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Interview: RABENSCHREY
Titel: Auf die eigene Art

Selbsterklärtes Motto dieser außerordentlich eigenwilligen und schon seit mehr als zehn Jahren aktiven Altertumstruppe aus Nordrhein-Westfalen: „Die wahre neue deutsche Härte rockt!“.

Dahinter steckt das Bestreben der beteiligten Musikanten nach größtmöglicher individueller musikalischer Identität. Und die bekennenden Vollblutheiden Rabenschrey versuchen ihr kreatives Glück auf ebenso mutige wie spielfreudige Weise.

Mit ihrem kernigen Schwermetalltreiben hebt sich die kantige Gruppe auf markante Art von so einigen gängigen Stilistiken aus dieser vielfach bespielten Ecke ab. Anführer Peter Herbertz alias Donar von Rabenschrey, ein wahrlich komplett kompromissloser Charakter, zeichnet bei diesem munteren Mittelalter Metal-Haufen für Gesang, Flöten, Didgeridoo verantwortlich.

Und er legt dar: „Unser künstlerisches und inhaltliches Konzept hat sich im Laufe der Jahre mit einer eigenen Dynamik entwickelt. Zu Beginn der Geschichte von Rabenschrey war die Musik angelehnt an Inspirationen, welche ihren Ursprung auf Mittelaltermärkte hatten. Und unsere Klänge, bezeichnen wir das Ganze doch einfach mal als ‚Marktmusik’, entwickelten sich stetig weiter. Ende 2005 verließen Flötist Taron und Lautenspieler Rouven die Band, da ihr Studium immer mehr Zeit in Anspruch nahm. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine der am meisten entscheidenden Weichen für Rabenschrey gestellt. Und ich stellte mir selbst dabei zwei Alternativen: Vollgas oder Aufhören. Ich entschied mich für ersteres und begann die CD ‚Donnerhall’ zu produzieren, das erste Album von Rabenschrey, auf dem Schlagzeug und Bass durchgehend in die Musik eingebracht wurden. Live wurden diese Instrumente ebenfalls übernommen und sorgten künftig dafür, dass wir beginnen konnten die großen Festivalbühnen zu erschließen. Akustischer Mittelalter Folk Rock oder wie wir selbst es bezeichneten: ‚Pagan Folk’.“

Es war ihm dabei immer wichtig, sich nicht musikalisch einengen zu lassen, wie er klarstellt. „So kam es, dass sich unser eigener Stil entwickelte ohne sich selbst einzuschränken. Bis zum Oktober 2009 blieben die akustischen Instrumente alleiniger Bestandteil in unserer Musik. Bei einer Bandprobe im Oktober 2009 kam mir spontan die Idee, die Bouzouki bei einigen Songs gegen eine E-Gitarre auszutauschen. Meine Motivation dafür waren die Kollegen von der Gruppe Schelmish. Wir spielten kurz darauf gemeinsam ein Konzert im Z7 in der Schweiz und ich wusste schon vorher, dass sie dort mit ihrem Rockprojekt aufschlagen würden.“

Donar von Rabenschrey legt sogleich nach:

„Der erste Testversuch im Proberaum begeisterte uns alle und der durch die E-Gitarre entstandene Druck passte in einige von unseren Songs so perfekt hinein, dass wir uns ernsthaft fragten, warum wir da nicht schon früher drauf gestoßen sind. Na ja, manche Dinge brauchen eben einfach ihre Zeit. Die besagte Show in der Schweiz war jedenfalls ein Riesenerfolg. Kurz darauf gaben wir ein Konzert vor unserer Haustür in Wuppertal. Was würden die Fans vor Ort sagen? Große Begeisterung schlug uns bei diesem Konzert zum Glück entgegen. Somit wurde die E-Gitarre ein fester Bestandteil bei Rabenschrey. Sowohl in unserem Live-Programm als auf bei der kommenden CD-Produktion des Albums ‚Unvollkommen’. Unsere Musik war bereits Jahre zuvor immer rockiger geworden, sie klang jedoch ohne E-Gitarren lange nicht so rockig wie mit ihnen.“

Ich erkundige mich im Weiteren noch nach dem ebenfalls von Rabenschrey verkündeten musikalischen Credo „Die neue deutsche Heidenhärte“ beziehungsweise danach, wofür es im Speziellen eigentlich wirklich steht.

