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Interview: ELUVEITIE
Titel: Stets voll dabei

Kontinuierlich vielbeschäftigt, erlaubten diesen enorm umtriebigen Schweizern auch die letzten Monate kaum eine Verschnaufpause. So viel Fleiß zahlt sich aus: Der ebenso kernige wie verspielte Folk Metal der Formation um Sänger Chrigel Glanzmann schraubt seine eigene Beliebtheitsspirale Jahr für Jahr immer noch höher hinauf.

2012 veröffentlichten die rhythmusfreudigen eidgenössischen Keltenverehrer zwischen aufreibendem Tour-Geschehen gleich zwei knackige Scheiben: Das neue Studioalbum „Helvetios“ sowie die überarbeitete Retrospektive „The Early Years“. 



„Ich durfte kürzlich sogar an der Zürcher Universität über gallischen Krieg referieren“, freut sich Frontmann und Historienforscher Chrigel, bei Eluveitie auch als Songwriter und Texter am emsigen Werk. Mehr dazu:

„Das war am 22. November, und diese für mich hochinteressante Podiumsdiskussion fand dort unter der Leitung von Privatdozent Dr. Eckhard Deschler-Erb statt, der mich dazu eingeladen hat. Sehr schön war es, dabei auch unser aktuelles Album ,Helvetios‘ thematisieren zu können, welches einfach ganz hervorragend zu diesem spannenden Kontext passt. Insgesamt fühle ich schon ein wenig geehrt, bei einem solchen Event überhaupt mitwirken zu können.“

Wie die Jahre zuvor schon, waren die verdammt hart schuftenden Folk Metaller auch 2012 wieder fast ununterbrochen auf Tour. Chrigel resümiert:

„Da sind anhaltend sehr viele Höhepunkte vorhanden. Leicht ist es dennoch nicht immer, vor allem gesundheitlich. Einige von uns mussten daher sogar auch wieder ärztlich behandelt werden, wie beispielsweise unsere Drehleier-Spielerin und Sängerin Anna Murphy, die gar ins Krankenhaus kam.“



Aus der Vielzahl an absolvierten Bühnenauftritten einige für ihn sehr spezielle Gigs herauszupicken, das fällt dem Mann erneut sehr schwer. Er schwankt merklich in Gedanken, blickt Löcher in die Luft, bläst die Backen auf … doch dann offenbart der Eidgenosse:

„Auch dieses Jahr ging ja wieder mal irgendwie viel zu schnell vorbei. Wenn man ständig unterwegs ist, fliegt vieles leider regelrecht an einem vorbei. Im Sommer hatten wir eine dreimonatige Tourneepause, die wir für Festivalauftritte nutzten. Sehr gut schnitten dabei das Schweizer Greenfield Festival und das deutsche Summerbreeze Festival ab, die uns wirklich stürmisch und frenetisch empfingen und abfeierten. Greenfield gestaltete sich sozusagen als ,Heimspiel‘ für Eluveitie, wir traten dort bereits am Nachmittag auf und konnten daher eine unüblich lange Spielzeit auskosten. Die überwältigende Stimmung bei großen Festivals wie diesen beiden ist für mich rationell ohnehin nicht zu erklären. Man muss dabei gewesen sein, man muss es selbst erlebt haben, um solcherlei prickelnde Massen-Magie, bestehend aus Wechselspiel zwischen Band und Publikum, entsprechend zu verstehen. Wir hatten bei diesen beiden Auftritten echt unglaublichen Spaß. Wir geben live ja immer alles, aber hin und wieder knallt es dabei noch mehr als sonst. Zwei riesig coole Abende mit phänomenaler zwischenmenschlicher Chemie, die wir alle in der Band niemals wieder vergessen werden beziehungsweise möchten.“


Wie er weiter zu berichten weiß, stellten die Veröffentlichungen des Langspielers „Helvetios“ sowie der Re-release des Demos und Debütalbums „Spirit“ in Form von „The Early Years“ zwei der ganz großen Höhepunkte in 2012 für ihn dar.

„Insbesondere der Schaffensprozess zu ,Helvetios‘ geriet teils atemberaubend für mich: Ich durfte noch niemals zuvor bei Eluveitie einem so hochgradig spannenden Songwriting und einer derart inhalts- und abwechslungsreichen Produktion beiwohnen. Ich bin noch immer immens fasziniert davon. ,The Early Years‘ hingegen war von mir und der Band ja schon seit so einigen Jahren geplant, doch immer wieder kam irgendwas dazwischen - eben vor allem unsere Live-Verpflichtungen. Dass diese feine Veröffentlichung jetzt doch noch realisiert werden konnte, erfüllt mich mit sehr großem Glück. Es war einfach wunderschön, dafür so einige unserer alten Lieder neu aufzunehmen, wie ein Wiedersehen mit lieben alten Bekannten, die man unbewusst sehr vermisst hat.“


Um als Celtic Folk Metal-Band ein zehnjähriges Jubiläum feiern zu können, müssen die Herzen der Beteiligten zweifellos ohnehin dauerhaft für eine gemeinsame große Vision erglühen. Und dass bei den Schweizer Erfolgsmodellen Eluveitie die große Leidenschaft für diese Musikart von Anfang an regelrecht loderte, dass wissen Fans, Musikmedien und Labels gleichermaßen.

Mit dem letzten Album „Helvetios“ konnten die eidgenössischen Genre-Vorreiter um Sänger Chrigel Glanzmann gar das bislang beste und homogenste Werk in der eigenen Historie vermerken.

