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Interview: BELPHEGOR
Titel: Mörderische Spielmagie

Für ihr aktuelles achtes Studioalbum haben sich diese österreichischen Black Death Metal-Biester thematisch den Hexenkult und Okkultwahn des finsteren Mittelalters vorgeknöpft.

Und „Walpurgis Rites – Hexenwahn“ klingt tatsächlich wie bitterböse instrumentelle Hexerei.

Der unheilige oberprovokante Stoßtrupp um Sänger und Gitarrist Helmuth nutzte seine spielerischen Großfähigkeiten hierfür mehr als aus, geschaffen wurde ein abartig abgründiges Inferno an letalen Killersongs der extremsten Ausformung.

Wahrlich inhuman anmutende Takttechniken unvorstellbaren brachialrhythmischen Ausmaßes sind für Belphegor mittlerweile Alltag, wie es bei der neuen und achten Albumscheibe den unweigerlichen Anschein hat.

Helmuth hält den groben Haufen seit vielen Jahren schon eisern zusammen.

Und eine Aufgabe der Band war für ihn bis heute niemals drin.

Für die restliche Szene des Metiers hat der bekennend sexistische Freigeist mittlerweile gar nicht mehr sehr viel übrig, wie zu erfahren ist:

„Jeder Idiot der eine Gitarre halten kann bekommt heutzutage einen Record-Deal; was dabei rauskommt sind zuviel halbherzige Alben, von diesen Tonnen an Nebenprojekten ganz zu schweigen. Aber ich kümmere mich ohnehin sehr wenig um neue Bands, habe dazu gar keine Zeit beziehungsweise viel zu wenig Interesse. Ich bevorzuge eindeutig die alten Helden. Im Black- und Death Metal-Bereich kommt meiner Meinung nach wenig Intensives mehr raus, diese ganzen `New wave of whatever crap`-Plagiate geben mir gar nichts. Wer braucht einen `New wave of Death Metal`? [lacht dreckig] So ein Scheiß! Wer denkt sich so was aus? Aber abgesehen von der erwähnten Band-Schwemme ist es eine gute Zeit für Metal, viele Leute sind wieder an Gitarrenmusik interessiert, was will man mehr?“

In diesem Sinne:

„Wir wollten die hohe Spielkultur halten und uns gleichzeitig weiter so krass wie nur irgend möglich vom Mainstream fernhalten”, konstatiert der Bandboss mit aller Entschlossenheit. Mehr noch: „Es ist wie immer `Belphegor to the bone`. Wir waren nie eine Trend- oder Medienzirkus-Band, haben immer unsere eigenen Entscheidungen getroffen, sind gegen den Strom geschwommen und sind unseren eigenen Weg gegangen. Musick - Sathan - Magick - Art. Und die neun neuen Songgranaten auf `Walpurgis Rites – Hexenwahn` reflektieren dieses Vorhaben auch bestens. Die Arrangements lagen uns diesmal ebenso sehr am Herzen, wie man deutlich hören kann – je härter beziehungsweise technischer unsere Musik geworden ist, desto aufwändiger wollten wir eben auch die dazugehörigen Arrangements halten.“

Das neue Album hat einen morbiden Ritual-Touch, so Helmuth voller roher Begeisterung:

„Die Atmosphäre ist quälend und die neun Soundcollagen klingen epischer und majestätischer denn je. Wir haben wieder im Stage One Studio zu Kassel mit Mr. Andy Classen als Produzenten gearbeitet. Der Masterplan war alles noch organischer beziehungsweise direkter klingen zu lassen, weg von diesen überproduzierten Plastik-Müll-Produktionen, mehr hin in Richtung Natürlichkeit. Wir haben in fünf Sessions zwischen den Tourpausen aufgenommen um alles langsam wachsen zu lassen – für mich persönlich die perfekte Herangehensweise. Und alles hat sehr gut geklappt, wir sind extrem stolz auf `Walpurgis Rites – Hexenwahn`. Wir haben wie immer viel geprobt, am Instrument als auch als Band, somit waren wir mehr als super vorbereitet und konnten alles nach Plan eintrümmern. Okay, wir haben wieder mal fünf Tage mehr gebraucht als geplant, aber Hektik hat im Studio nichts zu suchen. Ich denke wir konnten die Musik und unser Soundwand wieder steigern und auf das nächste Level hieven.“

Wie der schwer tätowierte Frontmann im Weiteren zu berichten weiß, birgt die neue Scheibe zudem auch das bislang variantenreichste Songmaterial aus der Feder der Band bislang.

Was umso erstaunlicher anmutet, wenn man rückbesinnend bedenkt, dass der obergrandiose 2008er Albumvorgänger „Bondage Goat Zombie“ eigentlich bereits in Sachen Abwechslungsreichtum und ausgefeilte Komplexität beileibe nicht mehr zu überbieten schien.

