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Interview: CERBERUS
Titel: Gelebtes zu vertonen

Cerberus ist ein dreiköpfiger Hund aus der griechischen Mythologie. Hier darf er seine Reißzähne ausreichend blecken. Große Mühe haben sich diese Solinger Schwarzmetaller mit ihrem neuen und zweiten Studioalbum namens „Klagelieder – Grabesgesang” gegeben.

Und das nicht tot zu kriegende Quintett um Kreischmeister Beleth, der als einziges Gründungsmitglied übrig geblieben ist, legt ordentlich nach.

Die seit 1998 zum dunklen Todestanz aufspielenden Cerberus spannen auf dem aktuellen Hassmanifest einen breiten kreativen Spannungsbogen, welcher von betont rauen Old School-Bekenntnissen über glühende Todesblei-Güsse bis hin zu melodisch verspielten Auswüchsen reicht. Dämonisches Corpse Paint ist längst überholt oder gar lächerlicher Mummenschanz? Da sind Cerberus aber ganz anderer Ansicht!

Denn die grimmige Misanthropenhorde greift nur allzu gerne tief in den Schminktopf. Aber auch sonst zeigen sich Trommelteufelin Astrega, die beiden Gitarristen Dawn und Nebiros samt Tieftöner Infernal Doom stolz von der mit Klischees beladenen Seite. Allen voran steht Vokalist Beleth voll und ganz hinter dem emotional abgründigen Treiben seiner Truppe.

„Unsere Gedanken zur Szene an sich sind meiner Meinung nach nicht von zu großer Wichtigkeit. Wir sehen uns als eine der wenigen Bands die einfach das machen worauf sie Lust haben. Wir lassen uns nicht von anderen beeinflussen. Wir wollen auch nicht den Markt dominieren. Uns ist es lediglich wichtig, unseren Emotionen in der Musik einen Ausdruck zu verleihen. Gelebtes zu vertonen. Hass und Zorn an der Gitarre auszulassen. Wut dem Schlagzeug widmen. Und die Verzweiflung hinaus zu schreien. Ich denke das wir gute und auch wahre Musik machen, denn wir sehen uns als Musiker. Die Position zwischen all den anderen Bands ist dabei wirklich nicht von Bedeutung, solange wir mit dem glücklich sind was wir machen“, gibt der Gift- und Gallespucker zu Protokoll.

Das Ziel bei der damaligen Gründung der Band bestand laut seiner Aussage darin, die erzeugte Musik in eine Form zu bringen. „Ein Miteinander der Instrumente und der Bandmitglieder sollte es primär sein. Ein paar konnten sich nicht in unser Puzzle einfügen. So kamen auch die vielen Wechsel der Musiker zustande. Übrig ist nun unsere derzeitige Formation. Und ich denke, dass wir nun unsere Band komplett haben und somit haben wir auch unser Ziel erreicht.“

Eines der wichtigsten Dinge dabei ist seiner Meinung nach, das alle Hörer und Leser der Magazine sich immer wieder vor Augen führen sollten, dass die Musiker deren Musik sie hören oder deren Worte sie in den Magazinen lesen, auch ganz normale Menschen sind.

„Wir selbst sind immer ansprechbar. Wir geben uns nicht nur weil wir Musik machen und auf der Bühne stehen dürfen, erheblich Mühe. Ich glaube, dass dies eine wichtige Eigenschaft unserer Band ist. Wir haben einen Mann an der Gitarre aus Mexiko. Er ist vor noch nicht all zu langer Zeit hierher gezogen, um unter anderem die Band an seinem Instrument zu unterstützen. Allerdings ist es wirklich schwer einen Sprachkurs für ihn zu finden. Wer helfen kann könnte sich ja mal bei mir melden. Unsere Homepage: Ich denke, diese Page hat was Außergewöhnliches. Will aber nicht verraten, was es ist. Seit noch nicht so langer Zeit wird außerdem unser Videoclip zu dem Song `Was war vergeht` in den Staaten im öffentlichen Kanal ausgestrahlt. Eine Entwicklung, mit der wir an sich gar nicht gerechnet haben aber worüber wir uns wirklich sehr freuen. Ich denke mehr Infos sind derzeit nicht so wichtig – es sei denn jemand will die privaten Erlebisse von uns allen wissen, wo es wirklich sehr viel zu berichten gäbe.“

Gute Zusammenarbeit ist ein sehr wichtiges Thema bei der Solinger Knüppelgarde.

„Sicherlich kommt hier und da mal eine Uneinstimmigkeit zustande. Aber ich denke, was uns am Leben hält, ist das Verzeihen untereinander. Jedes Mitglied hat seine eigene Macke. Jeder geht privat einen anderen Weg. Dennoch ergänzen wir uns im Proberaum und auf der Bühne wie ein eingespieltes Team. Ich selbst habe nach einem Weg gesucht, um meinen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Um selbige verarbeiten zu können. So fand ich zur Musik. Ich habe bisher schon Klavier, Bass, Flöte und Gitarre gespielt und mich auch mal an einer Geige versucht – wobei ich aber auf meine Grenzen gestoßen bin. Ich fand also zur Musik auf der Suche nach selbiger“, so Beleth.

