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Interview: [SOON]
Titel: Melancholische Energien

Die vier Hamburger Leidenschaftsmusiker um Sänger Eric vertieften ihre puren emotionalen Tiefgänge für das neue und zweite Studioalbum „Without A Trace“. Genuss- und gefühlvolle Sehnsuchtslieder der betont nachdenklichen Sorte entstanden somit.

In Sachen Dynamik sind in den aktuellen feinmelodischen Modern Dark Rock-Kompositionen dennoch keinerlei Einbußen zu verzeichnen. Das Quartett meisterte den schwierigen Drahtseilakt zwischen großer Stimmungsvielfalt und geradlinigen erdigen Instrumentierungen mit einiger Bravour. Gut ausgewogene künstlerischen Balance zeichnete ja bereits das gelungene Vorgängerwerk „End Isolation“ aus, und laut Aussage von Frontmann Eric hat sich auch der Songwriting-Prozess der Band bislang fast nicht geändert.

„Die [Soon]-Songs entstehen sich immer Stück für Stück. Aus einem kleinen Anfangsmotiv, häufig für den Gesang oder die Gitarre, entwickelt sich im Laufe der Zeit ein kompletter neuer Track. Ich habe verschiedene Ideen beispielsweise zu Arrangements und entscheide dann was sich für mich stimmig anfühlt. Das ist in aller Regel aber keine rationale Entscheidung, sondern läuft primär auf emotionaler Ebene ab“, erläutert mir der Vokalist im Gespräch seine zugrunde liegende Arbeitsweise.

Er kann jedoch nicht mit Worten darlegen, warum sich ein [Soon]-Lied irgendwann für ihn als stimmig anfühlt.

„Aber im Idealfall gibt es diesen Punkt – ansonsten verwerfe ich die Idee. Inzwischen gibt es eigentlich immer Musik, bevor ich einen Text schreibe. Ich habe auch versucht umgekehrt zu arbeiten, aber das empfand ich als weitaus schwieriger und die Ergebnisse weniger überzeugend.“

Eric tituliert die neuen Stücke wieder „sehr persönlich“, daher kann der junge Kehlenkönner die äußeren Einflüsse zum Entstehungshintergrund auch nur schwer konkret benennen.

„Unsere Texte sind ja meist autobiographisch geprägt. Die Inspirationen kommen also deutlich eher aus dem Alltag, als beispielsweise aus Literatur oder Kunst. Ich liebe Musik und sicher inspirieren mich andere Rock- und Metal-Bands mit ihrem Schaffen. Für den Sound von [Soon] sind Bands wie Paradise Lost oder Type O Negative ja schon immer sehr wichtig gewesen. Psychotic Waltz fand und finde ich ebenfalls sehr beeindruckend. Das letzte Album von Antimatter höre ich auch ziemlich gern.“

Auf die auffallend spezifischen Melodielinien der neuen Platte angesprochen, erklärt der Eigenwillige ganz deutlich: „Auch hier muss es emotional passen. Wenn mir eine Melodie gefällt, das heißt in erster Linie mich selber emotional berührt, dann verwende ich sie für einen [Soon]-Song. Kompromisse versuche ich zu vermeiden. Wenn mich eine Melodielinie nicht wirklich überzeugt, dann versuche ich sie zu verändern oder lasse sie ganz bleiben. All diese kreativen Abläufe lassen sich für mich wirklich sehr schwer in Worte fassen. In aller erster Linie sind es gefühlsmäßige Entscheidungen und ich kann nicht sagen, warum mich eine Melodie oder ein Arrangement überzeugt – entweder das passiert oder nicht.“

Sein Ziel ist es also eindeutig, mit der gemachten Musik die Hörer emotional zu berühren. Er offenbart: „Wenn mir das gelingt, bin ich sehr froh darüber. Ich persönlich mag keine Musik, die einen nicht berührt oder künstlich wirkt. Wenn ich das Radio einschaltete, habe ich häufig das Gefühl, dass ganz viele Songs zwar in den Texten große Emotionen beschreiben, diese sich in der Musik dazu aber überhaupt nicht wieder finden. Für unsere Nummern versuche ich daher verschiedene emotionale Zustände oder bestimmte Lebenssituationen musikalisch regelrecht einzufangen.“

In den neuen Songs wird wieder ein breites Spektrum an Gefühlsebenen abgedeckt, so Eric. „Die melancholische Grundstimmung zieht sich sicher durch die meisten Songs von uns und ist natürlich sehr augenscheinlich. Aber nach meinem Empfinden steckt auch sehr viel Kraft und eine Menge Energie in den neuen Kreationen, also durchaus Emotionen, die sich positiv anfühlen und sich kreativ nutzen lassen.“

Der Sänger hofft in diesem Zusammenhang laut eigenem Bekunden, dass die Hörer sich in den aktuellen Songs adäquat wieder finden können und dabei primär traurige Momente durchleben – sich aber gleichzeitig auch an den schönen Passagen der Scheibe bestmöglich erfreuen können. Eric ergänzt dazu: „Sie sollen aber auch hauptsächlich die Energie unserer Musik nutzen – oder die Lieder einfach nur genießen. Dafür wurden sie letztlich gemacht.“

Die Songtexte auf „Without A Trace“ sind in allererster Linie autobiographisch angelegt. „Wenn man so möchte, beschäftigen mich die zugrunde liegenden Thematiken also ständig. Wenn ich mich an Liedertexte setze, versuche ich die Ideen zu ordnen, auszuwählen und über bestimmte Bereiche einige Zeilen zu Papier zu bringen.“

