Interview: | WOLFMARE |
Titel: | Eigenwillige Theatralik |
Als sich 2002 im fernen St. Petersburg einige Metal- und Folk-Musikanten zusammentaten, um fortan mittels gebündelter kreativer Kräfte eine ganz ureigene Melange in Sachen Folk Metal zu brühen, schwebte den Urhebern von Anfang an Ungewöhnliches vor.
So sollte ihre neue Truppe zu gleich gewichteten Teilen Musik kreieren und aufnehmen als auch emsig live präsentieren. Im Zuge dessen traten die Wodkaschlucker in ihrer Heimat bereits mit Populärgrößen wie Cruachan, Finntroll, Battlelore, Ensiferum und auch Korpiklaani auf.
Auch auf lyrischem Terrain waren Wolfmare von Anfang an um Vielfalt bestrebt. So werden die quirligen Kompositionen des Oktetts in der Weltsprache Englisch, aber auch in tradiertem Altdeutsch oder sogar in klassischem Latein besungen.
Da verwundert es bei Wolfmare auch nicht, dass hier gleich drei mitteilungsfreudige Vokalisten am Start sind.
Und dabei fühlt sich die Gruppe thematisch gleichfalls in der Historie als auch in der Moderne zuhause. Dass wir es hier also mit außerordentlich schöpferischen Genrerepräsentanten zu tun haben, zeigt vor allem ihr aktuelles zweites Studioalbum: „Whitemare Rhymes“.
Markant von einiger symbolschwangerer Theatralik getränkt, sind auf dem obskuratmosphärischen Klangwerk so reizvolle Folkloreinstrumente wie beispielsweise prall tönende Sackpfeifen zu hören, ebenso stimmungsvoll wie eigenwillig konturiert von Celli und Fideln.
Insgesamt kann der einfallsreiche Gesamtsound dieser Russen zwar in der Subkategorie Folk Metal platziert werden, doch der quietschfidele Achter verwebt auch Black- und Doom Metal-Elemente in seine Künste.
Tieftöner Dmitri Petras ist bei Wolfmare in gewissem Sinne der Mann für alles:
„Ja, von der Bassgitarre über das Komponieren sämtlicher Songs bis hin zum ständigen massiven Motivieren meiner Mitstreiter fällt da so Einiges in mein Tätigkeitsfeld hier. Immer wieder muss ich meine Truppe zum Proben animieren, oder beispielsweise den Textschreiber zum Texten. Manchmal bin ich sehr erfolgreich darin, jedoch nicht immer. Ist halt auch nicht einfach bei den sieben Mitmusikern. Aber für mich gibt es keinen anderen Weg beziehungsweise keine andere Arbeitweise – das ist eben meine Band“, verkündet der vielseitige Viersaitenspieler.
Leicht hat Individualist Dmitri es aber auch außerhalb seines unterhaltsamen Ensembles beileibe nicht, wie er mit einem anhaltenden Stirnrunzeln eindeutig zugeben muss:
„Irgendwas muss ich ja außerhalb meiner Band tun, um Geld zum Musikmachen zu verdienen. Das was ich derzeit untertags so mache, kann zwar als Tagesarbeit umschrieben werden – ich arbeite als Webmaster an mehreren großen Internetprojekten von zuhause aus mit –, aber nicht selten sitze ich bis tief in die Nacht an diesen Sachen bei mir dran. Manchmal beneide ich mich dabei ja fast selbst, weil ich nicht jeden Tag lange Arbeitswege in Kauf nehmen muss, und mein Tätigkeitsfeld ist auch alles andere als gleichförmig oder langweilig.“
Doch alle Zeit außerhalb seines Jobs widmet er trotzdem gerne komplett der Musik, so Dmitri.
„Einmal in der Woche präsentieren ich und unsere Keyboarderin und Sängerin Iana Nikulina für eine Stunde unsere Radioshow über einen lokalen FM-Sender, welche „Twilight Of The Gods“ heißt. Und, was für eine Überraschung: Wir spielen harte Musik“, scherzt der Russe, dessen Lebensinhalte er mit drei Komponenten benennt: Internet, Musik und Journalismus.
Als Wolfmare den Kompositionsprozess an „Whitemare Rhymes“ begannen, so der Bassist, stand die Idee im Raum, eines oder zwei Stücke mit Fideln und Celli zu verfeinern: „Was daraus letztlich wurde, kann man an unserer aktuellen Besetzung ja sehen. Wir haben diese tollen Instrumente beziehungsweise die entsprechenden Spieler vollends bei uns in der Band aufgenommen. Für das kommende Album werden wir auch Chorgesänge aufnehmen müssen, doch eines steht dazu jetzt schon fest: Wir werden unser Bestes tun, uns nicht wie beispielsweise Therion oder Haggard anzuhören.“
Aha. So erkundigte ich mich zu diesem Kontext, warum er und seine Russengruppe gerade solch’ eine theatralisch angelegte Variante von Folk Metal inszenieren. Und er geht sogar noch einen Schritt weiter, was die Benennung der Klänge von Wolfmare anbelangt:
„Ich selbst bevorzuge es ja, unseren Sound als „Folk Metal Zirkus“ zu titulieren. Es war vor 2.000 Jahren, als der große Kriegsherr Hannibal bewies, dass ein reisender Zirkus, insbesondere einer mit Elefanten, die beste Armee bilden kann. (…) Das ist eine alte Formel, die jedoch als wahr in Erinnerung bleiben sollte.“
© Markus Eck, 02.11.2008
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