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Interview: CHAOSWEAVER
Titel: Zwischen zwei Welten

Hierbei handelt es sich nicht nur um überaus stimmungsgewaltige Perfektionisten aus Finnland, welche in überraschend spielstarker Quartett-Formation agieren.

Sondern die außergewöhnliche Gruppe, deren kreatives Herz in Helsinki schlägt, zählt gleichzeitig auch zu den musikalisch interessantesten hartmetallischen Repräsentanten von ganz Skandinavien. Überzeugen kann man sich davon erfreulich problemlos auf dem neuen und zweiten Album des Vierers, welches den bilingualen Titel „Enter The Realm Of The Doppelgänger“ erhielt.

Und hatte bereits das gelungene 2008er Debütalbum „Puppetmaster Of Pandemonium“ eine Vielzahl an atemberaubend ausgefeilten Raffinessen in petto, so setzt die aktuelle Veröffentlichung von Chaosweaver in diversen Kriterien sogar noch gewaltig einen drauf!

Prickelnd unheilvollen, immens abwechslungsreichen und feinsinnig theatralischen Industrial Symphonic Metal hat sich die rhythmusfreudige und hörbar zu Neuem entschlossene Bande zum erquicklichen Pläsier auserkoren.

Zusammen haben sie elf erhabene Maniker-Lieder zum Leben erweckt. Elf Songs mithin, welche auf diesem opulent-cineastisch erklingenden Notenmanifest mit teils hypnotisch emotionaler Black Metal-Tangente platziert wurden.

„Es ist für uns sehr schwer zu sagen, ob wir nun typisch finnisch klingen mit unserer Musik. Aber es gibt definitiv sowieso nicht viele Bands da draußen, weder in Finnland oder irgendwo anders, deren Songs sich so anhören wie die unseren. Wir laden die weltweiten Hörer aber sehr gerne dazu ein, sich ihre eigene Meinung zu unseren Kompositionen zu bilden“, verkündet Keyboarder Max.

Auf etwaige Unterschiede des neuen Chaosweaver-Outputs zum Debütalbum angesprochen, entgegnet Gitarrist Albert:

„Wir hatten vor Beginn des Songwritings im Sinn, für ,Enter The Realm Of The Doppelgänger‘ noch bessere Songs zu schreiben und diese dann auch noch ,schärfer‘ zu spielen. Dementsprechend wollten wir auch eine vielfach bessere und gewaltiger ertönende Produktion für die Platte haben, was sich glücklicherweise erfüllt hat. Im Zuge dessen sind jetzt qualitativ gesteigerte Orchestrierungen bei uns zu hören. Alles klingt so viel flüssiger, eben vielfach ,rationeller‘ als es zuvor noch der Fall war. Und als ,Kirsche auf der Sahne‘ erarbeiten wir diesmal Lyriken, die einen schier den Verstand rauben!“

Und letzteres Statement gebietet es dem Autoren geradezu, sich zuerst nach den kompositorischen Hauptfiguren zu erkundigen und nachfolgend die erwähnten Seelenfresser-Texte der neuen Alpträumer-Songs auszuleuchten. Griffbrett-Visionär Albert legt sogleich los:

„Bei uns schwingen gleich drei Songwriter das schöpferische Zepter: Nämlich unser Drummer Jack, Max und ich. Für gewöhnlich kreuzt einer von uns dabei mit einem oder zwei neuen Riff-Ideen an, für welche die anderen beiden dann ihre jeweiligen ergänzenden Vorschläge einbringen. Wenn wir drei Musketiere an neuen Stücken für Chaosweaver arbeiten, fließt das Bier bei diesen Sessions stets in wahren Strömen. Jack übernimmt sogar die meisten der Keyboard-Passagen und Orchestrierungen zusammen mit Max, welcher wiederum auch den bei weitem überwiegenden Großteil der Lyriken bei uns verfasst. Die meisten der anfänglichen Riffs stammen hingegen von mir. Letztlich bezeichne ich uns drei definitiv als Multiinstrumentalisten. Wenn wir im Studio bei den Aufnahmen sind, tauschen wir sogar gar nicht mal so selten die instrumentellen Posten; uns gefällt das sehr! Und ganz ehrlich gesagt würde sich unser Sound auch nicht nach Chaosweaver anhören, wenn nur einer aus diesem Songwriting-Trio fehlen würde.“

Wie der enorm fingerfertige Saitenschrubber dem Gesagten direkt im Anschluss anfügt, arbeiten er und die anderen beiden findigen Protagonisten fast zwei Jahre an den neuen Stücken.

