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Interview: SARUMAN
Titel: Wütende Melancholien

Ihr anfänglich in Eigenregie veröffentlichtes Debütalbum „Ride On The Darkside“ ist all denjenigen ans sehnsüchtige Herz zu legen, die sich auf ihren zahlreichen Weltfluchten gerne von melodisch akzentuierten Knüppelklängen, tiefmelancholisch geprägter Düsternis und intensiven Dunkelatmosphären geleiten lassen.

Und wer sich vom zugegebenermaßen stark klischeehaften Bandnamen davon abhalten lässt, diesen hörenswerten Newcomern sein Interesse zu schenken, versäumt zumindest eines: Eine aus überzeugten Idealisten bestehende Black Death Metal-Truppe und somit eine Dunkelkapelle des Todes, die sich anschickt, ihrer abwechslungsreichen Vision von harter Musik mit einem ganz eigenen Sound niveauvolle Entsprechung zu geben.

Innerhalb der bayerischen Grolltruppe herrscht laut Sänger Stefan Mönninghoff alias Mosh derzeit Hochstimmung.

„Wir fühlen uns wirklich sehr gut und eigentlich war die zwischenmenschliche Harmonie in Saruman nie zuvor besser. Endlich ziehen alle an einem Strang und geben Vollgas für unser nächstes Werk. In der Vergangenheit habe ich mich im Alleingang um alles kümmern müssen, was mich teilweise ziemlich angekotzt hat. Sämtliche Organisation, unser Debütalbum auf die Beine zu stellen, Homepage, Lyrics etc. – es blieb alles an mir hängen. Das hat sich jedoch glücklicher Weise nun geändert und mittlerweile sind wir ein eingeschweißter Haufen geworden.“.

So hat sich doch einiges getan in der letzten Zeit.

„Seit Anfang Dezember letzten Jahres haben wir einen neuen Bratscher beziehungsweise Geiger. Der Typ ist der Hammer und auf den ersten Blick ein Widerspruch in sich. Hat eigentlich gar keine Ahnung von Metal, fidelt aber so geil und dies auch noch mit einiger Schnelligkeit. Unsere ehemalige Cellistin war auch sehr gut, und hat den Grundstock für unseren jetzigen Sound gelegt, doch Bernhard, das Fidelmonster, legt da glatt noch einen oben drauf. Außerdem gibt es noch zwei Neuzugänge: Tanja am Piano und Michi am Bass. Die beiden strotzen auch nur so vor Enthusiasmus.“

Der Sänger lässt es sich bei der Gelegenheit nicht nehmen, ein lautes „Fuck you!“ in Richtung des ehemaligen Bassisten von Saruman zu senden, welcher sich seit drei Monaten nicht mehr gemeldet hat. „Sorry aber das ist echt nicht die `feine englische Art`“, fügt mein Gesprächspartner an.

Mit dem auf Hobbybasis arbeitenden Webdesigner Manne Smietana haben die Musiker zudem einen fähigen und vorbildlichen Unterstützer gewonnen, wie Mosh lobend erwähnt. „Er kreierte uns eine neue Homepage, neues Shirt-Design und Album-Cover sowie Bandfotos, er kümmert sich um Konzerte usw. An dieser Stelle noch mal vielen Dank für Deinen Wahnsinns-Einsatz!“

Seit Ende 2003 sind die Landsberger Dunkelkinder bekannter Weise bei Black Attakk unter Vertrag. Mosh erläutert hierzu: „Black Attakk haben unser Debütalbum – nun mit neuem Cover – veröffentlicht und rühren kräftig die Werbetrommel. Das war für uns auch der ausschlaggebende Punkt, überhaupt für diese zwei Jahre alte CD den Vertrag zu unterschreiben. Vitamin B ist alles und da haben Black Attakk einfach die besseren Verbindungen. Wir wollten den entsprechenden Leuten auch außerhalb Bayerns unseren Sound vor den Latz knallen. Solche Aktionen sind ohne Platten-Deal jedoch schwer zu finanzieren.“

