Interview: | BULLDOZER |
Titel: | Leitmotiv Eigensinn |
Einst primär in unbedarften Wochenendmetallerkreisen als ‚Alptraum’ insbesondere der deutschen Metal-Presse bekannt geworden, können nur die allerwenigsten Bands wohl überhaupt auf einen dermaßen harten und steinigen Werdegang zurückblieben, wie er Bulldozer im Laufe der Jahre beschieden sein sollte.
So gingen diese Italiener mit ihrer hochgradig aufsässigen Black Speed Metal-Stilistik zu einer Zeit an den Start, als der überwiegende Großteil heutiger pseudowilder Hartmusikanhänger noch nicht mal geplant war.
Einst gegründet zu Anfang der 80er, machten sich die Mailänder Vollblutrebellen mit der ihnen nicht abzusprechenden Vorreiterrolle alsbald daran, ihren erzrohen, pechschwarzen und pfeilschnellen Thrash Metal mit der nötigen Portion Nonkonformität zu versehen.
Wenn also mal wieder wie so oft im Zuge der Würdigung vom Mute viel zitierter Genrepioniere wie beispielsweise Venom oder Bathory die huldigende Rede ist, dann sollten auch Bulldozer genannt werden.
Behandelten die Beteiligten in früheren Lyriken höchst ergötzliche Themenkontexte wie Satan, Hochprozentiges und Sex, so drehen sich die Songtexte auf dem brandneuen Studioalbum „Unexpected Fate“ nun um moderne Missstände auf unserem so arg geschundenen Globus.
„Genau genommen haben wir uns eigentlich niemals darum gekümmert, besonders populär zu werden. Und noch weniger scherten wir uns drum, besonders professionell sein zu müssen. Die Lieder von Bulldozer standen eben schon immer dafür, primär genau das zu spielen was uns selbst gefällt und nicht das, was den Geschmack der Fans im jeweiligen Moment am besten trifft. Das ist halt unser Weg, wir wollten das schon seit jeher auch so haben. In Deutschland wurden wir aufgrund unserer bewusst provozierenden Lyriken beziehungsweise unseres tiefschwarzen Humors schon immer boykottiert, doch der Rest der Welt nahm uns eigentlich gut auf, auch wenn wir es niemals zu solch’ großem Bekanntheitsgrad wie manche andere Thrash-Band gebracht haben, die damals zeitgleich mit uns an den Start gingen“, erläutert Tieftöner und Vokalist Alberto Contini alias AC Wild die Beweggründe hinter dem praktisch unzerstörbaren Thrash-Kommando.
Wie dahingehend auch zu erwarten, hat der Frontmann nicht sehr viel übrig für die Musikwelt der Neuzeit: „Heutzutage kommen auf jeden einzelnen Metal-Hörer gleich drei Bands. Ich denke, dass 90 % der Hörer auch selbst Musik machen und dass jeder von ihnen wiederum in bis zu fünf verschiedenen Bands spielt. So sehe ich die aktuelle Szene, sieht man sich das Ganze zumindest auf Myspace an. Alles ist total überlaufen. Ich möchte hier niemandem etwas vorschreiben: Jeder hat das Recht ein Instrument zu spielen oder sich vor ein Gesangsmikrofon zu stellen, um sich vor der Öffentlichkeit zu produzieren. Mitte der 80er jedenfalls waren wir Thrash-Acts nur ein kleiner Haufen an Enthusiasten und Musikliebhabern, welche sich nur auf ihre eigenen Bands konzentrierten, mit klar definiertem Geschmack und Zielen.“
Wie er nachfolgend zu berichten weiß, gefällt diesem ausgesprochenen Individualisten und Querkopf von allen „alten“ Thrashern bis heute nur noch Slayer.
„Ich, meine Frau und mein Söhne mögen sie von allen anderen am liebsten. Wir sind der Ansicht, dass `Reign In Blood` bis heute die beste Thrash Metal-Scheibe aller Zeiten ist. Zudem bin ich gut mit ihrem Schlagzeuger Dave Lombardo befreundet.“
An seiner persönlichen Entscheidung zur überraschenden Reanimation der kultigen Haudrauf-Truppe hatten unter anderem nicht wenige alte eiserne Bulldozer-Fans massiven Anteil. AC Wild resümiert:
„Sie gaben einfach keine Ruhe, immer wieder erreichten mich entsprechende Mails – sogar aus Deutschland schrieben mir so einige Bulldozer-Anhänger, ich solle doch endlich wieder neue Songs veröffentlichen. Doch auch die missliche Lage der heutigen Weltsituation gab mir einen Anstoß dazu, all die vielen Defizite der modernen Gesellschaften anklagend zu besingen. Das neue Album `Unexpected Fate` enthält daher genau darauf Bezug nehmende Songtexte.“ Verständlicher Kompensationsmechanismus.
© Markus Eck, 05.06.2009
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