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Interview: FEUERSCHWANZ
Titel: Ein Leben für den Spaß

Mit den Jahren seit der 2004er Gründung konnte dieser notgeile Haufen unter dem Kommando von Anführer Hauptmann Feuerschwanz seine musikalischen Kreise immer weiter ziehen. Letzteres gelang neben aktiven Live-Präsenzen auch durch eine stetig gesteigerte Spielkultur, die den stark komödiantisch geprägten Stil der Mittelalter Rocker bei vielen Hörern emporhob.

„Was das ganze breite Thema Mittelalter bei Feuerschwanz selbst angeht, so sehe ich das eher differenziert beziehungsweise vielschichtig. Es gibt bei uns auf jeden Fall diesen typisch romantischen Touch, womit das Thema in gewisser Weise ,leutselig‘ dargestellt wird, also die ,gute alte Zeit‘ entsprechend bespielt und besungen wird. Eine Zeit, die wir allesamt zwar nicht erlebt haben, aber von welcher eine spezielle Vorstellung in unseren Köpfen vorherrscht. Da wir ja alle in der Moderne leben, keimt der Wunsch nach etwas Gutem, etwas Besserem, immer wieder auf. Was wir jedoch stets am liebsten daraus machen, ist letztlich das Farbenfrohe und Lebensbejahende“, gibt ein aufgrund der Fragestellung eher nachdenklicher Hauptmann preis.


Er spricht weiter: „Leider ist das sehr ungewöhnlich, wie ich immer wieder feststellen muss. Dabei kommt mir wiederholt so eine Burgführung in den Kopf, die ich mal mitgemacht habe. Auch dabei wurde diese historische Zeit in den denkbar schwärzesten Farben dargestellt, als wäre es rundherum schlimm gewesen für die Menschen. Doch wurde auch damals bereits sehr viel heitere Musik gemacht, zu der ausgelassen getanzt wurde. Mir gefällt in dem Kontext der Gedanke, dass das Mittelalter eben auch sehr gut dazu geeignet ist, der ,modernen‘ Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten! Denn die heutigen Zeitgenossen feiern oftmals doch arg langweilig im direkten Gegensatz dazu, wie ich denke. Primär geht es dabei auf geradezu ,schablonenartig‘ organisierten Events doch oft nur noch ums plumpe Saufen.“


Damit liefert er ein gutes Stichwort, welches den weiteren Dialog dominieren wird. Und wie der nicht wenig schlitzohrige Anführer der Feuerschwänze dazu weiter ausführt, sieht er dies, obwohl selbst eifriger Met-Konsument, neben aller zur Schau gestellten Party-Attitüde seiner eigenen Formation durchaus auch kritisch.

„Intelligenter wird man tatsächlich nicht von herbem Alkoholkonsum. [lacht] Das wirklich Fatale am Alk ist eben meiner Ansicht nach zunächst, dass man sich seine anerzogenen Hemmungen ,wegtrinken‘ kann. Allzu viele Zecher können sich nach den ersten Humpen oder Pullen einfach nicht mehr in Zaum halten und schlagen über die Stränge. Ein prächtiges Feuerschwanz-Gelage kommt allerdings gänzlich ohne Aggression und ohne allzu läppischen Habitus aus, denn wir wollen klassisch und fröhlich feiern im wahrsten Sinne des Begriffes. Wichtig ist der Rahmen, den man dabei setzt. Klar darf hemmungslos gefeiert werden, aber Feuerschwanz bewahrt eben einen ,sicheren‘ Rahmen“, tut der Filou grinsend kund.


„Alkohol ist eigentlich ein sehr ,ehrlicher‘ Stoff. Er holt nämlich genau das aus einem heraus, was jeweils tief innen drin vorhanden ist. Wenn also viel Frustration eingelagert ist, gerät es beispielsweise wütend und nachfolgend rabiat. Und wenn zu viel Übermut im Menschen gärt, wird es mit zunehmender Promillezahl halt immer infantiler und sinnfreier - hemmungslos kindlich sozusagen. Uns fällt zunehmend auf, dass sehr viele unter einer argen Unausgeglichenheit zu leiden haben, was sie für Nieder- und Hochprozentiges ziemlich anfällig macht.“


Der gewitzte Kerl und effiziente Gute-Laune-Kickstarter gleitet daraufhin regelrecht über ins nächste Thema:

