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Interview: DARKWELL
Titel: Optimale Ausdrucksmöglichkeit

Als diese Protagonisten aus der Alpenrepublik zur Jahrtausendwende ihr zauberhaft melancholisches Ausnahmedebütalbum „Suspiria“ veröffentlichten, verzückten sie mit hochmelodischem und ergreifendem Anmutssound nicht wenige Gothic Metal-Fans, welche ihre Lieblingsmusik möglichst edel und klassisch bevorzugen.

Der ergötzlich unschuldig wirkende Soprangesang auf dieser erlesenen Sahnescheibe, offenbart vom enorm talentierten Goldkehlchen Alexandra Pittracher, weiß Kenner und Genießer dieser Stilistik auch heute noch anhaltend zu betören.

Auch auf den nachfolgenden Touren konnten die Österreicher Darkwell ihre gewonnenen Anhänger ausreichend überzeugen, sodass zwei Jahre nach dem offiziellen Erstling das Mini-Album „Conflict Of Interest“ nachgeschoben wurde.

Wiederum zwei Jahre später, also 2004, stellte die Band das zweite Studioalbum „Metat[r]on“ fertig, in welches überraschend die Stimme einer neuen Vokalistin eingewoben wurde: Stephanie Luzie.

Bassist Roland Wurzer, seit jeher Sprachrohr von Darkwell, ist aufgrund der kürzlich zu Ende gegangenen Pausierung seiner Dämmerungscombo bester Dinge.

Die Pause seiner Kapelle hat sich aus verschiedenen privaten Gründen heraus ergeben:

„Meine Wenigkeit hat der Staat Österreich in Beschlag genommen, ich musste also Zivildienst leisten. Unser Gitarrist Mathias Nussbaum ist im Februar Vater geworden und unser Schlagzeuger Moritz Neuner macht die Welt mit Atrocity unsicher. Einzig im Mai 2005 haben wir am Wave Gotik Treffen gespielt und die Pause damit kurz unterbrochen. Mittlerweile ist die Unterbrechung aber vorbei, wir sind wieder voll motiviert und sind bereits am Komponieren für das neue Album“, berichtet mir der langhaarige Viersaitenmann diverse Interna.

100 % fertige Nummern gibt es laut Roland zwar noch keine, aber es ist bereits genügend Material da, sodass Darkwell vielleicht noch 2005 mit dem Schreiben fertig werden. „Das neue Album wird dann in diesem Fall im Frühjahr 2006 kommen, ansonsten eben ein wenig später.“

Etwaige musikalische Unterschiede der neuen Songs zur vorhergehenden Musik sind für den Bassisten eher schwierig zu definieren:

„Da wir ja mit `Metat[r]on` von der stilistischen Richtung her ein ziemlich großes Spektrum abgedeckt haben, werden wir neu Erschlossenes auf jeden Fall beibehalten, aber auch wieder mehr der alten Darkwell-Roots mit einbringen.“

Das Ziel ist jedoch in jedem Fall immer der Song, so Roland.

„Im optimalen Fall sollte alles zusammen passen, die Harmonien, der Rhythmus, die Melodien und natürlich die Lyrik. Sobald all diese Eckpunkte stehen, wird im Proberaum schon öfter mal munter drauflos gespielt, der intellektuelle Anspruch beiseite gelegt und einfach nur gespielt. Wenn sich der Song beim Spielen gut `anfühlt`, dann ist schon mal der größte Schritt getan. Normalerweise gehen wir dann in die Vorproduktion und nehmen den Song auf. Sobald er dann roh abgemischt, ist quälen wir unsere CD-Player damit und entscheiden ob es ein Darkwell-Song ist oder eher nicht. Wenn irgendwas zu diesem Zeitpunkt nicht passt, überlegen wir, ob es sich ändern lässt; falls nicht, landet er im Archiv, sonst auf der vorgesehenen Scheibe“, scherzt der Österreicher.

Die derzeitige Bandchemie ist seiner Aussage nach eigentlich optimal.

