Interview: | NASTY IDOLS |
Titel: | Ehrlich bei der Sache |
Ganz getrost als Veteranen ihrer Gilde kann man diese stark idealistisch geprägten Schweden bezeichnen, welche auch heute noch inbrünstig der eher spaßmusikalischen Variante des Hardrocks frönen; in speziellen Fach- und Szenekreisen auch Sleaze Rock genannt.
Aktuell hat der vor einiger Zeit überraschend wieder erstarkte skandinavische Vierer nach misslicher Schaffenspause sein brandneues Studioalbum „Boys Town“ am Start. Ich reiße Rauröhre und Frontmann Andy Pearce blitzartig Haarspraydose, Kajalstift und Drink aus den Händen und kralle mir den Kerl für eine Befragung zur neuen Veröffentlichung seiner Truppe.
„Als ich und unser Bassist Dick Qwarfort damals im 1987er Sommer in Malmö erstmalig als Band durchstarteten, wollten wir erstmal ausgiebig unseren ewigen Idolen Kiss, Sweet, New York Dolls und Alice Cooper nacheifern. Ich erinnere mich noch heute ganz genau daran, wie ich als Jugendlicher allerlei Poster von Sweet und Kiss bei mir im Zimmer an der Wand hängen hatte und die Typen täglich beinahe anbetete für das, was sie fabrizierten. Glücklicherweise konnten wir nach relativ kurzer Zeit ziemlich schnell einen Plattendeal ergattern, was circa zwei Jahre später zur Veröffentlichung unseres Debütalbums „Gigolos On Parole” führte“, resümiert der zwar standesgemäß recht wild aussehende, sich aber im Gespräch sehr herzlich gebärdende Durch-und-durch-Rock’n’Roller.
Andy fügt noch an: „Wir tourten nachfolgend eine Menge umher und konnten uns einen Namen machen. Insbesondere die schwedische (Musik)Presse war uns wohl gesonnen und schrieb sehr viel über uns und unsere Musik, auch unsere Videos liefen oftmals auf MTV zu dieser Zeit.“
Er und seine treue Gruppe haben es in heutigen Zeiten beileibe nicht leicht, noch Massen von Fans mit derlei Stilistik zu begeistern.
Zu viele Bands aus dieser musikalischen Ecke, zu viele auf dem marketingstrategischen Reißbrett kreierte Subkategorien, zu weit getriebener Kommerz machen Acts wie den Nasty Idols das künstlerische Leben immer schwerer.
Während man mit solcherlei Klangbild und Attitüde in den 80ern also weltweit noch fröhliche Urstände feiern konnte, sieht die Situation im Jahr 2009 doch deutlich verfahrener aus. Andy aber juckt das nicht:
„Ich denke wir machen eine wirklich coole Art von Musik. Ich meine, wir selbst wollen sogar, dass es hart für uns ist, mit unserem Sound bei den Leuten da draußen anzukommen. Wenn es dem einen oder anderen gefällt, ist das doch umso cooler.“
Bei der Gelegenheit erkundige ich mich, welcher wohl der für ihn schönste Moment seiner bisherigen Musikerlaufbahn war. Er zögert keine Zehntelsekunde und gibt kund:
„Das war eindeutig, als wir damals das zweite Studioalbum „Cruel Intention“ auf den Markt brachten und dieses so erfolgreich wurde, dass wir umfangreich dazu auf Tournee gehen konnten. Wir hatten wirklich eine Unmenge an Spaß dabei, es war einfach herrlich. Ich werde es niemals vergessen!“
Wir gehen rückblickend aus gegebenem Anlass zu den alten Erfolgsgruppen aus dem Genre über. Obwohl auch Nasty Idols wie zuvor erwähnt ihre Vorbilder und Idole haben, zählt für die schwedische Band nach wie vor primär der Faktor Eigenständigkeit:
„Klar, das geht wohl jeder Band aus jedem Genre so. Die alten Helden waren ja schon da, als wir gerade mal frisch anfingen, das prägt einen natürlich sehr. Doch wir versuchten jederzeit, unser ganz eigenes musikalisches Ding durchzuziehen. Und dabei orientierten wir uns bis heute nicht sonderlich an dem, womit andere Musiker so oder so erfolgreich wurden. Wir fühlen uns am wohlsten, wenn wir immer auf unsere eigene innere Kreativität hören.“
Und dabei laufen die Nasty Idols laut weiterer Aussage von Andy im Aufnahmestudio immer wieder aufs Neue erst zu ihrer Hochform auf. Wir erfahren hierzu von dem redseligen Sänger:
„Yeah, immer wenn wir unsere Stücke im Studio anfangen einzuspielen und sie auf diese Art und Weise „zum Leben erwecken“, dann breitet sich ein enorm kraft- und freudvoller künstlerischer Geist in uns aus. Und genau der wirkt auf uns enorm anspornend. Ebenso freut es uns schon immer während der Aufnahmen, daran zu denken, wie viele Leute hinterher an unseren Kompositionen Freude haben werden. Letzteres ist ehrlich gesagt sogar das beste Gefühl, welches wir in der Band kennen und genießen.“
Bekanntlich fand 2006 eine Wiedervereinigung der ganz besonderen, nämlich der speziellen Rock’n’Roll-Art im Hause Nasty Idols statt. Andy erzählt dazu:
„Wir spielten dazu vorab dann erstmal eine Art Testtour, um beobachtend zu sehen, wie sich die Dinge und Geschicke für uns dabei so entwickeln würden. Schnell war uns klar, dass es mit Nasty Idols unbedingt weitergehen müsse. Doch immer die alten Songs zu spielen, ermüdete unsere Sinne bald – daher beschlossen wir kurzerhand und einstimmig, Lieder für ein neues Studioalbum zu komponieren. Wir trafen uns dann im Weiteren im Probenraum und bastelten an unseren neuen Nummern, welche nach und nach auch recht flüssig und relativ problemlos entstanden.“
Inspiration für ihre Stücke beziehen die Skandinavier dafür aus dem täglichen Leben an sich, so der schwarzhaarige Sänger. „Wir wollen den Fans und Hörern einzig über all die Dinge erzählen, die sie selbst kennen und gut nachvollziehen können. Somit kann man schon sagen, dass sich bei uns auf lyrischer Ebene ein viel zitierter roter Faden zieht.“
Dennoch ist „Boys Town“ laut Andy beileibe kein Konzeptalbum. „Es geht uns halt typischerweise um das Sex, Drugs & Rock’n’Roll-Ding und den damit auch automatisch verbundenen Lebensstil. Manche der neuen Lieder auf der aktuellen Platte sollen verdeutlichen, dass es verdammt noch mal riesigen Spaß macht, einfach nach vorne loszurocken. Aber auch, dass die „Landung“ danach nicht immer auf einem weichen Rosenteppich sein kann, sondern mitunter knallhart verläuft. Somit kann man vereinfacht sagen, dass unsere Songtexte die alltäglichen Hoch- und Tiefphasen beschreiben, wie sie eben jeder Mensch nur zu gut kennt. Mehr wollen wir nicht vermitteln, wir sind keine Band, die mit ihren Songs eine ganz bestimmte Message nach außen transportiert.“
© Markus Eck, 02.03.2009
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