Interview: | THE BLOODLINE |
Titel: | Und die Seelen bluteten |
Dieses Duo aus dem Raum Stuttgart hat mich mit seinem Debüt „Opium Hearts“ gar nachhaltig berührt. Das kreative Zweigespann, bestehend aus Sänger und Gitarrist Roman Schoensee samt Lebensgefährtin Kemi Vita, die den Baß bei The Bloodline zupft, spielt einen exzellenten gothic-lastigen Doom Metal, der durch seine durchweg erdrückende Stimmung und die frei werdende depressive Intensität bestechen kann.
Der ehemalige Pyogenesis Musiker Roman kann auf langjährige Erfahrung in dieser Branche verweisen, und genau so hört sich das vollendete Werk auch an. „Opium Hearts“ ist eine für ein Debüt wirklich ausgereifte Angelegenheit geworden. Sicher, gerade im Gothic Bereich gibt es bereits Legionen von vergleichbaren Acts, aber auf The Bloodline hätte zumindest ich nicht verzichten wollen. Zu gut und zu beeindruckend wirkt der Vortrag der beiden Dunkelkinder mit der manisch dramatischen Ader in den Kompositionen auf mich.
Die beiden, die für die Aufnahmen zu ihrem ersten Opus sowie für zukünftig anstehende Live-haftigkeiten Gastmusiker in die Pflicht nahmen und nehmen werden, haben einen durchweg düsteren Soundtrack für wirklich lichtscheue Herzen erschaffen. Davon schon bald selbst melancholisch geworden, wollte ich mir von Roman mittels Infos zum aktuellen Seelenverzehrer, welcher verletzte Sensibilität wie selten reflektiert, das Gemüt etwas erhellen lassen.
Der informative Dialog beginnt gleich mit dem Stichwort „Pyogenesis“. Roman dazu:
„Ich war bis zur `Unpop` bei Pyogenesis dabei, aber bedingt durch die immer softer werdende Ausrichtung in deren Sound entschied ich mich dann doch dazu, die Band zu verlassen und künftig musikalisch eigene Wege zu gehen. Ich wollte wieder die härtere Schiene fahren. Mit The Bloodline kann ich meine vielfältigen Ideen endlich alle verwirklichen.“
Das Material auf „Opium Hearts“ wirkt dermaßen in sich geschlossen, daß ich unbedingt etwas mehr über die Arbeitsweise des Mainman's erfahren muß. Ich werde informiert: „Durch meine jahrelange Tätigkeit als Musiker und auch als Produzent hatte ich einen großen Back-catalogue an vielen Songs, die ich über die Jahre zusammengetragen hatte. So konnte ich aus dem Vollen schöpfen und benötigte für die kompletten Aufnahmen gerade mal 14 Tage. Durch die lange Entstehungsdauer der Stücke wirken diese so gut ausgearbeitet. Die Songs konnten reifen wie edler und kostbarer Wein. Ich bin genauso zufrieden mit den Tracks wie du.“
Das erklärt natürlich alles. Das nächste Album wird aufzeigen, ob die bestehende hohe Qualität gehalten werden kann. Aber da habe ich eigentlich keinerlei Bedenken. Roman arbeitet als Produzent? „Ja, ich besitze auch ein eigenes Tonstudio, das `Audio-Artist-Studio`. Dieses existiert seit sieben Jahren und ich habe dort immer alle Hände voll zu tun. Momentan nehmen Silke Bischoff ihr neues Album bei mir auf. Auch Liquido´s Chartbreaker `Narcotic` wurde hier eingespielt und von mir abgemischt. Ich war schon seit ich denken kann von Musik fasziniert und wurde so schnell ich konnte Musiker. Ich habe dann alsbald begonnen, für Demo-Bands Singles zu produzieren und der nächst logische Schritt war dann die Gründung meines eigenen Studios.“ Deswegen klingt „Opium Hearts“ dann wohl auch ebenso fett wie transparent.
Roman ist bekennender Bathory-Fan der ersten Stunde und hat der schwedischen Kultband mit dem letzten Song „Left To Rot Forever“ seinen Tribut gezollt, der das von Bandleader Quorthon verströmte epische Feeling der besten Zeiten Bathory's auch perfekt wiedergibt. Es ist seine eigene Komposition, die man Anfangs fast schon als Coverversion zitieren möchte. Respekt. Da die Songs auf dem Album allesamt doch sehr traurig klingen, will ich nun wissen, wie die Lyrics einzustufen sind. Roman gibt preis:
„Meine Lyrics drehen sich um vielerlei Menschen und die mit ihnen erlebten Geschehnisse. Natürlich sind dies Erlebnisse, die überwiegend trauriger Natur sind. Es geht um die Verwendung von Drogen und den daraus resultierten Tod, der den Beteiligten und Angehörigen angesichts seiner jeweiligen Sinnlosigkeit die Seelen bluten ließ. Auch ich erlebte diese Dinge manchmal mit großem inneren Schmerz, so daß ich mir das Herz mit dem Niederschreiben des Erlebten ein wenig leichter machte, also Trauerarbeit leistete. Und solche Sachen passen eben total gut in mein Konzept für The Bloodline. Ich kann Trauer bewußt verarbeiten und in meinen Texten für die Songs wiedergeben. Mein Ziel ist es, die Hörer zu berühren, ihnen Emotionen zu vermitteln. Sie sollen durch meine Musik bewußt Trauer durchleben, aber mit dem einzigen Endziel, sich danach geläutert und um vieles besser als auch gestärkt fühlen. Vielen Menschen ist die Fähigkeit zeitlebens verwehrt, zu ihren traurigen Gefühlen zu stehen und diese zu verarbeiten.“
Haben The Bloodline denn ihre dunklen Hits schon auf der Bühne auf ihre Wirkung hin getestet? „Nein, bis jetzt haben wir noch nicht live gespielt. Aber wir verhandeln mit mehreren Agenturen. Zuerst habe ich natürlich einige regionale Gigs ins Auge gefaßt, später eventuell auch weiter entfernte geographische Ziele. Alles hängt jetzt natürlich erst mal von den Verkaufs- und Absatzzahlen des aktuellen Albums ab.“
Wie schätzt Roman denn die Chancen angesichts der übermächtigen Konkurrenz ein, den erwünschten Erfolg zu haben? Er ist selbstsicher: „Ich glaube an mich, an uns und unsere Songs. Wir haben spitzenmäßiges Material am Start, daß die anvisierten Fans überzeugen wird. Und wir streben nach der Hektik um den momentanen Release eine permanente Live-Präsenz an, die der bestmögliche Booster für weitreichenden Erfolg ist, wenn man sein Handwerk on stage beherrscht und die Leute mit sich entladender Spielfreude überzeugen kann.“
© Markus Eck, 10.09.2000
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