Und Donnerseele Donar expliziert hierzu in aller Lässigkeit:

„Textliche Anlehnungen an die frühmittelalterliche Geschichte begleiten Rabenschrey von Anfang an. Die Bezeichnung ‚Neue deutsche Härte‘ finden wir seit Rammstein bei vielen modernen Rockbands mit deutschen Texten und etwas härterer Rockmusik. Der Musikjournalist Peter Sailer fügte beides beim Erstellen unseres letzten Pressetextes zusammen. Wir fanden diesen Ausdruck passend und haben ihn übernommen.“

So ist die primäre Message von Rabenschrey laut Donar am treffendsten folgendermaßen auf den Punkt zu bringen:

„Habt Spaß am Leben und an der Musik, glaubt an euch selbst und an eure Träume. Arbeitet hart, dann können sie sich erfüllen.“

Da die Rabenschrey-Kerle gar so sehr Wert auf ihre musikalische Eigenständigkeit legen, scheint es interessant zu erfahren, wo dieser Umstand primär herrührt.

Und der Frontmann lässt diesbezüglich mit maskuliner Stimmlage verlauten:

„Im Ernst: Uns stört gar nichts an der Szene der Mittelaltermusik. Manche gebräuchliche mittelalterliche Instrumente schränken das Harmoniespektrum allerdings schon ein und dabei wird dann immer mal wieder schnell der Eindruck erweckt, dass Songs ganz ähnlich klingen. Jede Band muss letztlich aber ihren eigenen künstlerischen Weg finden und der Zuhörer entscheidet ja doch letztendlich darüber, ob es ihm gefällt oder nicht. Ich persönlich selektiere Musik ja ebenfalls nach genau dem gleichen Muster. Ich finde es daneben sehr angenehm, dass in dieser Szene die Kollegen sehr freundschaftlich miteinander umgehen. Man hilft sich gegenseitig und hat auf den Festivals sehr viel Spaß, auch hinter den Kulissen.“

Ich erkundige mich im Anschluss daran, wie derjenige Teil der eher engstirnigen Fans und nicht weniger Wochenend-Mittelaltermetaller nach Ansicht von Donar mit dem Auftreten und Klangbild von Rabenschrey bislang klargekommen ist. Der konstatiert:

„Davon ausgehend, dass wir von Fans sprechen, deren musikalischer Horizont über In Extremo, Subway To Sally und Schandmaul hinaus geht, kommen sie sehr gut mit unserer Musik zurecht. Das ist auf den unterschiedlichsten Festivals, auf denen wir spielen, gut zu sehen. Unser einzigartiges Klangbild ist da eher etwas von hohem Widererkennungswert. Mehr Mut dazu, eigene musikalische Wege zu beschreiten, ohne Angst davor zu haben, dass es jemand scheiße finden könnte, würde vielen Bands aus diesem Spektrum ohnehin ganz gut tun.“

Interessant scheint es mir auch, zu erfahren, ob diese Gruppe mehr Fans aus dem Rock- und Metal-Lager oder aus der Mittelalter-Ecke hinter sich weiß.

„Keine Ahnung. Mittelalterpuristen der ersten Stunde ist unsere Musik sicherlich zu rockig geworden. Da die letzten zwei Alben jedoch die mit Abstand erfolgreichsten Rabenschrey-CDs waren, sind auf jeden Fall innerhalb der vergangenen zwei Jahre sehr viele Fans hinzugekommen.“

Hinsichtlich des kommenden Rabenschrey-Langspielers weiß der stämmige Düsterkerl noch zu berichten:

„Wir gehen an das neue Album total entspannt heran. Bei den letzten Alben haben wir uns oft unter Druck gesetzt. Sicher ist das bei einer CD-Produktion auch sinnvoll, um nicht im ‚rumkünsteln’ zu versinken. Wir sind mittlerweile jedoch so erfahren, dass wir auch ohne Druck und Abgabetermine produzieren können, ohne unser Ziel aus den Augen zu verlieren. Auch das kommende Album wächst schon langsam und stetig. Es sollen mehr Einflüsse meiner Bandmitglieder zu hören sein. Somit entwickeln sich die Kompositionen etwas umfangreicher als zu früheren Zeiten.“  

© Markus Eck, 28.05.2011

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