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Interview: PINK CREAM 69
Titel: Wieder gewonnene Tugenden

Ihre ersten beiden Alben schufen ihnen einen geradezu gigantischen Grad an weitreichender Popularität, von dem diese deutschen Vollblutmusiker noch heute zehren.

Pink Cream 69, die Karlsruher Sympathieträger in Sachen gut gelauntem und harmonischem Melodic Hard Rock, haben in ihrer langen Karriere schon viel erlebt. Hinfallen ist keine Schande, Liegen bleiben schon: Nach dieser Devise sind sie nun schon seit über 14 Jahren in den Ohren ihrer zahlreichen Anhänger präsent. Mit „Endangered“ meldet sich die Band nun bei ihren zahllosen Fans zurück.

Dieser Tage steht also das bereits neunte Album an. Auf diesem findet der Fan alles, was er bisher bei seinen Faves lieben gelernt hat. Dynamische Hard Rock-Tracks im stilvollen Duett mit stimmungshebenden Metal-Passagen und ergreifenden balladesken Anklängen.

Drummer Kosta Zafiriou freut sich laut eigener Aussage ebenso über seine Band zu berichten wie auf den Release des neuen Werkes.

Die Band scheint ein großes Gefühl der Zusammengehörigkeit zu verbinden:

„Die Situation im Bandlager ist momentan sehr gut, obwohl wir alle hoffen, daß Alfreds Handgelenk – er leidet am Karpaltunnel-Syndrom – bald genesen wird. Abgesehen davon ist aber alles super. Wir haben eine neue Scheibe am Start und die ersten Reaktionen der Presse dazu sind bisher sehr gut. Das Line-Up hat sich bei uns seit 1988 nur einmal geändert: 1993 hat Andi Deris die Band verlassen um bei Helloween einzusteigen. 1994 ist für ihn David Readman eingestiegen und das war es auch schon mit den bisherigen personellen Wechseln innerhalb der Band.“

In ihrer Heimatregion sind die Pinkies wohl auch so etwas wie eine fest Institution, welche keine Konkurrenz zu fürchten hat. Kosta: „Die Heimatbasis der Band ist Karlsruhe, obwohl inzwischen alle verstreut im Umland wohnen. Meines Wissens gibt es keine bekanntere Band aus Karlsruhe.“ Und von Anfang an war das musikalische Ziel klar umrissen: „Die Band wurde 1987 von Andi Deris, mir und Alfred Koffler gegründet. Unser Ziel war es schlichtweg geile Musik zu machen! Da wir alle aus dem melodischen Hardrock kommen war die musikalische Marschrichtung klar, es ging nur noch darum, den eigenen Stil zu definieren und zu verfeinern.“

Der Bandname ist nach wie vor immer wieder unklar. Wir erfahren dazu:

„Er bedeutet nichts Spezielles, es ist lediglich der Name für einen Cocktail. Unser Bestreben damals war es einen relativ untypischen Namen für eine Hardrock-Band zu wählen. Mitte der Neunziger hatten wir Probleme mit dem Namen und haben eine ganze Weile darüber nachgedacht ihn zu ändern. Inzwischen ist der Name der Band ein feststehender Begriff den jeder so akzeptiert wie er ist.“

Die Band hat sich über die Jahre sehr gut entwickelt, sowohl musikalisch als auch menschlich.

„Wenn man unsere Alben chronologisch vergleicht wird man sehr schnell merken dass wir uns kontinuierlich verändert und neue Nuancen eingebaut haben. `Change` und `Food For Thought` waren unseren Fans aber zu modern und dem aktuellen Zeitgeist zu sehr angepaßt, so daß wir 1998 mit `Electrified` zurück zu unseren Wurzeln gekehrt sind. Menschlich kann ich nicht ohne Stolz behaupten, daß es die letzten fünf bis sechs Jahre keinen ernsten Streit innerhalb der Band gegeben hat. Wir respektieren uns menschlich wie musikalisch, sind ein sehr gut eingegroovtes Team und haben Spaß an der Zusammenarbeit.“

Ich persönlich finde, Pink Cream 69 haben – nach den sensationellen ersten beiden Alben – für lange Zeit nicht gerade Meisterwerke veröffentlicht, wenn man den direkten Vergleich macht. Gerade weil ich die Musik der Gruppe aber so sehr mag, habe ich mich besonders gefreut, als sie es dann mit dem Album „Sonic Dynamite“ wieder gepackt haben. Die Antwort kommt prompt:

„Schon bei der dritten CD, `Games People Play`, war der Drang sich musikalisch zu verändern stark spürbar. Wie oben erwähnt waren `Change` und `Food For Thought` danach nicht gerade die Lieblinge der Pink Cream 69-Fans. Ich persönlich halte `Food For Thought` für ein künstlerisch sehr hochwertiges Album. Ich bin vor ein paar Wochen von Freunden wieder darauf aufmerksam gemacht worden, daß es eine geile Scheibe ist und habe sie nach über zwei Jahren Abstinenz mal wieder in den CD-Wechsler ins Auto gelegt. Dennoch sind unsere Stärken zweifellos im melodischen Hard Rock, den wir mit `Electrified` wieder aufgegriffen haben. Ich denke auch, daß sich jedes Bandmitglied in diesem Stil wohl fühlt, da wir dies schlichtweg am besten können.“

Dies belegen auch die Verkaufszahlen, die seit 1998 wieder kontinuierlich steigen. „Dennoch bin ich der Überzeugung daß die Experimente `Change` und `Food For Thought` sehr wichtig für die Entwicklung der Band waren.“ Keine Widerrede von meiner Seite. Was bedeutet der neue Albumtitel? Er regt zu vielerlei Spekulationen an.

