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Interview: NACHTGESCHREI
Titel: Hauptsache, gut!

Alte und neue Anhänger dieser erfreulich beständigen Frankfurter Mittelalter Rocker fiebern derzeit bereits dem neuen und vierten Langwerk der siebenköpfigen Formation entgegen, welches „Aus schwärzester Nacht“ betitelt wurde.

Denn bereits auf der im Jahre 2011 erschienenen Liedersammlung „Ardeo“ zeigten sich Nachtgeschrei musikalisch ebenso findig und stilsicher wie auch genussvoll souverän, was Kenner der Band für den kommenden Auswurf so einiges erhoffen lässt. Nicht zuletzt mit seinem außergewöhnlich eigenständig gehaltenen Stil zählt das herausragend spielfreudige Septett definitiv zu den neueren Glanzlichtern der gesamten Szene.

„Es sind viele unterschiedliche Gefühle, von hier aus die Entstehung der neuen Platte rückblickend zu betrachten: Neben Unmengen von Energie und Zeit, die wir hinein gesteckt haben, war es jedes Mal wieder die Freude über noch so kleine Fortschritte. Das lässt einen bei einer guten Idee auch nachts um drei nochmals den PC einschalten, um sie aufzunehmen. Natürlich gibt es zwischendurch auch immer wieder kleine Rückschläge oder auch Leute und Ereignisse, die einem in die Suppe spucken. Aber wir alle arbeiten am gleichen Ziel, und das haben wir erreicht: Ein neues Album, mit dem wir hoch zufrieden sind und mit welchem wir uns mit mehr Power denn je zurück melden“, gibt Schlagzeuger Stefan preis.

So ist die aktuelle Besetzung stabil und harmonisch im Miteinander, wie von dem Fell-Verdrescher in Erfahrung zu bringen ist. „Ein Muss für uns! Sonst könnten wir das neue Album direkt vergessen. Natürlich gibt es auch Diskussionen und Reibereien bei uns, aber das liegt am kreativen Schaffensprozess - und das dient ihm auch! Wir sind weit davon entfernt, Topflappen zu häkeln und Räucherstäbchen anzuzünden. Aber auch, wenn es mal Gespräche gibt, bei denen wir nicht einer Meinung sind, ist es uns wichtig, trotzdem die Gruppenentscheidung mitzutragen und sich selbst etwas hinten anzustellen. Und das Feierabendbier trinken wir am liebsten zusammen.“

Die anschließend gestellte Frage, was die Jungs als Musiker bis heute ideell am Leben gehalten hat, macht den Mann nachdenklich. „Ich kann nicht für jeden aus der Band individuell sprechen, denke aber, im Allgemeinen ist es für uns alle das Gleiche: Wir haben Spaß am gemeinsamen Musik machen und leben damit unseren Traum. An dieser Stelle wird dann oft nachgefragt, ob die Zeit im Studio oder auf der Bühne mehr unser Ding ist. Für jeden von uns sieben ist es aber letztlich die Mischung, vielleicht mit verschiedenen Schwerpunkten. Keiner von uns lebt von, aber jeder von uns für die Musik. Also ist es generell der gerade angesprochene Idealismus, der im Hintergrund die Strippen zieht.“

Erstaunlicherweise, so der Drummer, wird das von seiner Truppe musikalisch angesprochene Publikum immer breiter.

„Natürlich liegt es auch daran, dass die Szene-Größen mit wachsendem Erfolg den Weg für Bands wie uns erweitern. Dadurch waren auch Dinge möglich, wie beispielsweise unser Gig auf einem Wiesbadener Stadtfest vor gut zwei Jahren. Wir hatten nicht mit einer derart positiven Resonanz gerechnet und waren verblüfft, welch unterschiedliche Leute uns auch noch lange Zeit später auf diesen Gig angesprochen haben.“

Was die jeweilige Höhe der vorab von den Beteiligten gesteckten künstlerischen Ziele für das kommende Album „Aus schwärzester Nacht“ betrifft, so war den Kerlen laut Information des Kesselwartes vor allem wichtig, mit dem aktuellen Material „immer am zufriedensten“ zu sein. Stefan:

„Diese Aussage zeigt, dass wir in dem Moment alles was möglich und auch nötig war in die neuen Songs und das ganze Drumherum gesteckt haben. Insofern ist das künstlerische Ziel klar: Die vorherige Platte überbieten, und dabei ganz klar als ,Nachtgeschrei‘ erkennbar bleiben. Was Vorrang beim Komponieren erhält, ist recht einfach gesagt: Das, was gut ist. Ideen, die auf lange Sicht nicht überzeugen, fallen bei uns eindeutig stets hinten runter. Wichtig ist, dass sich der Hörer nach dem Genuss der Musik mit einem Grinsen im Gesicht den Schweiß von der Stirn abwischen muss.“

Das sollte glücken, denn dieses Mal haben Nachtgeschrei sowieso eine relativ hohe Quote an „Gassenhauern“ im Repertoire. Wir erfahren mehr:

„Neue Einflüsse und Ideen haben sich unter anderen bei zusätzlichen Effekten oder auch, schlicht und ergreifend, den Tempi der Songs niedergeschlagen. Es klingt zwar schwer miteinander vereinbar, aber die neuen Songs sind auf der einen Seite etwas aufgeräumter und geradliniger, auf der anderen Seite aber auch abwechslungsreicher als vorher. Besonders nahe geht mir also, dass wir es dieses Mal geschafft haben - und uns dies nicht nur vorgenommen haben -, hier und da einen Zahn zuzulegen.“

Was die kommenden Liedertexte seiner Band anbelangt, so fällt es dem Schlagzeuger laut eigener Aussage ziemlich schwer, einen bestimmten Part herauszupicken.