„Unsere Liedertexte sind in dieser Beziehung sowieso recht pflegeleicht angelegt. Feuerschwanz macht viele ,Bewegungslieder‘, um dem besagten Missstand der Unausgeglichenheit wirkungsvolle Abhilfe zu schaffen. Wir wollen, dass die Leute sich bewegen!“

Party-Coaching

Nachfolgend näher nach derlei Absichten befragt, um die einheimische Bevölkerung beschwingt zu ertüchtigen, rückt der Hauptmann schelmisch raus:

„Eigentlich ist uns diesbezüglich so alles willkommen, was im Rahmen eines BRD-Rhythmusgefühls möglich ist. Wir stellen dabei nicht allzu hohe Ansprüche. Gerne kann es dabei auch auf und ab gehen, wie der beispielsweise in ,Hurra hurra die Pest ist da‘ beschriebene Gesundheitstanz, von unserem 2009er Album ,Metvernichter‘. Live erweitern wir das Stück gerne um einen ,Schrei‘ dich gesund‘-Teil, wobei wir immer gut bemerken, wie viel und vor allem wie viel Lautstarkes da aus dem Publikum herauskommt. Nicht selten schreien die gar wie am Spieß. Wenn man beim Feiern also auf eine gesunde Art und Weise was aus sich rauslassen kann, das raus will, ist das doch eine feine Sache. Seelische Gesundheit liegt uns am Herzen.“ 


Wohl nie zuvor hat eine Gruppe aus der Mittelalter-Musikszene die Hörerschichten so dermaßen polarisierend gespalten wie es diese Erlanger Giga-Schlitzohren anhaltend völlig absichtlich tun. Feuerschwanz der Name, Klamauk das Programm, Eigenständigkeit die Devise.

Doch selbst die erbittertsten Gegner und die leidenschaftlichsten Lästerer mussten anerkennen, dass der Haufen um Anführer Hauptmann Feuerschwanz seine eigenen Geschicke mittels des letzten Albums „Walhalligalli“ auf das bislang höchste künstlerische Level heben konnte. Extra für mich ließ der schelmische Hauptmann sein großes Trinkhorn tatsächlich gar einen kurzen Moment unbefüllt, um auch noch ein wenig ins vorhergehende Jahr 2012 zurück zu schauen.

Top Album 2012?
„,Ich fand das neue Billy Talent-Album ,Viking Death March‘ phantastisch.“

Vielversprechendster Newcomer 2012?
„Ich finde die Band Lanzenkot ganz vielversprechend. Räudiges Phäkal Mittelalter aus Bulgarien, und sogar auch noch mit deutschen Texten besungen.“

Bester Song 2012?
„,Tage wie diese‘ von den Toten Hosen.“

Nervigster Song 2012?
„Oh, das war eine Woche später: ,Tage wie diese‘.“

Bestes Konzert 2012?
„Ganz klar Tenacious D.“

Bestes eigenes Konzert 2012?
„Da möchte ich gleich drei nennen: in Wuppertal, Hamburg und Stuttgart!“

Schlechtestes eigenes Konzert 2012?
„Wenn man von gespielten und ereigneten Fehlern ausgeht, dann war es wohl das Konzert in Frankfurt. Allerdings haben die Leute dabei dort gefeiert wie blöd...“

Bestes Festival 2012?
„Metalfest Loreley 2012“

Film des Jahres 2012?
„,Iron Sky‘“

Film-Riss des Jahres 2012?
„Das waren viel zu viele, um sich da lediglich auf einen festlegen zu können. Bei mir wäre es ohnehin interessanter, mich lediglich nach einem ganz angesehenen Film zu fragen; siehe vorherige Antwort.“

Beste TV-Serie 2012?
„,Galileo‘.“

Schlechteste TV-Serie 2012?
„,Galileo‘, nach zwei Minuten.“

Stylischster Künstler 2012?
„Immer noch eindeutig Michael Jackson.“

Geschmacklosester Künstler 2012?
„Nackte Dudelsackspieler.“

Persönlichkeit 2012?
„Mir fällt gerade leider keiner ein, der den Mut hatte die Wahrheit zu sagen.“

Depp 2012?
„Der Graf.“

Überraschung 2012?
„Auf meinem Bankkonto wurde etwas eingezahlt.“

Enttäuschung 2012?
„Es war nach kürzester Zeit wieder weg...“

(Alkoholbedingter) Absturz des Jahres 2012?
„Das war ganz klar bei Naseweis, beim Feuertanz Festival. Zuerst ging es allerdings ganz hoch hinaus...“

© Markus Eck, 24.04.2013

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