Interview: | GLITTERTIND |
Titel: | Zeitkritischer Rückblick |
Dann und wann schicken sich Musiker trotz scheinbar unverrückbarer Genregrenzen im Metal an, etwas grundlegend Neues zu kreieren.
So auch der junge Norweger Torbjørn Sandvik, der mit seinem aus der Reihe tanzenden Debütalbum „Evige Asatro” am Start ist. Dieser gründete im Herbst 2001 die Einmann-Combo Glittertind, um fortan seinen vielfältig heimatverbundenen als auch breiten stilistischen Interessen musikalischen Tribut zu zollen. Die Pracht nordischer Natur, überlieferte Geschichten und Traditionen sowie die Historie seines Mutterlandes an sich faszinierten den Multiinstrumentalisten seit jeher, gleichfalls unterschiedlichste Bands vielerlei Couleur.
Begeisterung für seinen so entstandenen individuellen Mix aus epischem Viking Metal, bewegungsfreudigem Punk und allerlei skandinavischer Folklore wollte sich anfangs aber nicht so recht breit machen. Daher zog Torbjørn sein Ding bis heute im Alleingang durch. Glittertind, so heißt der zweithöchste Berg Norwegens, welcher sich in der dortigen Jotunheimen-Region befindet.
Vom ziemlich ungewöhnlichen Bandnamen, der den meisten Hörern außerhalb Skandinaviens wohl ziemlich befremdlich bis erheiternd vorkommen mag, sollte man sich also jedenfalls nicht davon abhalten lassen, einigen der originellsten Songs seit langem seine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
„Ich lebe hier im südlichen Teil Norwegens in einer Stadt namens Lillesand. Mit 13 Jahren begann ich damit, Gitarre zu spielen. So stieg ich alsbald auch bei einigen Bands ein. Irgendwann, so im Alter zwischen 16 und 17 kam dann für mich der Punkt, an dem ich sämtliche stilistische Konventionen in diesen Bands hinter mir lassen wollte und mich anschließend nur noch meinen persönlichen musikalischen Neigungen widmen wollte”, lässt der vielseitige Alleinunterhalter eingangs verlauten.
Irgendwelche Vorbilder nachzuspielen oder nur eine billige Kopie einer bereits berühmten Band zu sein, das war also nichts für ihn.
„Ich wollte eben mein absolut eigenes Ding haben und endlich einmal Musik machen, die mir persönlich auch gefällt. So startete ich dann Glittertind. Den Namen holte ich mir von einem der höchsten Berge, der in der mächtigen und mystischen Bergregion Jotunheimen seinen Platz hat.”
Ein glücklicher Zufall führte den begabten Torbjørn dann im Weiteren zu umtriebigen instrumentellen Auswüchsen.
„Ich kaufte mir ja schon früher ein wenig Equipment zusammen, aber als ich eines Tages in der Lotterie gewann, konnte ich so richtig zuschlagen und mich bestens ausrüsten. Mit den neuen Instrumenten nahm ich dann mein erstes Demo „Mellom Bakkar Og Berg” auf. Es gefiel vielen Leuten, brachte mich aber nicht entscheidend weiter. Im Anschluss darauf veröffentlichte ich mein zweites Demo „Evige Asatro”, welches ich im Gegensatz zum Vorgänger auch an diverse Labels versendete, geantwortet hat mir jedoch keines.”
Aufgeben? Nicht Torbjørn. Somit: „Da ich so einige gute Kritiken darauf erhielt, nahm ich im Januar 2004 schließlich mein drittes Demo auf – Finntroll-Keyboarder Trollhorn half mir an den Tasten aus. Nach dem Aussenden meldeten sich tatsächlich diverse Plattenfirmen, die aber zumeist noch mehr Material von mir haben wollten, bevor Entscheidungen gefällt werden konnten. Nach gründlicher Überlegung entschied ich mich dann und jetzt erscheint mein Debütalbum endlich.”
„Evige Asatro” enthält laut weiterer Info des Urhebers zwei Stücke des ersten Demos, zehn des zweiten und ein neu aufgenommenes Trinklied, welches ursprünglich aus dem Jahr 1771 stammt. Er fügt an:
„Den letzten Schliff erhielt mein Album durch das überragende Cover-Artwork von Skrymer, der bei den Finnen von Finntroll als Gitarrist fungiert. Ein fantastisches Bild, welches meine Musik und Konzeption hervorragend präsentiert. Ich kontaktierte Skrymer, weil ich weiß, dass er Experte darin ist, wenn es darum geht, nordische Stimmungen auch optisch darzustellen. Er war der einzig richtige für diesen Job. So sandte ich ihm mein Material und übermittelte ihm meine Vorstellungen für das Frontcover. Wer das Cover aufmerksam und in aller Ruhe betrachtet, findet eine ganze Menge typisch nordischer Elemente darauf vor: Natur, Odin samt seinen beiden Raben, ein Drachenboot und einen Wikinger, einen von Sterne umringten Vollmond sowie stürmische See. Skrymer ist echt ein Genie, ich bin ihm wirklich sehr dankbar dafür”, freut sich Torbjørn.
Danach kommt der Kerl, Zeit wird es, auch auf die Erklärung des Albumtitels zu sprechen.
„„Evige Asatro” bedeutet `Ewiger Glaube an die Æsirs`. Als Æsirs bezeichnete man in der nordischen Mythologie Thor, Odin und all die anderen Gottheiten von Åsgard. Der Albumtitel ist dem Teil eines Stücks um den norwegischen König Olav Tryggvason entlehnt, welcher um das Jahr 1000 herum starb, geschrieben von Bjørnstjerne Bjørnson. Der norwegische Komponist Edvard Grieg komponierte die Musik zu dem Stück.”
Im weiteren Gesprächsverlauf tut sich auf, dass die lyrischen Inhalte des aktuellen Albums sich mit der damaligen Christianisierung seiner Heimat befassen. Und Torbjørn erläutert hierzu:
„Ein sehr blutiges und auch trauriges Kapitel norwegischer Historie. Schuld daran hatten so einige machthungrige und gierige Herrscher, denen es in der Heimat wohl nicht schnell genug gehen konnte mit der Ausweitung ihrer Macht. Und welche daher leider keine andere Möglichkeit sahen, als nach England überzusetzen, sich mit den Britannen beziehungsweise deren Kirchen zu verbünden und nachfolgend Norwegen Stück für Stück zu christianisieren. Die Engländer gaben diesen norwegischen Verrätern Soldaten und Priester mit auf den Weg, sodass der Glaube mit Gewalt verbreitet werden konnte. Wer sich nicht taufen ließ, wurde grausam umgebracht. Nordische Kultstätten wurden niedergebrannt und durch christliche Kirchengebäude ersetzt. Das Unheil nahm seinen Lauf für das norwegische Volk. Heutzutage geschehen noch immer ähnliche Umstrukturierungen, doch diese wiederholen sich auf modernerem Wege: So verkaufen geldgierige norwegische Kapitalisten immer wieder erschreckend große Bodenflächen und vor allem unwiederbringbare Naturressourcen unseres Landes an fremdländische Investoren, die sich mit ihren luftverschmutzenden Fabriken und korrupten Konzernen breitmachen. Eines ist somit sicher: Der Mensch und seine Gier an sich haben sich seit damals überhaupt nicht verändert, lediglich seine Methoden.”
© Markus Eck, 07.10.2004
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