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Interview: MAGICA
Titel: Realitätsflucht als Reinkunstform

Diesen sechs dunkelromantischen Rumänen steht die große weite Gothic Metal-Welt demnächst mit Sicherheit ein ziemliches Stückchen offener: So erscheint das neue und dritte Studioalbum namens „Hereafter“ endlich bei einem etablierten und breitenwirksam werbefähigen Tonträgerverlag.

Höchste Zeit wird es, hält man sich das hohe musikalische Qualitätsniveau des stets arbeitsamen Sextetts vor Augen beziehungsweise Ohren. Anfang 2002 von Gitarrist Bogdan Costea zunächst als Soloprojekt gegründet, fanden sich alsbald brauchbare Mistreiter. Und bis heute hielt dieses ständig erfolgshungrige Schöngeister-Ensemble an seiner ureigenen Ästhetikervision von kraft- und machtvollem Liedmaterial fest, wie sie mit „Hereafter“ aktuell überaus eindrucksvoll beweisen.

Ob dabei „Symphonic Gothic Melodic Power Dark Metal” als stilistische Klassifizierung angemessen ist? Ja, unbedingt, bedenkt man die atemberaubende künstlerische Vielfalt der enorm spielfreudigen Truppe um die optisch und stimmlich gleichfalls attraktive Sängerin Ana Mladinovici.

Wie der umtriebige Saitenmaestro Bogdan mich eingangs wissen lässt, komponierte er auch im aktuellen Fall den überwiegenden Großteil der neuen Magica-Lieder:

„Betreffend unserer ersten beiden Alben `The Scroll Of Stone` und dem 2004er Nachfolger `Lightseeker` hatten wir nicht die allergrößten Erwartungen in Sachen Popularität, denn wir waren ja damals nicht mehr als eine kleine Metal-Band aus Rumänien“, lacht der Gitarrist.

Für das neue Werk „Hereafter“ jedoch hängten sich Magica diesmal ganz besonders fest in die kreativen Seile, so der der Chefdenker des Sextetts rückblickend:

„Da wir als Menschen allesamt ziemlich angepisst sind von der grausamen und sinnentleerten Gegenwart, in welcher wir leben, flüchten wir uns mit der Musik von Magica in fiktive Traumwelten. Unter dieser Prämisse fand auch das Songwriting für `Hereafter` statt – allerdings standen diesmal Dinge, tiefe Emotionen und Eigenschaften im Vordergrund, die wir lieben und an die wir jeder persönlich glauben. Und Letztere lassen sich ja allesamt prima in unserem Fantasie-Konzept einbringen, wie ich während des gesamten Kompositionsprozesses immer wieder aufs Angenehmste bemerkt beziehungsweise an mir verspürt habe.“

So weist die neue Scheibe in einigen Liedern sogar Bezüge zum realen Leben auf, wie in Erfahrung zu bringen ist:

„Die beiden Nummern `This Is Who I Am` und `Through Wine` beispielsweise sind solche Lieder, welche auf lyrische Weise gewisse Parallelen zum täglichen Leben erkennen lassen. Interessant, wenn man sich überlegt, wie gut doch Reales manchmal zu Fiktivem dazu zu passen scheint.“

Für die bewegend souveränen Vokalleistungen Ana Mladinovici hat der redselige Axtschwinger nur Lob übrig:

„Sie ist sehr zielstrebig und weiß genau, was sie als Sängerin beziehungsweise Künstlerin erreichen will. Ihre Stimme hat sich daher erneut enorm verbessert, wie man aktuell sehr gut hören kann. Ana passt auch menschlich perfekt zu uns. Daher werden wir als Gruppe auch weiterhin über alle Maßen gerne mit ihr zusammenarbeiten.“

Entsprechend ihrer für Schwermetallverhältnisse geografisch eher ungünstigen Herkunftslage hatten diese beherzten Gotikmetaller bislang leider auch produktionstechnisch nicht die allerbesten Voraussetzungen zur Verfügung. Bogdan erläutert hierzu:

„Die Tonstudios, in welchen die ersten beiden Alben `The Scroll Of Stone` und `Lightseeker` aufgenommen wurden, waren mehr schlecht als recht mit Equipment ausgestattet. Die typischen Probleme beinahe jeder jungen Band eben, wie ich meine. In unserer Heimat führt Heavy Metal schließlich noch immer ein absolutes Schattendasein – sämtliche Aufnahmestudios sind noch immer nicht mal ansatzweise mit dieser speziellen Art von Musik vertraut. Da wir diesmal auch mit der französischen Musikfirma Underclass Music zusammenarbeiten, konnten wir jedoch dadurch eine bessere Soundqualität als zuvor für unser aktuelles Album hinkriegen. Dennoch bin ich mit dem finalen Gesamtklang von `Hereafter` nicht 100%ig glücklich, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Insbesondere mit dem zu wenig dynamischen Sound des Schlagzeugs bin ich nicht vollständig zufrieden. Das liegt daran, dass die Trommeln eben stets das schwierigste Stück Arbeit beim Tonaufnehmen darstellen. Dies muss also beim nächsten Mal unbedingt besser werden – unsere Musik nährt sich schließlich massiv von betont druckvollen Taktmustern. Doch ich bin da sehr zuversichtlich, schließlich lernt man immer noch dazu.“

Doch das sollte eigentlich nur oberpedantische Erbsenzählermenschen stören, so der auf Qualität fixierte Rumäne nachfolgend wieder relativierend, denn die neuen Lieder gehören zum besten Material von Magica überhaupt bislang.

„Unsere Kompositionen auf dieser Scheibe sind sehr melodisch und auch insgesamt sehr ausdrucksstark geworden. Diese neuen Stücke repräsentieren unsere derzeitigen kreativen Fähigkeiten und spieltechnischen Möglichkeiten in absoluter Vollendung, was uns mit das Wichtigste ist. Denn: Was nützt die perfekteste Studioproduktion am Ende, wenn die Lieder selbst mittelmäßig oder gar langweilig sind? Dann habe ich doch lieber unsere Situation um mich: Zeitlose tolle Lieder, voller lodernder Ambitioniertheit und ein nicht ganz so superbes und nicht ganz so oberbombastisches Klangbild“, meint Meister Bogdan abschließend völlig berechtigt.

Denn untalentierte und profilneurotische Halbherzen tummeln sich ja schließlich schon zur Genüge in diesem für mich mittlerweile beinahe unerträglich verkommerzialisierten Metier.

© Markus Eck, 25.09.2007

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