„Wir haben zu Beginn eine Unmenge an Song-Stoff dokumentierend aufgenommen, ohne zuerst groß darüber nachzudenken, was uns am Ende erwarten würde. Irgendwann hatten wir tatsächlich mehr als 70 Songs beziehungsweise Entwürfe beisammen! Aus all diesen hatten wir dann immens mühselig genau diejenigen herauszupicken, welche insgesamt am besten zueinander und natürlich auch ins Konzept des neuen Albums passen. Mit dem ausgewählten Material fingen wir dann an, das Ganze zu konkretisieren. Dabei feilten wir gerade an den aufwändigen Arrangements bis zur letzten Sekunde herum. Wir sind bekennende Perfektionisten, die sich eben die nötige Zeit nehmen, bis alles an seinem richtigen Platz im Erreichten ist. Dafür spricht schon alleine die Tatsache, dass ich im Nachhinein rein gar nichts mehr an den neuen Stücken geändert haben möchte - obwohl die Lieder ja bereits vor über einem Jahr fertig gestellt waren! Und mehr noch, noch immer laufen mir Kälteschauer durch den Körper, wenn ich mir das finale Resultat anhöre. Ein wirklich tolles Gefühl, welches ich zuvor so noch niemals auf musikalischem Terrain verspürte.“

Genau die richtige Zeit für den aufgeweckten Max, sich nun zu den Inhalten der Songtexte einzubringen.

„,Enter The Realm Of The Doppelgänger‘ ist ein Konzeptalbum. Und die neue Story darauf beginnt exakt da, wo ,Son Of The Moon‘, der letzte Track des 2008er Vorgängerwerkes ,Puppetmaster Of Pandemonium‘ endete. In dem Stück versucht der Hauptcharakter, den Eingang zu ,Tuonela‘, also zum Land der Toten zu finden, um ewigen Frieden zu erlangen. In einigen Überlieferungen der finnischen Mythologie hat man dafür sogar einen so genannten ,Kinahmi‘, also einen gigantischen Strudel im Meer zu durchschwimmen. In meiner Vision existiert besagter Riesenstrudel als Wurmloch zwischen zwei Welten. Wurmlöcher findet man auch in diversen physikalischen Universums-Theorien. Ich bin hochgradig fasziniert davon, ebenso wie von den sogenannten Super-String-Theorien! Dabei geht es darum zu versuchen, alle Partikel und sämtlichen fundamentalen Kräfte der Natur beziehungsweise des bekannten Universums in eine einzige Theorie einzubinden, indem man sie als Vibrationen von winzig kleinen und super-symmetrischen Strängen modelliert. So habe ich diesen inhaltsreichen Ansatz für die Konzeption des neuen Albums mit Themen aus finnischer Mythologie und Folklore kombiniert. Ebenso ließ ich auch eine dezente Dosis an typischen Mystery- und Horror-Inhalten aus der bekannten 1990er Krimiserie Twin Peaks in die Lyriken einfließen. Das ganze Album wird dadurch regelrecht zu einem völligen Gehirn-Fick!“

Einmal derart angeregt im Redefluss unterwegs, legt dieser finnische Fiktionär anschließend auch gleich noch das programmatische Credo seiner Band dar. „Chaosweaver ist unsere Berufung, ein absolutes Muss für uns! Die Kräfte fließen dabei aus der Tiefe unserer Herzen direkt in unsere Finger. Und wir verarbeiten dabei eigentlich so ziemlich alles, was uns im Leben und in unseren Visionen und Träumen bewegt; eben das, was in uns arbeitet. Daher enthalten unsere Songs eben auch all die großen orchestralen Arrangements. Und diese bringen wir garantiert nicht bei Chaosweaver ein, um ,groß‘ zu klingen. Sondern, um unseren Empfindungen größtmöglichen Austritt aus uns zu gewähren. Aber daneben ist es für uns sehr wichtig, den vorhin angesprochenen Kräften Entsprechung zu verleihen. So haben vereinzelte Songs wie beispielsweise ,The Great Cosmic Serpent‘ nicht ganz so viel Keyboard-Anteil wie die anderen, weil sie darin aufgrund der betont starken Grundstimmung schlicht gar nicht benötigt werden. So klingt auf ,Enter The Realm Of The Doppelgänger‘ auch alles wirklich absolut perfekt nach unseren individuellen Vorstellungen und künstlerischen Wünschen.“

© Markus Eck, 18.06.2012

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