„Da mußt du David fragen, der die meisten Texte geschrieben hat. Eine Interpretation ist sicherlich die, daß wir Hard Rock-Fans eine vom Aussterben bedrohte Spezies sind.“ Ja, leider. Das geniale Albumcover ist ein echter Eyecatcher. Kosta hierzu: „Dies war eine Last-Minute-Geschichte, da uns die zwei ersten Coverentwürfe nicht gefallen haben. Entworfen hat es ein Grafiker aus dem Heidelberger Raum.“

In ihren Texten verarbeiten die Karlsruher Kerle von allem etwas, so der Trommler:

„Musik, Lebensgefühl, Liebe und Beziehung oder auch Zeitgeschehen. Die Verarbeitung der Themen und der Blickwinkel der Erzählung entscheiden über die Qualität des Textes. Es ist fast unmöglich jedes Mal gänzlich neue Themen zu finden.“

Das kann der Verfasser auch sehr gut nachvollziehen. Die Musik für das neue Album wurde in Arbeitsteilung kreiert:

„Alfred komponierte die Musik und David schrieb die Texte, wobei sie auch viel gemeinsam gearbeitet haben. Sobald die beiden genügend gute Ideen gesammelt haben, treffen wir uns alle immer im Proberaum und arbeiten Details und Arrangements aus.“

Wie sieht Kosta die neue Scheibe nun im direkten Vergleich mit den Vorgängern? Für ihn ist „Endangered“ näher an `Electrified` als an „Sonic Dynamite“:

„`Sonic Dynamite` enthielt für Pink Cream 69-Verhältnisse relativ viele Metal-Einflüsse, wobei `Electrified` und `Endangered` aber deutlichere Hard Rock-Roots haben.“ Wir wollen auch hier nicht den obligatorischen Vergleich der heutigen Metalszene mit früheren Zeiten auslassen:

„Es haben beide Zeiten Vor- und Nachteile. Früher gab es aus Musikersicht viel weniger Konkurrenz, viele mittelmäßige Bands konnten einen Haufen Platten verkaufen. Heute ist der Fan durch das Überangebot kritischer geworden und hat auch wesentlich bessere Möglichkeiten, sich über die CD oder Band zu informieren bevor er sie kauft. Das IT-Zeitalter hat natürlich auch Kommunikationsmöglichkeiten, die mit damals in keinster Weise vergleichbar sind. Gleichzeitig kann es auch unser Strick werden wenn alle nur noch selbst zuhause ihre Lieder brennen und MP3´s downloaden.“ Was wir hier natürlich nicht hoffen wollen. Kosta schließt noch an:

„Unsere besten Märkte sind nach wie vor Deutschland und Japan, gemessen an den Verkaufszahlen. Ich will mir aber nicht anmaßen, fremde Metal-Szenen herunterzuspielen, nur weil wir dort weniger CDs verkaufen. Dies ist sicherlich von Band und Musikstil abhängig.“

Pink Cream 69 sind normalerweise sehr tourfreudig, so berichtet der Drummer:

„Unsere letzte Tour war die Europatour Ende 2000 mit Axxis. Wenn Koffls Hand wieder genesen ist werden wir sicherlich wieder überall spielen wo uns die Fans sehen wollen. Konzerte spielen ist nach wie vor der Höhepunkt eines Musikers, wie ich finde, weil man dabei das direkte Feedback des Publikums hautnah erfährt. Das einzig langweilige auf Tour ist die Warterei bis es an der Zeit ist die Bühne zu entern.“

Ehrliche Worte. Das Outfit auf der Bühne ist nicht das Wichtigste für die Jungs, wie noch zu erfahren ist.

„Wir gehen nicht in Jogginghose auf die Bühne, aber Glitterklamotten waren auch noch nie unser Ding. Eine motivierte Band, guten Sound und gutes Licht halte ich für viel wichtiger.“ Wie sieht denn die musikalische Zukunft für die Melodic Hardrocker aus? Kosta:

„Mal sehen! Momentan haben wir sehr viel Spaß an dem was wir machen und die Fans scheinen es auch zu mögen. Wir planen nicht langfristig, sondern konzentrieren uns auf die jeweilige Scheibe, die wir in Angriff genommen haben.“

Wir beschließen mit den obligatorischen letzten Worte an die Fans: „Danke, Leute, für die letzten zwölf bis 13 Jahre! Wir werden immer unser Bestes geben, um weiterhin geile Scheiben für euch abzuliefern!“

© Markus Eck, 22.10.2001

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