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Interview: THRUDVANGAR
Titel: Pragmatischer Individualismus

Der große kompositorische Fleiß dieser mittlerweile bestens etablierten Viking Metal-Horde zahlte sich jüngst einmal mehr voll und ganz aus, wovon das nagelneue Studioalbum „Zwischen Asgard und Midgard“ machtvoll erklingend kündet.

Die sechs Sachsen aus dem naturreichen Anhaltiner Land hauchten ihre erzheidnischen Seelen dafür erneut restlos aus. Zeit zum Luft holen bietet da unser aktuelles Zwiegespräch.

Außerhalb ihrer Musikveröffentlichungen hört beziehungsweise liest man eigentlich bislang doch recht wenig über diese wikingische Horde. Tastenmann Andreas erklärt dazu:

„Da gibt es einfach nicht viel zu lesen. Wir veröffentlichen unsere Musik, präsentieren sie so oft es geht live und dann geht es wieder in den Proberaum. Wir sind keine scheuen Künstler oder gar hochnäsige Möchtegernstars, im Gegenteil, wir stehen allen neuen Kontakten offen gegenüber. Wer also mehr über Thrudvangar erfahren möchte, der kann uns gerne ansprechen beziehungsweise anschreiben, und man wird merken, dass wir keine zurückhaltenden Charaktere sind.“

Das letzte Album „Walhall“ ist eine Art von Thrudvangar-Split-CD, so der Stromorgelspieler:

„Einige Lieder auf der Scheibe entstanden noch in alter Besetzung, welche bei unserem ersten Album `Ahnenthron` tätig war. Die restlichen Lieder wurden nach der Bandumbesetzung komponiert. Diese klangen dann auch satter und ausgereifter, schließlich konnten wir mit Gunther, Matze und Kanne drei gute Musiker beziehungsweise Sänger für uns gewinnen. Die Musik von Thrudvangar verbesserte sich dementsprechend. Bei unseren aktuellen Liedern auf dem neuen Werk hingegen konnten wir von Anfang an als komplette Band agieren. Das war der große Vorteil im Gegensatz zu `Walhall`. Und ich denke, dass wird der Hörer auch wahrnehmen. Die Lieder klingen stimmiger und ausgereifter als auf dem Vorgängeralbum.“

Das Klima innerhalb der Horde ist noch immer sehr gut, wie zu erfahren ist.

„Ich würde sagen auf der Bühne sieht man sechs Freunde stehen. Gut, beim Songwriting gibt es immer mal wieder hitzige Diskussionen, welche dann letztendlich aber mehr produktiv als aggressiv verlaufen. Dennoch, bei uns wird sich gegenseitig respektiert und zugehört, so wie es bei einer Band auch sein sollte. Das ist auch ein Grund dafür, dass das neue Material harmonischer und ausgefeilter klingt. Man war sich eben einig.“

Das neue Album-Frontbild von Michael „Mike“ Schindler sieht bestechend gut aus. Mich interessiert, ob darin ein Bezug zu den Liedertexten der neuen Scheibe besteht. Andreas erläutert angeregt:

„Wir sehen auf dem Bild einen Krieger, der auf einen Regenbogen schaut, welcher trotz Dunkelheit der Nacht am Horizont erscheint. Dieser Regenbogen stellt in der nordisch/germanischen Mythologie die Verbindung zwischen der Götterwelt Asgard und der Erde (Midgard) dar. Genau wie unsere Texte, welche thematisch teils von Asgard, teils von Midgard handeln. Man kann den Regenbogen also als Spektrum unserer lyrischen Thematik sehen. Der Kontakt zu Mike von Dragon Design kam über unseren Tonträgerverlag Einheit Produktionen zustande. Unser letzter Grafiker konnte die Arbeit für ein komplettes Coverdesign leider nicht mehr zeitlich einrichten. Aber Mike hat ihn sehr gut vertreten und unsere Erwartungen mehr als übertroffen, indem er eine superbe Arbeit abgeliefert hat. Wir sind sehr glücklich mit dem Ergebnis und gespannt auf die Reaktionen.“

Die Liedertexte der Viking Metal-Gruppe sind laut Andreas Fiktion mit geschichtlichem Hintergrund, aber zwischen den Zeilen auch mit Bezug auf die heutige Zeit. Der Tastenkünstler expliziert diesen Kontext:

„Unsere Texte handeln von Göttern, alten Geschichten oder Menschen aus früherer Zeit. Teilweise erzählen wir Geschichten oder Tatsachen, aber wir wollen auch Gedanken vermitteln. Es waren zur damaligen Zeit auch nur Menschen wie wir zur heutigen Zeit. Die Gefühle und Ängste sind unverändert geblieben und lassen sich somit gut in unsere Zeit übertragen. Das ist eine Erkenntnis, die wir mit den Texten vermitteln wollen. Unsere Lyrik wird also hauptsächlich von alten Überlieferungen, geschichtlichen Ereignissen, oder auch Naturimpressionen inspiriert. Literatur wird natürlich auch zur Inspiration verwendet, wobei wir aber darauf achten, keine Nacherzählungen oder Neuinterpretationen daraus zu machen. Das wäre wohl nicht im Sinne des Verfassers. Musikalisch werden die einzelnen Bandmitglieder ganz unterschiedlich beeinflusst. Ich für meinen Teil versuche meine Inspirationen aus verschiedenen Musikrichtungen zu beziehen. Ich vermeide es jedoch nach Kräften, mich von Pagan Metal beeinflussen zu lassen. Ich denke mal, bei den anderen Jungs in der Band ist es ähnlich. Pagan Metal lässt nicht viel Raum für musikalische Kreativität. Es gab einfach schon zu viele Hymnen und Folk-Melodien. Kaufe ich mir heute im Jahr 2007 eine neue Pagan Metal-CD, so habe ich in der Regel das Gefühl beim Lauschen derselben, die Musik darauf schon einmal woanders vernommen zu haben. Die Toleranzgrenzen in dieser Musikrichtung liegen halt nun Mal sehr eng zusammen, sodass wenig Raum für kreative Experimente bleibt. Lasse ich mich von dieser Musik dann inspirieren, kommt dann doch nur dieselbe Musik heraus und ich versuche eben genau dies zu vermeiden. Es gelingt mir nicht immer, aber ein kleinwenig Pagan-Klischee gehört eh immer dazu, oder nicht?“, stellt er mir die berechtigte Gegenfrage.

Am Anfang war das Komponieren des neuen Liedguts für „Zwischen Asgard und Midgard“ noch beängstigend einfach, wie sich der Keyboarder resümierend daran zurück erinnert.

„Komplexe und stimmige Lieder entstanden beinahe wie aus dem Ärmel geschüttelt. Alles hat gepasst und die Kreativität innerhalb der Band war riesig. So hatten wir nach zwei Monaten Lieder für eine halbe CD fertig. Aber auf ein Hoch folgt bekanntlich ein Tief. Die folgenden Monate waren wir dann sehr träge, was das Erschaffen neuer Ideen angeht. Es kamen dann noch etliche Live-Auftritte hinzu, welche zwar Spaß machten, aber wenig Zeit für Proben ließen. Vereinzelte Unstimmigkeiten über Liedaufbauten und Melodien zwangen uns dann immer wieder dazu, fast fertige Lieder zu verwerfen und wieder von vorne zu beginnen. Aber auch in dieser schwierigen Phase haben wir einen guten Zusammenhalt bewiesen und konnten so dann doch Lieder für eine ganze CD komponieren.“

Knifflige Momente gab es also zu Genüge. Jedoch:

„Zum Glück wussten wir immer, ab wann wir uns in einer kreativen Sackgasse befanden und konnten dementsprechend handeln. In solchen Situationen bringt es nichts, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen oder den Kopf in den Sand zu stecken. Gedanken und Melodien werden dann eben neu geordnet und dann beginnen wir von vorn – auch wenn dies im Endeffekt nicht selten bedeutet, stundenlange Arbeit wieder verwerfen zu müssen. Aber schlussendlich bringt es ja gar nichts, Lieder halbherzig zu beenden, nur um zu einem Abschluss zu kommen. Das haben unsere Fans nicht verdient und wir auch nicht.“

Was die musikalischen Ziele beziehungsweise Interessen insgesamt seit dem letzten Thrudvangar-Album anbelangt, da hat sich nicht viel verändert, so der Tastenspieler:

„Noch immer ist es unser Ziel, mit unserer Musik viele Menschen zu erreichen und zu erfreuen. Wir wollen uns dabei natürlich immer weiter entwickeln ohne den Stil von Thrudvangar groß zu verändern. Der Stil soll bleiben wie er ist, die Qualität soll jedoch stetig steigen. Das ist unser Ziel. Zum einen hat die Heidenmetall-Szene eine große Gemeinschaft erschaffen, welche im Metal-Bereich wohl ihresgleichen sucht. Es werden auch Götter und Werte der alten Zeit wieder belebt, was ich persönlich befürworte – da es in der heutigen mental-maroden Zeit wichtig ist, derart soziale Richtlinien zu erschaffen. Musikalisch hingegen sieht es vielleicht anders aus. Da ich selber Pagan Metal spiele weiß ich wie gesagt um die Schwierigkeiten bei der Melodiefindung für einzelne Lieder. Heroische Hymnen, gesellige Schunkel-Folk-Melodien, dies alles gab es schon zur Genüge bei anderen Bands. Die Grundstimmung der Lieder wird sich auch nie verändern, lediglich die Tonreihenfolge, also die Melodien. Das wird auch immer so sein beim Pagan Metal, sonst wäre es auch kein Pagan Metal. Aber die Toleranzgrenzen in diesem Genre sind eben doch schon sehr eng. Es gilt nur noch seinen eigenen unverwechselbaren Stil in diesem Genre zu finden und diesen zu festigen und auszubauen. Wer nur skandinavischen Bands nacheifert, wird zwar als gute Nachspielband akzeptiert, aber nie etwas Neues liefern und somit im Einheitsbrei untergehen. Ich denke, Thrudvangar kann man als eine Band sehen welche mit dieser Erkenntnis spielt. Stets im Rahmen bleiben und doch durch die Grenzen brechen.“

Die allermeisten der Thrudvangar-Anhänger befinden sich noch in Deutschland:

„Uns erreichte aber auch schon etliche Fanpost aus ganz Europa, Amerika, Asien und Australien. Es ist schon beeindruckend wie rasant unsere Musik über den Erdball wandert“, legt Andreas dar.

Er knüpft an: „Jeder Musiker macht deshalb Musik, weil es das Größte ist, live auf einer Bühne zu stehen, Zuspruch von fremden Leuten zu bekommen, sein Gesicht in einer Zeitung wieder zu finden, eine CD aufzunehmen, kreativ sein zu können und so weiter. Unsere Ideale sind die eines jeden Musikers. Wir wollen im Prinzip einfach nur gute Musik machen und so viele Menschen wie möglich damit begeistern. Und da wir alle Metal lieben und ohne verzerrte Gitarren und hämmernde Double-Bass-Attacken nun mal nicht mehr leben können, haben wir uns dieser Teufelsmusik restlos verschrieben“, gibt er noch grinsend zu Protokoll.

Mit dem in gewissen Kreisen so sehr beliebten Weltnetz-Portal namens „MySpace“ hat sich der Stromorgelmann laut eigenem Bekennen noch nicht so ausgiebig beschäftigt:

„Thrudvangar hat allerdings auch eine MySpace-Seite. Diese wurde jedoch nicht von der Band, sondern von einem Fan aus Australien erstellt. Eine `Fanpage` sozusagen. Ich finde es irgendwie sinnvoll und doch auch überflüssig, so wie das ganze Internet eben.“

Erfolg mit seiner heidnischen Musikgruppe definiert der gute Andreas einerseits auf materialistischer Ebene durch CD-Verkäufe und vermehrte Auftrittsanfragen.

„Erfolgreich fühle ich mich auf der anderen Seite aber dennoch erst so richtig, wenn eine Besuchermenge vor der Bühne die Haare fliegen lässt, das Gästebuch auf unserer Band-Webseite nur Lob enthält und wir als Band gleichzeitig auch sehr zufrieden sind.“

Derzeit in konkreter Planung ist eine Konzertreise von Thrudvangar zusammen mit den Russen Nomans Land und den tschechischen Baumliebhabern Trollech. „Der Zeitraum der Tour ist voraussichtlich 04.01.2008 bis 12.01.2008. Danach ist noch eine kleinere Tour durch Spanien geplant. Genaueres kann man dann auf unserer Heimseite nachlesen. Bis jetzt steckt alles noch in der Planungsphase.“

Die Hoffnungen der gesamten Thrudvangar-Mannschaft liegen bei ihren Fans, wie Andreas abschließend noch verkündet. „Welche uns hoffentlich auch weiterhin treu bleiben! Aber auch bei all unseren Freunden und Mitstreitern, welche sehr viel Zeit für Thrudvangar opfern, um uns zu unterstützen. Danke dafür! Die größte Hoffnung ist jedoch die, dass wir als Gruppe in dieser Besetzung noch sehr lange zusammen spielen können – denn genau das ist es hauptsächlich, woraus wir Hoffnung für die Zukunft schöpfen.“ Schöner Schlusssatz.

© Markus Eck, 20.09.2007

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