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Interview: GOD SEED
Titel: Philosophische Hammerschläge

Als Tieftöner King und Vokalist Gaahl die Band Gorgoroth im Jahr 2009 verließen, sorgte dies in Black Metal-Zirkeln für einiges Aufsehen. Schließlich waren diese beiden norwegischen Dunkelseelen als die Schwarzmetall-Rabauken schlechthin bekannt geworden.

God Seed sollte die neue Truppe des ketzerischen Duos heißen, abartig infame und nicht nur medial viel beachtete Bühnenshows in stets ausverkauften Veranstaltungen waren zunächst die Folge. Auch diverse Sittenwächter fühlten sich auf den Plan gerufen. Optimale Voraussetzungen für die Weiterführung solcherlei musikalischen Erbes also. Dem Anfang des Jahres vorangegangenen 2008er Festival-Mitschnitt „Live At Wacken“ lassen God Seed mit erweitertem Line-Up nun das Debütalbum „I Begin“ folgen.

„Mit den Jahren meines Wirkens als Musiker und Künstler erwuchs mehr und mehr das Verlangen in mir, mich umfassend weiterzuentwickeln. Und das wollte ich in die Songs von God Seed auch entsprechend einfließen lassen. Meine persönlichen Hör-Vorlieben sind beileibe nicht nur auf Black Metal allein fixiert, ich bin da sehr vielfältig, wie man weiß“, gibt der skandinavische Schwarzmetall-Vorreiter zu Protokoll.

Und letztere Aussage kann man dem 1975 unter dem bürgerlichen Namen Kristian Eivind Espedal Geborenen gerne glauben, der auch als Gründer der beiden Schwarzstahl-Outfits Trelldom und Gaahlskagg bekannt wurde.

Nicht zuletzt erlangte Gaahl auch noch mit dem Folklore-Projekt Wardruna sehr viel Aufmerksamkeit, welches schamanisch-archaische Klänge erzeugt.

„Die 70er Jahre waren eine wirklich großartige Zeit für die gesamte Rockmusik“, konstatiert der Mann, der sich vor einiger Zeit zum Schock vieler Die-Hard-Fans als homosexuell outete, auf die Frage nach derlei unüberhörbaren Einflüssen in den neuen Kompositionen von God Seed. „Und gerade dieses atmosphärisch großartige Flair aus den alten Tagen wollte ich auch in unseren Liedern verwirklicht sehen. Meiner Ansicht nach passt der alte Sound nämlich hervorragend mit unserer sehr speziellen Art von Black Metal zusammen. Wer tiefer und mit voller Hingabe in die neuen Stücke auf ,I Begin‘ hinein hört, wird mir zustimmen können“, erläutert der Norweger mit sanfter Stimme, dabei auffallend langsam und gut überlegt sprechend.

„Textlich ließ ich sehr viel philosophische Ansichten aus meinem ganz persönlichen Kosmos einfließen. Näheres dazu beziehungsweise Details möchte ich nicht erläutern. Ich denke schon immer viel über das heutige Leben nach, wobei ich es bevorzuge, die Dinge mit ,alten‘ Augen zu sehen beziehungsweise zu verstehen. Sozusagen auf ,alte nordische Art‘. Ich mag unsere skandinavischen Legenden, die oftmals auch einen ziemlich lehrreichen Sinn inne haben. Wer sich tiefer damit beschäftigt, der kann nur dazu lernen für sein eigenes Dasein. Mit den Jahren habe ich das zu meiner ganz eigenen Lebensphilosophie gemacht. Und das ist sehr gut für mich, denn in den letzten Jahren musste ich sehr viel Intensives auf privater Ebene verarbeiten, dabei sehr viel lernen etc. Ich bin bekanntlich ja ein eher introvertierter Mensch, der sich nicht gerne in langen und aufwändigen Reden ergeht. Auch habe ich sehr spezielle Ansichten über das Dasein und über okkulte und spirituelle Belange. Daher ist God Seed für mich optimal, um meine Intentionen auf diese Weise lebendig werden zu lassen. Ich habe oft Metaphern verwendet für die neuen Songtexte, weshalb man sie schon gut und tiefgründig lesen muss, um zu erfassen und zu verstehen, was gemeint ist beziehungsweise gemeint sein könnte. Mir gefällt das. Und es passt ganz hervorragend zu dem eigenständigen und individuellen Sound, den wir für ,I Begin‘ erschaffen haben.“


Hauptsächlich, so der bekennende Mysterien- und Mythenliebhaber Gaahl, macht er ohnehin Musik, um sich als Individuum auszudrücken, was ihn, wie er offenbart, immer noch näher zu sich selbst führt.

„Mir gefällt der Black Metal-Bereich auch nach so langer Zeit noch immer hervorragend, weil er so dermaßen extreme Möglichkeiten bietet, sich als Musiker vollends zu verwirklichen. Es gibt dort beispielsweise keinerlei Limits in Sachen brutaler Extremität und emotionaler Intensität. Wobei ich das aktuell hinsichtlich God Seed eher musikalisch verstanden haben möchte. Unser Fokus liegt nicht mehr so sehr darauf, die Leute optisch zu schocken. Wer das unbedingt so mag, soll sich den damaligen Wacken-Mitschnitt ansehen, der uns wirklich von der extremsten Seite zeigt. Aber wir lassen als Band mit eigenem Anspruch derzeit erstmal viel lieber die reine Musik sprechen, die auch eine Unmenge zu sagen hat. Sie ist sozusagen der reflektierende Spiegel unser aller Seelen in God Seed.“


© Markus Eck, 13.10.2012

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