Wie er offen zugibt, hat er seine Schwierigkeiten damit, die eigene erzeugte Musik zu beschreiben.

„Ich denke, für einen Musiker ist es ohnehin nicht leicht seine eigene Musik selbst zu umschreiben. Ich selbst würde sagen, dass wir Black Metal mit ein paar Death- und Doom-Einlagen bieten. Eine andere Umschreibung fällt mir da nicht ein. Wir gehen unseren eigenen aber doch schon wiedererkennbaren Weg. Alles auf einer geraden Linie. Vielleicht gibt es hier und da mal eine kleine Kurve, aber das sei gestattet.“

Und Cerberus möchten ein bestimmtes Publikum ansprechen: „All diejenigen, denen unsere Musik etwas gibt. Die sich einen Vorteil aus unseren Kreationen heraus ziehen können, vielleicht gar das eine oder andere Erlebnis mit unserer Musik verarbeiten können. Kurz, unsere Lieder sind geschrieben für alle, denen sie gefallen.“

Cerberus, der dreiköpfige Hund, bewacht der griechischen Sage nach das Tor zu Hades´ Reich. „Auf unserem Album „Chapters Of Blackness“ haben wir dieser Kreatur eine eigene Geschichte erschaffen. Uns bedeutet dieser Name sehr viel. In unseren Augen bedeutet Cerberus Freund. Familie.“

Das Quintett hat das aktuelle Album laut Statement von Beleth in einem Solinger Studio aufgenommen. „Die Zeitspanne dazu kann ich jetzt leider nicht so genau nachvollziehen, da auch viele Arbeiten daran ohne unser Beisein gemacht wurden und wir die Stunden im Studio auf verschiedene Termine verteilt hatten. Das Ganze war ein hartes Stück Arbeit, weil ein paar Dinge nicht so gelaufen sind wie sie sollten. Aber wenn man ein zufriedenstellendes Ergebnis erreichen will muss man dafür auch ein wenig arbeiten.“

Wer nun welchen Song für „Klagelieder – Grabesgesang” geschrieben hat, das ist für ihn im Nachhinein relativ schwer zu sagen.

Denn alle beteiligten Musiker tragen ihren eigenen Teil dazu bei, so der Sänger.

„Jemand hat eine Idee und trägt sie vor. Die anderen ergänzen das Ganze mit den eigenen Instrumenten oder verbessern hier oder da mal ein klein wenig. Zum Schluss kommt auf jeden Fall immer ein Ergebnis raus, bei dem wir alle mitgewirkt haben. Von daher würde ich sagen, das wir alle diese neuen Lieder geschrieben haben. Wenn jemand einen neuen Part mit in den Proberaum bringt, dann ist selbiger entweder zuhause oder sonst wo aus dem Bauch heraus entstanden. Das Hinzufügen der anderen Instrumente und des Gesangs kommt dann ebenfalls aus dem Bauch heraus. Wir möchten nur Dinge in unserer Musik verarbeiten die uns auch wirklich gefallen. Und von daher ist es wichtig, dass jeder aus dem Bauch heraus arbeiten kann und dies auch tut.“

Einen typischen Cerberus-Song erkennt der aufmerksame Hörer an der Zusammensetzung und auch am Zusammenspiel der einzelnen Elemente, so erklärt Beleth. „Eine Zeit lang habe ich zum Beispiel bei einer anderen Band kurz ausgeholfen. Als wir mit dieser Band ein Konzert hatten, haben die meisten Hörer die auch Cerberus kennen, genau gewusst welche Parts aus meiner Feder stammen. Ich denke allein von daher schon, dass wir einen gewissen Wiedererkennungswert besitzen. Auch wenn wir Freunde oder Fans fragen, zu welchem Stil sie uns einordnen würden, sagen die meisten, dass sie uns einfach nur als Cerberus sehen. Man kann uns nicht genau einordnen. Ich denke, genau dass macht uns auch aus. Dennoch geben wir stets vor, dass wir einfach nur Black Metal spielen, da der Hauptteil bei uns eben aus Black Metal-spezifischen Parts besteht.“

Als Einflüsse und Inspirationen reichen der Band Erfahrungen, Emotionen und Erlebnisse im privatem Leben. Beleth: „Ganz egal, was auch kommt, wir werden es überleben und in unserer Musik davon berichten. All das macht uns stark und ist auch unser größter Einfluss in unserer Musik.“

Eigentlich ist der Sänger der Ansicht, wie er bekennt, dass die Texte absolut keine Aussagekraft in der Musik von Cerberus haben.

