den Kopf. Ob ich mich nun tiefgehend genug mit den Themen befasse, kann ich nicht genau sagen. Genauestens kenne ich mich da nicht aus, aber das, was mich interessiert, das behalte ich für mich. Die Musik an sich ist für mich jedoch viel wichtiger. Von mir aus könnte man die Lyrik weglassen und die ganze Zeit bloß rumgrunzen oder kreischen. Aber ohne Text wäre ja alles viel zu eintönig. Der Text untermalt ja schließlich die Musik.“

Ich spreche den Musikanten auch noch auf all die heutigen Schafsherden-Menschen an, welche sich leider auch in den einzelnen Metal-Szenen immer mehr breit machen und das Ganze mit ansteigender Tendenz mit Dämlichkeit erfüllen.

„Da gibt es die einen die die Musik hören um abzumoshen – und die anderen, die sich damit identifizieren und vielleicht sogar die Vergangenheit in der Gegenwart leben. Ich kenne da welche, die sich als Darsteller auf Mittelaltermärkten herumtreiben, um das damalige Leben nachzuvollziehen. Das gefällt mir sehr. Ich finde einen "wirklichen" Zugang zur Spiritualität findet man tief in seinem eigenen Geist verborgen, denn nur der Geist kann letztlich den Zugang zu solcherlei Aspekten verleihen. Aber ich bin ja kein Philosoph, deswegen kann ich dir die Frage nicht erschöpfend beantworten.“

Bislang gab es lediglich einen Live-Auftritt von Thiasos Dionysos auf dem Eisenwahn Festival 2006. André erinnert sich: „Das war schon ziemlich heftig, da meine Session-Musiker abgesprungen waren. Aber in letzter Sekunde sind die netten Jungs von Kromlek eingesprungen und haben sich die Mühe gemacht, ein paar Lieder einzustudieren. Danke nochmals hierfür! Ich will es mal so sagen: Es mangelt hier bei mir einfach an guten Musikern, mit denen ich permanent Live-Gigs durchziehen könnte. Es nützt mir nichts, wenn ich tausende von Kilometer weit fahren muss, um mit engagierten Leuten etwas zu machen. Wenn es nicht an Zeit mangeln würde und es hier eine feste Besetzung geben würde, wäre das mit den Live-Gigs kein Problem.“

Falls es mal wieder zu einem Gig kommen sollte, dann könnte André aber schon eine besondere Show liefern, wie er nachträglich noch präzisiert. „Es gibt da diesen Feuergladiator, der bloß darauf wartet, mir auf beziehungsweise neben der Bühne behilflich zu sein – www.firegladiator.de. Ich persönlich kann nicht mehr als mein Äußeres, meine Gitarre um den Hals und rhythmische, kreiselnde Bewegung meiner Haare bieten. Ach, und dann wäre ja da noch das Spiel auf meiner magischen Whistle und vielleicht könnte ich ja meinen selbst gemachten Met der Masse präsentieren, aus dem Ziegeneuter von Heidrun oder so.“

Ein neues Thiasos Dionysos-Album steht auch noch direkt vor der Tür. „Ich bin derzeit stark dabei, neues Liedgut aufzunehmen. Wie schon zuvor erwähnt, ist der ganze neue Sound gitarrenlastiger und das Keyboard rückt mehr in den Hintergrund. Es gibt mehr Knüppelpassagen. Ach, lasst euch einfach überraschen. Einen unoffiziellen, noch nicht ganz festen Termin habe ich mit meinem Label Trollzorn schon besprochen: Anfang beziehungsweise Ende Herbst dieses Jahres 2007. Es könnte aber passieren, dass es schon eher veröffentlicht wird. Danke für das Interview, Markus, ich hoffe, wir kommen mal wieder ins Gespräch!“

© Markus Eck, 03.05.2007

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