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Interview: EISENHERZ
Titel: Direkt aus der Seele

„Ein Leckerbissen für alle Träumer in schweren Zeiten“, so lautet das programmatisch-musikalische Motto dieser beileibe nicht ideenlosen deutschen Gothic Metal-Formation.

Das neue und selbst betitelte Debütalbum bietet ausschließlich deutschsprachiges Grimm-Material mit orchestralen Arrangements und zeitweise beherzt auftauchenden Weibsgesängen. Und die stilistische Anmut des enorm vielfältig agierenden Septetts könnte ungewöhnlicher kaum sein.

Ausgefeilt exerzierte Klassik-Arrangements verschmelzen die sieben emotional ausblutenden Eisenherzen mit knallharten Metal-Sounds mitunter moderner Natur. Selbst mittelalterliches Ambiente ist stellenweise herauszuhören.

Das fränkische Herz- und Schmerz-Ensemble scheut sich dabei überhaupt nicht, seinem martialischen Mix auch noch die eine oder andere epische Nuance beizusteuern.

Gesangsmann Heinz Zürl steuert auch im Interviewgespräch durchgehend den direkten, den unverblümten Aussagekurs.

Und der Vokalist bekennt gleich zu Anfang der Diskussion:

„Anfänglich sind wir beziehungsweise unsere Musik nicht selten mit dem Sound von Crematory verglichen worden, was sicherlich nicht zu Unrecht geschah. Dennoch würde ich nicht sagen, dass die Musik der Pfälzer Erfolgsmetaller unser größter Einfluss ist, denn bei uns läuft die Sache natürlich um einiges vielfältiger ab. Ich persönlich beispielsweise fahre voll auf Bands wie The 69 Eyes und Type O Negative ab, während mein Co-Composer in der Band sich sehr für Melodic Death Metal begeistern kann.“

Was hingegen die nicht zu unterschlagende industriell-moderne Note so manches Stückes von Eisenherz betrifft, so soll dadurch die Eigenständigkeit der Band noch zusätzlich unterstrichen werden, offenbart Heinz.

„Leider zog und zieht dies viele Vergleiche mit dem Schaffen von Rammstein nach sich, was uns nicht so sehr freut. Denn wir kopieren auf diesem Sektor nicht, sondern setzen deutlich ganz eigene Akzente. Klar, auch wir setzen zeitweise auf ganz schwere, kantig stampfende Parts; wahrscheinlich kann man da solcherlei Vergleiche von der Presseseite her heutzutage auch gar nicht mehr vermeiden.“

Recht freiherzig gibt der Frontmann dann zu Protokoll, dass er selbst seine allertiefsten Emotionen mit der Band komplett nach außen transformieren will.

„Eisenherz dient mir dazu als bestmögliches Vehikel. Spezifische Erlebnisse beziehungsweise Empfindungen, die mich belasten oder sonst irgendwie beeinflussen, schreibe ich mir dafür in befreiender Manier von der Seele. Was dabei zu Papier kommt, kann im Voraus nicht erahnt werden. Es kann Erotisches sein, gefühlvoll Gutes oder eben auch psychisch Schlechtes.“

Auf letzteres eingehender Bezug nehmend, erzählt der Sänger im Weiteren mit merklich betrübtem Tonfall:

„Die heutige Zeit deprimiert mich immer öfter, und ich denke, da bin ich mit meinen Gefühlen dazu alles andere als alleine. Es schmerzt mich zunehmend, ständig miterleben zu müssen, wie Menschen keinerlei Rücksicht mehr aufeinander nehmen. Im Gegenteil: Sie isolieren sich mehr und mehr und scheinen in diesem Zuge auch immer noch egoistischer zu werden. Jeder lebt für sich und vor sich hin, so scheint es. Oft kämpft gar jeder gegen jeden verbissen.

Arbeitgeber haben das international genau erkannt und versuchen mit diversen verängstigenden Methoden, so Heinz, immer noch mehr aus den Menschen an Arbeitskraft herauszupressen.

„Das `einfache` Volk wird dabei immer ärmer, die Industriebosse und Aktiengesellschaften bereichern sich auf diese Weise ins Unermessliche. Ich frage mich ernsthaft, wie das weitergehen soll. Manchmal denke ich mir, dass wir gar blind auf ein gesellschaftliches Gefüge zusteuern, wie es im Mittelalter der Fall war.“

Die solchermaßen erzwungene Rückkehr zur rücksichtslosen Feudalherrschaft, welche die Menschen global als reine 'Human Resources' zu verwalten trachtet, eine abartig grausige Vorstellung.

Völlig einig sind wir uns anschließend darin, dass sich – trotz dieser weitläufig einhergegangenen Erkenntnis – nichts zum Positiven ändern wird.

Denn, hilflos gefangen in der scheinbar so angenehmen Konsum- und Faulheitsfalle, haben die weltweit überwiegend geistig erblindeten Lethargie-Opfer mittlerweile jeden individuellen Kämpferwillen um das Glück auf Erden eingebüßt. Heinz hierzu in aller Ehrlichkeit:

„Mir kommt es leider gerade bei der deutschen Bevölkerung so vor, als ob sie noch immer viel zu sehr unter einst gemachten Fehlern leidet beziehungsweise von offiziellen Seiten aus auf Dauerbefehl zu leiden hat. Keiner hat sich bis jetzt im Kollektiv aufzustehen und dagegen zu kämpfen getraut. Eigentlich ist es doch kaum zu glauben: Nicht wenige Top-Manager von großen Konzerngiganten, die auch oftmals listig in der deutschen Politik mitmischen, glänzen jährlich wiederkehrend mit Rekord-Verdienstzahlen – während ebenjene Industriekonzerne oder auch Großbanken auf der anderen Seite zigtausende Arbeitsplätze streichen. Beziehungsweise nach eigenen Angaben `streichen müssen`.“

Nahtlos spricht der Eisenherz-Mann zu diesem ebenso verbrecherischen wie beschämenden Themenbereich weiter:

„Ausländische Finanzinvestoren, in der Boulevardpresse sehr gerne auch `Heuschrecken` genannt, bemächtigen sich in stetig ansteigender Art unserer wertvollen Traditionsfirmen und lassen sie nachfolgend monetär bis zum wirtschaftlichen Exitus ausbluten. Die Herren und Frauen Politiker schauen bei diesem Treiben tatenlos zu, ja, fördern das Ganze mitunter sogar noch. Ich fühle eine geradezu ohnmächtige Wut, wenn ich an so was denke und genau solche von Groll erfüllten Gefühle lasse ich bei Eisenherz aus mir heraus.“

Und der Song „Träum schön kleines Kind“ schlägt auf dem neuen Debütalbum eben ganz genau in diese thematische Kerbe, so erläutert Heinz im Abschluss des Dialogs noch.

„Mann kann mittels der darin enthaltenen Lyrik mühelos in Gedanken die Vergangenheit in die Neuzeit transportieren. Es scheint eben so, als hätten die Menschen in all den Jahrhunderten ihrer Existenz auf dem sozialen Sektor überhaupt nichts dazugelernt.“

Tja, wie sollte die ewig manipulierte Menschheit aber denn auch darin klüger werden, wenn man sie auf sozialem Sektor nach wie vor eben bewusst nichts dazulernen lässt? Die Antwort darauf hat sich ein jeder selbst in aller Ehrlichkeit zu geben.

© Markus Eck, 29.10.2006

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