Von mir auf die eigene Beurteilung des düsteren Sounds seiner Band angesprochen, erhellt sich die Miene meines Gegenübers schlagartig. „Wir sind einfach anders. Zumindest sagen uns das sehr viele verschiedene Leute. Metaller, Techno-Freaks, Normalos und Klassik-Leute gehören zu unseren Fans. Drummer Beni, Gitarrist Jo und ich persönlich stehen eigentlich eher auf das krasse Zeug, wollten aber immer schon ein Streichinstrument in der Band. Nur damit kann man so gut Melancholie, Melodie und Aggression miteinander verbinden. Gerade durch den nun vollzogenen Plattendeal samt der damit einhergegangenen Werbung in sämtlichen relevanten Magazinen kommen sehr viele Fans auf uns zu und bestätigen, dass wir etwas Außergewöhnliches machen. Wir benutzen die Geige nicht nur für die ruhigen Zwischenparts, sondern die Streicher schreddern bei schnellen Black Metal-Parts in der gleichen Geschwindigkeit mit der Gitarre zusammen. So was scheint es wohl selten zu geben. Das ist aber aus dem Bauch heraus entstanden und war nicht geplant“, wie von dem Kehlkopfquäler zu erfahren ist.

Ein Thema für sich ist der Bandname, welchen ich genauer ausgeleuchtet haben will. „Herr der Ringe“-Klischee um jeden Preis?

„Irgendwie schon komisch anmutend, dass vor uns noch keine anderen Acts auf die Idee kamen, den Roman-Namen von `The Lord Of Darkness` himself für ihre Band zu nehmen. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, wie viele Bands aus dem Metal-Bereich sich bereits einen Namen aus der Trilogie gegeben haben. Sicherlich ist das nicht gerade sehr einfallsreich – aber immerhin prägnant und leicht zu merken. Vorher hießen wir ja Hominis Nocturna, das konnte sich aber wirklich kein Schwein merken. Für mich steht Saruman als Figur für die dunklen Seiten des Lebens, deren Faszination und Abartigkeit. Die anderen in der Band fanden diese Namensgebung von Anfang an cool. Außerdem lässt der Name für unwissende Außenstehende schnell vermuten, was für Mucke wir zocken und er riskiert dann vielleicht mal ein Ohr.“

Den Literaturprofessor Tolkien verehrt der Sänger von Saruman sehr, wie zu erwarten war. „Ich habe seine Bücher bis jetzt zweimal gelesen und versuche mich gerade an der englischen Fassung. Hätte ich einen Hut auf, würde ich ihn ziehen vor der Leistung Tolkiens und seiner schier unglaublichen Fantasie, sich literarisch eine komplette fiktive Welt zu bauen. Er hat mit dem Elbischen eine eigene Sprache mit allem drum und dran erfunden, die sogar funktioniert, was ich immer wieder unglaublich finde. Die Filme sind auch ein Knaller. Peter Jackson hat etwas geschafft, von dem es immer hieß, es wäre niemals verfilmbar. Und das nach den wirklich üblen und belanglosen B-Movie-Frühwerken wie „Bad Taste“ und „Braindead“. Sicherlich stimmt in seiner Filmfassung nicht alles pedantisch mit dem Inhalt der Bücher Tolkiens überein, sonst würden die drei Teile wahrscheinlich 30 Stunden dauern. Aber der Gesamtfilm ist in sich schlüssig aufgebaut und meiner Meinung nach wahnsinnig gut umgesetzt.“

Death Metal: Keine andere Musikrichtung lässt einem Musiker laut Mosh so viel Spielraum. „Man kann hier eigentlich fast alles machen, wenn man es gut umsetzt. Ich höre den Sound schon fast 20 Jahre und werde mir wohl noch mit einem Krückstock und den klappernden Dritten irgendwann mal auf einem Metal Konzert die morsche Hüfte brechen. Jeder in unserer Truppe hört andere Musik: Klassik, Metal, Trance, Folk, Jazz usw. Nur bei Hip Hop, Rap und Volksmusik gehen wir gemeinsam zum Kotzen.“