Um zusammen mit all den treuen Hörern besagtes Jubiläum auch würdig angehen zu können, veröffentlichte diese abartig spielfreudige Horde 2012 Neuaufnahmen und gemasterte Versionen von mittlerweile schwer zu erhaltenden Veröffentlichungen.

Dementsprechend wurde der Release „The Early Years“ getauft.

So bietet dieser spezielle Eluveitie-Dreher die Lieder der mittlerweile sehr raren 2004er EP „Vên“ sowie diejenigen Songs des ebenso heftig gesuchten Debütalbums „Spirit“ aus dem Jahr 2006. Authentische Retrospektive:

„Endlich hatten wir nun auch mal die Zeit gefunden, dieses Vorhaben auch entsprechend umfassend umzusetzen. Darüber nachgedacht, dies zu tun, haben wir ja bereits schon sehr viel länger. Nicht zuletzt auch deswegen, weil uns diese Nummern allesamt immer noch sehr gut gefallen und wir einige davon auch überaus gerne immer wieder live spielen. Mit der Zeit des vielen Spielens haben sich diese Lieder zusammen mit uns sozusagen mehr und mehr nach vorne entwickelt“, freut sich Urviech Chrigel merklich darüber, solcherlei berichten zu können.

Der vielfach tätowierte Heidenmann lässt noch tiefer blicken: „Die sechs Stücke der EP ,Vên‘ spielten wir im Schweizer Tonstudio von unserem Freund und Produzenten Tommy Vetterli komplett neu ein, was uns riesig viel Freude bereitete. Wir arrangierten diese Songs aber nicht komplett neu oder so, sondern wir wollten ganz einfach gesagt das aktuelle Können und den speziellen ,Spirit‘ von Eluveitie 2012 in diese Kompositionen hineinbringen. Soll heißen, wir nahmen diese Lieder genau so auf wie wir sie auch live auf der Bühne darbieten. Alles in allem ist dies eine ebenso reizvolle wie interessante Erfahrung für uns alle gewesen, die uns zudem noch großen Spaß machte.“

Zum zehnjährigen Jubiläum des Trupps schwebte den Beteiligten aber noch etwas ganz Besonders vor, wie in Erfahrung zu bringen ist. Daher ist laut Aussage des Frontmanns sogar ein zusätzlicher Song von den damaligen „Vên“-Sessions auf einer ganz speziellen Version von „The Early Years“ enthalten. Und letztere gibt es als selbst finanzierte Eigenpressung nur bei der Band selbst beziehungsweise bei deren Konzerten käuflich zu erwerben. Mehr:

„Es handelt sich dabei um den Song ,Divico‘. Den bekam ich aus diversen Gründen zu der Zeit leider nur zur Hälfte fertig. Ich kam damit einfach nicht recht vorwärts. Irgendwann legte ich die Arbeit daran dann schließlich ganz auf Eis. [grinst] Ich weiß letztlich nicht mal mehr so genau, warum eigentlich“, lacht Chrigel nicht ohne Selbstironie, „doch los gelassen hat mich das Lied ehrlich gesagt auch nie so ganz. So werkelte ich in den letzten zehn Jahren in unregelmäßigen Abständen an ,Divico‘ herum, ohne bis dato so richtig zufrieden damit zu sein. Bis dann auf einmal die Zeit reif dafür zu sein schien! Ich machte mich unverzüglich verstärkt daran, dem Lied mehr Leben einzuhauchen. Und faszinierender Weise konnte ich den Track auf völlig natürliche und unverkrampfte Art innerhalb von gerade mal zwei Wochen finalisieren! Es ging sprichwörtlich gesagt wie von selbst.“

Das Debütalbum „Spirit“ hingegen wurde wie erwähnt extra für „The Early Years“ komplett neu gemastert. Bühnenderwisch Glanzmann resümiert vollauf enthusiastisch:

„Den Job fürs Mastering hat Dan Suter aus den Züricher Echochamber Studios übernommen. Die alten Aufnahmen waren eigentlich ja ganz in Ordnung. Aber das damalige Mastering hat bedauerlicher Weise doch einiges an den Songs von ,Spirit‘ kaputtgemacht, wie wir finden. Ich habe mir im Zuge dessen das neue Mastering von Dan dann erstmals anhören können und ich war ganz überrascht, um wie viel besser das Ganze tatsächlich klingt. Vieles von dem, was wir damals für diese Scheibe eingespielt haben, kommt dabei neuerdings wirklich sehr viel besser durch.“


Und dass Gitarrist Simeon „Sime“ Koch 2012 aus diversen persönlichen Gründen aus der Truppe ausgestiegen ist, war für die Beteiligten auch ein nicht wenig markantes Erlebnis. Chrigel hierzu:

„Das geschah in absoluter Harmonie, daher wussten wir es schon rechtzeitig und konnten relativ entspannt passenden Ersatz suchen. Unsere Anna hat ihn ganz zufällig in dem Tonstudio, in dem sie arbeitet, bei einem seiner Jobs als Studiogitarrist kennengelernt: Rafael Salzmann. Glücklicherweise hat er sich bestens bei uns eingelebt, und auch auf Tour passt es mit ihm rundum perfekt. Rafael ist für Eluveitie daher so etwas wie ein Sechser im Lotto!“

© Markus Eck, 05.01.2013

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