„Die generelle Botschaft der neuen Platte ist in vielen Songs - und nicht zuletzt im Titel - zu finden: Aus einer oberflächlich ruhigen Phase, die im Hintergrund tiefe Veränderungen und konsequente Schritte nach vorne erforderte, kommen wir mit neuer Stärke zurück um gemeinsam innerhalb der Band, als auch gemeinsam mit unseren Fans auf die linke Spur zu ziehen und Vollgas zu geben. Im Grunde geht es darum, mit so vielen Leuten wie möglich eine gute Zeit zu verbringen.“

So ist die musikalische Identität als Band um einen weiteren Einfluss bereichert worden, wie Stockschwinger Stefan feststellt.

„Martin kam hinzu und hat das durch Hottis Ausstieg fehlende Siebtel mehr als ersetzt. So etwas bringt immer frischen Wind hinein und stellt Fragen über Dinge, die wir vorher sicher aus Gewohnheit nicht mehr gestellt haben. Man nehme also ,Nachtgeschrei 2012‘, füge etwas frischen Pfeffer hinzu … und schon sind wir auf aktuellem Stand. Mir schmeckt‘s!“

Wie sich die musikalischen Ziele beziehungsweise Interessen mit der Zeit seit dem letzten Nachtgeschrei-Album entwickelt haben, das erachtet der Fellklopfer als eine sehr interessante Frage.

„Vor zwei Jahren zum Beispiel waren die Ziele sicher noch andere. Die Supporttour für Subway To Sally war in der Planung, ,Ardeo‘ wurde gerade veröffentlicht, es war ein erfreulicher und anspornender Weg. Zwar langsam, aber doch stetig führte es nach oben und uns immer ein Stückchen weiter. Uns ist klar, dass die Umbesetzung am Gesang unsere Entwicklung zwangsläufig hemmen musste: Wir brauchten Zeit, um im Hintergrund in neuer Besetzung alles aufeinander abzustimmen und neues Material vorzubereiten. Jetzt stehen Martin, Tilman, Oli, Nik, Joe, Sane und ich bereit, um dort wieder anzuknüpfen und unser gemeinsames musikalisches Ziel weiter zu verwirklichen: Ab auf die Bühne und weiter nach vorne!“

Wie viel hängt für diese Frankfurter Mittelalter Rocker persönlich vom Erfolg oder Misserfolg der neuen Veröffentlichung ab? Stefan gibt dazu zu Protokoll:

„Mit dieser Frage müssen wir uns vor dem Release ganz klar intensiv beschäftigen. Denn, eines ist unausweichlich: Es wird sehr unterschiedliche Reaktionen geben. Wichtig ist, eben nicht alles persönlich zu nehmen und mit den Meinungen klarzukommen. Manche werden es mögen, manche gerade eben nicht. Und an einem Punkt wie diesem in der Entwicklung der Band wird es auch harte Aussagen geben. Leute werden sagen, dass Nachtgeschrei ohne Hotti nicht existieren kann. Andere werden sagen, dass Martins Stimme eine Bereicherung ist. Dann wird es wieder diejenigen geben, die es gut finden. Einfach so, wie es ist und sich entwickelt hat. Wichtig ist also, dass wir die Leute überzeugen können, dass Nachtgeschrei immer noch die gleiche Band ist, sich selbst treu bleibt und live nach wie vor unanständigen Spaß auf der Bühne hat.“

Tatsächlich sind Nachtgeschrei mittlerweile weltweit erfolgreicher, als es sich der Drummer mit einer deutschsprachigen Band je erwartet hatte, wie er schmunzelnd wissen lässt.

„Im Ernst: Natürlich sind wir dank unserer Ausrichtung und Sprache auf eine bestimmte geographische Region begrenzt. Es erreichen uns allerdings immer öfter eMails und Mitteilungen aus aller Herren Länder, in denen Fans von uns leben. Ich freue mich schon auf die eMail von meinem Lieblings-Japaner, der nach der Veröffentlichung von ,Aus schwärzester Nacht‘ wieder das volle CD- und Merchandise-Paket bestellen wird, wie die letzten drei Mal schon.“

So freut sich der redefreudige Nachtgeschrei-Kesselwart gegenwärtig am allermeisten darauf, wie er ablässt, auf der Bühne zeigen zu können, dass die ganze Warterei ein Ende hat … und, dass sie es wert war.

„Verständlicherweise haben viele immer wieder gefragt, wie lange es noch dauert, wann wieder etwas Neues kommt, etc. etc. Mit der Zeit wurde es schwierig, die Leute bei Laune zu halten und zu erklären, dass viel im Hintergrund passiert. Jetzt endlich ist das Ziel greifbar und am 22. März 2013 schlägt die Album-Bombe ein. Darauf freue ich mich wie ein kleines Kind.“

© Markus Eck, 28.02.2013

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