Als Einflüsse für Saruman macht Mosh Bach, Vivaldi, Smetana auf der einen Seite geltend, während der Sound der Band seiner Aussage nach in erster Linie von Bands wie At The Gates, My Dying Bride, Dimmu Borgir oder auch Cannibal Corpse geprägt ist. „Bunte Mischung, oder? Prinzipiell saugen wir aber alles in unsere kreativen Sinne auf, was düster, dunkel und traurig ist. Oder ein Vorschlaghammer auf dem Schädel. Wir sind alle ein bisschen schräg und total unterschiedlich. Mit unserer Musik können wir alle unsere dunkle Seite, die jeder Mensch hat, ausleben. Das ist unsere gemeinsame Basis trotz vieler Ungleichungen.“

Eigentlich wollten ihn die anderen Bandmitglieder von Anfang an dazu verdonnern, „Herr der Ringe“-Texte zu schreiben, wie er bekennt.

Das fand Mosh jedoch scheißlangweilig, wie er, diesen Punkt betreffend, etwas gelangweilt berichtet.

„Da kommen für mich keine Emotionen rüber. Meine Lyrics sind größtenteils sehr persönlich und verwursten meine eigenen Erfahrung und Sichtweisen über die Abartigkeiten dieser Welt. Allerdings sind wir überhaupt nicht politisch. Das geht uns am Arsch vorbei. Meine Texte handeln von Selbstmordgedanken, Depressionen, Wut und Hass. Ich bin aber trotz meiner Texte ein sehr ausgeglichener und positiver Mensch. Wieder einer der vielen Widersprüche in unserer Band.“

Da es sich aus diesem Kontext heraus ganz automatisch ergibt, philosophieren wir anschließend ein wenig über die heutige Metal-Szene. Man erfährt: „Größtenteils besteht meiner Meinung nach ein sehr angenehmes Klima in dieser Szene. Okay, Idioten, Engstirnige und Rassisten gibt es auch. Aber meiner Meinung nach in der Minderheit. Ich persönlich habe schon sehr viele gute Erfahrungen gemacht. Mit den Pennern in der Szene muss man sich ja nicht abgeben. Was im Metal-Business hingegen abgeht, ist oft total für den Arsch. Aber den meisten geht es einfach nur um Kohle, da bleibt viel auf der Strecke. Wir werden uns mit unserem Sound nie zur Ruhe setzen können, aber da scheißen wir drauf. Geld ist nicht wichtig. Traurig, mit was für einem musikalischen Mist man manchmal in großen Mengen zugeschissen wird. Da bleiben oft so manche Perlen auf der Strecke, weil bei diesen Massen von sinnlosen Veröffentlichungen kein Schwein mehr einen Überblick hat.“

Was seine Zukunftspläne und das nächste Album von Saruman betrifft, hat Mosh hingegen eine sehr transparente Sicht. „Ein Studio ist für Mai 2004 gebucht und wir sind alle geil darauf, unsere neuen Kreationen auf die Menschheit loszulassen. Es gibt für uns ehrlich gesagt nichts Schöneres, als von den Fans zu hören, dass sie sich mit unserer Mucke identifizieren können, und was ihnen dabei durch den Kopf oder das Herz geht. Jeder passionierte Musiker sehnt sich doch tief im Inneren nach Bestätigung und ebenso nach konstruktiver Kritik – daher wird dies auch immer gerne von uns angenommen. Am 16.04.2004 spielen wir übrigens mit Mystic Circle in Aalen im Rock It und nach Pfingsten stehen auch noch ein paar kleinere Konzerte auf unserem Spielplan. Unser Traum wäre es natürlich, mal mit den ganz großen Bands beispielsweise in Wacken oder auf dem Summer Breeze zu spielen. Tja, Träume braucht auch der Death Metal-Musiker. Vielen Dank fürs Interview. Metal forever!“

© Markus Eck, 22.01.2004

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