Gerne nennt der auskunftsfreudige Vokalist dazu auch ein paar Beispiele: „Beim Titelsong `Without A Trace` geht es um das Gefühl von Unsicherheit und die Sorge, sein Leben zu leben, ohne wirklich etwas zu bewegen. Oft schreibe ich über zwischenmenschliche Beziehungen, in `Estrangement` dreht es sich beispielsweise um die zunehmende Entfremdung von zwei Menschen, die sich sehr vertraut waren. Und `My Ideas` handelt textlich die Angst ab, irgendwann allein zu sein, genauer gesagt: Das Gefühl, dass die anderen Menschen einen und sein Handeln irgendwann nicht mehr verstehen könnten. Die Frage nach dem `richtigen Weg für mein Leben`, den wohl jeder individuell für sich finden muss, ist ein ebenfalls zentrales Thema, über das ich häufig Songtexte schreibe.“

Eric macht sich dabei auch seine Gedanken zu Themen, die die gesamte Gesellschaft betreffen. „Ich habe aber nicht das Gefühl, in diesem Bereich etwas wirklich verändern zu können. Ich versuche eher, mein eigenes Leben sinnvoll zu gestalten, nicht nur für mich, sondern auch für meine Mitmenschen. Für mich persönlich und für mein Leben spielen Drogen daher keine Rolle. Drogen reizen mich nicht und ich denke, die Leute zahlen immer einen hohen Preis für den Konsum. Wenn man bedenkt, welche talentierten Sänger und Musiker die Rockwelt durch Drogenkonsum verloren hat und wie viel kreatives Potential dadurch ungenutzt geblieben ist, dann spricht allein das schon deutlich gegen Drogenkonsum.“

Der Vokalist geht ziemlich gern ins Kino oder sieht sich Filme auf DVD an. „Aber das normale Fernsehprogramm langweilt mich immer sehr schnell. Insofern gibt es viele Wochen in denen ich überhaupt kein Fernsehen sehe. Mir macht es aber auch einfach wesentlich mehr Spaß, mich beispielsweise mit Freunden zu treffen und unterwegs zu sein, als zu Hause TV zu schauen.“

Bisher hat der Sänger keinen Bezug zu all den meist infantilen Inhalten der Internetplattform namens „MySpace“, wie er zugibt. „Was ich sehr schade finde, ist der begrenzte Gestaltungsspielraum, den man dort hat. Auf einer eigenen Band-Internetseite, bei uns übrigens www.soonmusic.net, kann man doch wesentlich mehr interessante Inhalte anbieten und die Präsentation individueller gestalten. Ich muss allerdings zugeben, dass für viele Leute `MySpace` sehr wichtig zu sein scheint. In den letzten Monaten sprachen mich eigentlich nach jedem Auftritt Fans an und fragten nach beziehungsweise wünschten sich eine Präsenz von [Soon] dort.“

Eric erachtet es bereits als Erfolg und Bestätigung an, dass gerade ein zweites Album von [Soon] veröffentlicht wird. Er erklärt: „Die zunehmende Verbreitung der Musik und auch, dass immer mehr Leute bei unseren Konzerten die Texte mitsingen, empfinde ich als auch Erfolg. Das neue Album wäre in meinen Augen erfolgreich, wenn wir deutlich mehr Menschen erreichen könnten als mit dem Debütalbum `End Isolation`.“

Der Nachdenkliche trinkt nur ab und zu Alkohol, beispielsweise wenn er Essen geht oder bei Feiern. „Meistens bin ich aber als Fahrer unterwegs und dann verzichte ich darauf völlig. Als wir vor einigen Jahren mit [Soon] angefangen haben, war ich das einzige Bandmitglied das einen Führerschein besaß. Da wir unser Equipment immer nur mit einem Auto transportieren können und ich Alkoholkonsum und Autofahren absolut unvereinbar finde, trinke ich bei Auftritten keinerlei Alkohol. Es ist immer noch so, dass ich quasi zu jedem [Soon]-Auftritt fahre und auch privat bin ich sehr oft mit dem Auto unterwegs.“

Auch ein Mensch wie Eric hatte schon Momente im Leben, an denen es nicht mehr weiterzugehen schien. Wir erfahren Ehrliches: „Definitiv! Ich kenne diese Momente sehr gut, beispielsweise nach Trennungen oder dem Verlust von Menschen, die einem sehr viel bedeutet haben. Der Song `Gone` von unserem neuen Album beschäftigt sich übrigens genau mit diesem Thema. Ich habe einige sehr gute Freunde und gerade in solchen Momenten empfand ich es als sehr hilfreich, wenn diese Personen, die mich wirklich gut kennen und mir sehr viel bedeuten, da waren und mich unterstützt haben. Ich finde, die menschliche Fähigkeit, künstlerisch tätig zu sein beziehungsweise `Kunst` zu erschaffen, kann einem Menschen auch Hoffnung fürs Dasein machen. Solange es schöpferische Persönlichkeiten gibt, die derartig beeindruckende Musik oder auch Filme erschaffen können, wie es manchen Menschen gelingt, habe ich Hoffnung für die Zukunft und bin gespannt darauf, was sie noch so alles bringt. Ich will doch nicht all die guten Alben verpassen, die in Zukunft noch veröffentlicht werden“, scherzt er noch dazu.

„Ich möchte die Leser einladen, sich auf unserer Website www.soonmusic.net einen eigenen Eindruck von [Soon] zu verschaffen und dort vor allem in unsere Musik reinzuhören. Ich denke, viele Menschen werden überrascht sein, wie [Soon] wirklich klingen, denn Musik mit Worten zu beschreiben ist einfach nur die zweitbeste Möglichkeit.“

© Markus Eck, 21.07.2007

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