„Daneben wollten wir die neuen Belphegor-Kompositionen so vollintensiv und auch so episch wie noch niemals zuvor bei uns gestalten, um dem für uns und hoffentlich auch für die Fans hochinteressanten Titelthema der Veröffentlichung bestmöglich gerecht zu werden. Simultan zu diesen Bestrebungen bemühten wir uns auch, einige so bislang bei uns noch gar nicht gehörte Elemente in die neue Musik einzubringen. Auch hinsichtlich der Songstrukturen gingen wir teilweise völlig neue Wege, was den Kompositionsprozess enorm spannend werden ließ. Das Wichtigste im Zusammenspiel bei Belphegor ist für uns nach wie vor definitiv, gemeinsam stark an einem musikalischen Strang zu ziehen. Nur so ist es möglich immer weiter zu gehen und intensiver beziehungsweise brachialer zu werden. Das sind wir uns selber und auch den Leuten die sich unsere Alben zulegen schuldig, das ist der einzige Druck den wir verspüren und für das werkeln wir Tag und Nacht. Der Weg ist das Ziel, je steiniger desto besser. Kunst muss leiden, alles andere ist Dreck.“

Überhaupt, die Abwechslung ist laut Aussage des Brutalsängers und Gitarristen die große Stärke des neuen Werkes:

„Jeder Song hat seine Momente und steht für sich. Wir haben auch wieder einige neue Elemente in unseren Sound aufgenommen. Der epischste Track ist mit Sicherheit `Veneratio Diaboli – I Am Sin`, in dem man viele Mozart- beziehungsweise Bach-Einflüsse in Sachen Gitarrenarbeit zu hören bekommt. Die Vocals habe ich sehr trocken beziehungsweise direkt eingeschrien, um als Gegenpol zu den teils melodischen Gitarrenharmonien zu fungieren. Und mit dem Song `Der Geistertreiber` haben wir erstmals ein Lied, welches lyrisch komplett in Deutsch zelebriert wird. Ultra-Blast-Salvenmonster wie `Walpurgis Rites, Reichswehr In Blood` oder `Destroyer Hekate` beispielsweise klingen, als wenn zwei Maschinengewehre miteinander ficken.“

Okkultismusliebhaber Helmuth gerät zum neuen lyrischen Konzept des aktuellen Hexendiskus nun so richtig ins Schwärmen:

„Hexen, Tod und Teufel. Es zieht sich ein roter Faden durch alle neuen Tracks, natürlich darf wie immer der geniale Marquis De Sade nicht fehlen, von dem wir in dem Track `Hail The New Flesh` original Wortphrasen verwenden, gleichzeitig das brutalste Liedgut auf `Walpurgis Rites – Hexenwahn`. Das Ganze ist, wie man sich bei uns wohl bereits im Vornherein auch nur allzu leicht denken kann, sehr blasphemisch und extrem explizit ausgerichtet. Doch das Mittelalter beziehungsweise die damaligen Machthaber verteufelten und bekämpften auf unvorstellbar grausame Weise ja auch bekanntlich so ziemlich alles, was ihnen beziehungsweise ihren Vorherrschaftsansprüchen irgendwie im Weg war. Es geht auf `Walpurgis Rites – Hexenwahn` um die berühmte Walpurgisnacht am 30. April beziehungsweise die historisch dazugehörigen exzessiven Hexenfeiern auf den Bergen im Wald.“

Und der Belphegor-Boss expliziert diesbezüglich:

„Das Wort Hexenwahn beispielsweise existiert gar nicht mehr, es wurde von der Kirche auserkoren um die Feste und anders denkende Menschen zu verfolgen, als Vorwand – da sie schon damals wie immer bislang um ihre Macht zitterten. Die Message ist klar, es geht um das wichtigste Gut, die Freiheit das zu tun was man will, um Freiheit generell. Die Musik thront über allem und steht bei uns demnach auch immer an erster Stelle. Aber klar, die Verse beziehungsweise Lyriken fürs Booklet sind das Salz in der Suppe und mir sehr wichtig. Es muss immer ein Gesamtkunstwerk ergeben, alles muss zusammenpassen. Eben organisiertes Chaos, alles muss fließen.“

Was kann Höllenhund Helmuth noch über kommende Live-Aktivitäten seiner Horde berichten?

„Wir touren beziehungsweise shreddern ohnehin andauernd um die Welt, gerade sind wir ja zurück von einer wahnsinnigen Südamerikatour. Ab Anfang November geht es eh schon wieder los für uns. Zuerst USA und Kanada im November, dann Brasilien und Mexiko im Dezember und im Jänner steht wieder eine Europatour mit Kataklysm und anderen Bands an. Die brachiale Liedgutvertonung ist unserer Auffassung nach Show genug und gießt den Leuten Blei ins Maul. Wir sind eine der räudigsten und schnellsten Live-Bands weltweit. Ab und zu benutzen wir Skulpturen beziehungsweise echtes Blut auf der Bühne, aber im Endeffekt geht es bei Belphegor immer einzig und allein um die Musik und nicht um irgendwelches Theater.“

Und worauf freut sich einer wie Helmuth gerade am allermeisten?

„Erstmals natürlich darauf, endlich das neue Belphegor-Album in den Händen zu halten. Dann natürlich auch darauf, nonstop touren, weltweit. Wie immer. Es gibt nichts Geileres als auf dem Planeten herumzufliegen beziehungsweise zu fahren und neue Länder zu shreddern – Eindrücke zu sammeln, Sightseeing zu machen und Metal zu spielen. Ich bin mehr als dankbar dafür, was ich die letzte Dekade sehen durfte. Ich denke da kommt noch einiges auf uns zu, wir sind jedenfalls motiviert wie nie zuvor. Checkt das neue Album `Walpurgis Rites – Hexenwahn`! Hail Metal!“

© Markus Eck, 28.09.2009

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