„`Metat[r]on` ist ja relativ komplex ausgefallen; die ganze Band hat sich dafür eingebracht und wir haben uns künstlerisch komplett ausgelebt. Somit war es natürlich kein typisches Darkwell-Album, aber ein sehr ehrliches. Dies war natürlich optimal für die Bandchemie.“

Mit den bisherigen Reaktionen des internationalen Auslandes auf die Musik von Darkwell, insbesondere denjenigen auf das letzte Album, ist Roland sehr zufrieden, wie er nachfolgend resümiert.

„Unsere Kernländer wie Deutschland und Holland zeigten sich zwar überrascht aber durchwegs begeistert. Meines Wissens ist die Scheibe auch in Nordamerika gut angekommen. Auch Südamerika funktioniert sehr gut, unter Umständen wird es im nächsten Jahr also einen Abstecher nach Mexiko geben und somit hätten wir dann mit Darkwell auch mal `Good old Europe` verlassen.“

In der Anfangszeit der Band haben sich die Mitglieder von Darkwell viele Gedanken darüber gemacht, wie sie wohl, speziell in Interviews, ihre künstlerischen Intentionen darlegen sollen. Roland hierzu:

„Umso länger man das macht, umso mehr wird man mit Trivialitäten belastet: Verträge, Tantiemen, Merchandise, Organisation, Interviews: Das ist all der Kram, mit dem man sich meistens beschäftigt und das `Urinnerste` rückt dann bald nach hinten. Wenn ich aber wieder darüber nachdenke, eben wie jetzt aufgrund Deiner Frage, erinnere ich mich an einen Moment aus der Grundschule. Ich hatte Bilder im Kopf, die ich im Zeichenunterricht zu Papier bringen sollte. Aber aufgrund meiner grottenschlechten Fähigkeiten in den bildenden Künsten konnte ich sie einfach nie zu Papier bringen. Die Musik ermöglichte mir dieses und im Urinneren geht es mir heute noch einfach nur darum, mich auszudrücken.“

Live spielen sie nach wie vor sehr gerne, wie mir der Kerl zu offenbaren weiß.

„Genau dann können wir nämlich unsere Stücke mit voller Emotion präsentieren. Auf Konserve ist es auch schön, aber ungleich schwieriger, alle Emotionen einzufangen. Man kann nicht mit dem Timing spielen, keine Reaktionen aufbauen, man muss die Stücke genau so hintrimmen, um den optimalen Kompromiss zwischen Emotion und musikalischer Präzision zu finden. Beides ist schön, aber live macht einfach mehr Spaß.“

Die Konzertbesucher haben Darkwell bei ihren letzten Live-Auftritten eigentlich immer super aufgenommen, wie in Erfahrung zu bringen ist. „Wir hatten in letzter Zeit immer tolle Reaktionen, die neue Sängerin Stephanie hat die Leute gut im Griff und wir geben auch immer alles.“

Ich frage den Darkwell-Mainman, worauf er bisher ganz besonders stolz sei, wenn er den bisherigen Werdegang seiner Band vor seinem geistigen Auge Revue passieren lässt.

„Ich habe mich sehr gefreut, dass wir einen Video-Clip gemacht haben und diesen dann auch mal im Musikfernsehen gesehen zu haben. Wenn ich mich and meine Jugendmetaller-Jahre erinnere und an den guten alten Headbangers Ball im MTV, dann war das schon etwas Besonderes. Besonders freue ich mich auch über Fanbriefe aus aller Welt, das Internet macht es möglich. Das Wave Gotik Treffen ist auch jedes Jahr etwas Besonderes, denn es ist ja wirklich ein Treffen und nicht nur ein Konzert. Es gibt so viele Dinge, beispielsweise die ganzen Leute die man auf Tour kennen lernt, die ganzen Erlebnisse – ich glaube, das würde eine endlose Liste. Prinzipiell bin ich eigentlich sehr glücklich, wenn ich daran denke, was aus Darkwell geworden ist, denn eigentlich ist es ja nicht nur ein Projekt sondern beinahe meine Lebenseinstellung.“

© Markus Eck, 12.10.2005

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