„Ich denke, das Musikalische ist das Wichtigste bei uns, da genau dort die ganzen Emotionen zum Ausdruck gebracht werden. Sicher schreiben wir für ein Album auch Texte, die gut in das Konzept des Albums passen. Aber live singe ich über die Dinge, die gerade akut in den Leben der Bandmitglieder und damit auch in unseren Köpfen herum schwirren. Es geht einfach nicht, das ich einen Text bei jedem Mal als gleich wichtig empfinde und somit kann ich festen Texten auch keine große Bedeutung beimessen. Aber ich denke trotzdem schon, dass unsere Texte, auch wenn sie mir selbst nicht wichtig erscheinen, eine große Aussagekraft für die Hörer unserer Musik haben können. Die Texte sind ja auch nicht einfach so entstanden, sondern kommen wie unsere Musik aus dem Bauch heraus. Es sind Gedankenzüge, die sich in unseren Köpfen teilweise festgesetzt haben und die wir auf diesem Wege dem Hörer ein wenig näher bringen wollen. Es ist für uns also so etwas wie ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite kann ein Songtext jemandem etwas ganz Besonderes geben, aber auf der anderen Seite gibt es halt auch Menschen, die sich lediglich für die Musik interessieren. Sie wollen die Texte erst gar nicht wissen, da sie dann nicht mehr unvoreingenommen an die Musik heran gehen können, um ihre eigenen Interpretationen mit ins Spiel zu bringen. Von daher ist es hier und da schon mal ganz gut, dass ein paar Bands nicht alle ihre Texte abdrucken.“

Am allermeisten ärgert sich der Shouter über (weltweite) Politik, wie er mit eindeutiger Antwort zu verstehen gibt. „Wenn ich auf dieser Welt was zu sagen hätte, würde ich als erstes die Gehälter von Spitzensportlern, Politikern oder sonst irgendwelchen Höchstverdienern ändern. Sie haben das viele Geld einfach nicht verdient, da jemand, der auf dem Bau arbeitet, weit mehr leistet als diese Menschen. Zudem würde es in einigen Ländern Verbesserungen der finanziellen Art geben, solange, bis es niemanden mehr geben würde, der mehr oder weniger als andere verdient. Gleichberechtigung ist meiner Auffassung nach das A und O.“

Die Presse- und Fan-Reaktionen zum aktuellen Werk „Klagelieder – Grabesgesang” sind derzeit noch am Laufen. „Hier und da gab es schon mal ein gutes Review oder ein Interview in einem der Magazine, die den Markt dominieren oder auch noch etwas kleiner sind. Das ist ja sowieso eine Frage, die man wohl erst so sechs Monate nach Veröffentlichung einer Platte in Betracht ziehen kann, da sich bis dahin eindeutig mehr getan haben wird. Wir selbst sind schon zufrieden mit dem neuen Album. Besser hätten wir es zum jetzigen Zeitpunkt nicht hinbekommen können.“

Was Konzerte von Cerberus angeht, da tun sich die Schwarzmetallschmiede noch ein wenig schwer, wie Beleth verlauten lässt.

„Zu 90 Prozent habe ich die Konzerte bisher organisiert, auf denen wir auch anwesend waren. Die anderen 10 Prozent sind wir eingeladen worden. Aber auch ich stoße momentan des Öfteren auf meine körperlichen Grenzen, was dann leider eine Auswirkung im negativen Sinne auf unsere Live-Aktivitäten hat. Ich schaffe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr, mich um alles zu kümmern was ich mir im Laufe der Jahre aufgehalst habe. Ich versuche meist zu vielen Menschen zu helfen. Das ist eines der Probleme die ich so habe. Aber wenn dies hier eine Booking-Agentur liest und diese Interesse daran haben sollte, uns das eine oder andere Konzert in NRW zu vermitteln, kann diese sich gern bei demonbeleth666@gmx.de melden.“

Ganz nach Stimmung wird auf der Bühne Blut gespuckt oder mit etwas ausgefallener Kleidung auf die Bretter gegangen.

„Meist haben wir auf jeden Fall den Kontakt mit den Hörern im Auge. Wir wollen, dass sich die Zuschauer so fühlen als wären sie mitten drin. Von daher bekommt mal hier und mal da auch jemand das Mikro in die Hand. Wenn wir die finanziellen Mittel und Wege hätten, was Großartiges zu bieten, würden wir das auch sofort tun. Ich habe da schon so einige Pläne im Kopf, die wirklich bombastisch und auch ebenso einmalig wären. Aber das nötige Kleingeld dazu fehlt uns. Ich finde das auf eine gewisse Art und Weise wirklich schade, da diese Ideen so lediglich in unseren Köpfen bleiben und wohl nie jemand in den Genuss einer wirklich geilen Show von uns kommen wird. Aber auch ohne das besagte Kleingeld geben wir auf der Bühne immer unser Allerbestes. Denn wir wollen, dass die Leute nach dem Gig aus der Halle gehen und sich sicher sind, dass sie das Geld für die Eintrittskarte gut angelegt hatten.“

Wie Beleth abschließend bekundet, sind Cerberus die ganze Zeit mit irgendwelchen neuen musikalischen Ergüssen beschäftigt, und es gibt auch immer irgendwelche entsprechenden Pläne.

„Wir sind ständig bei der Arbeit damit, neues Song-Material zu schreiben und es solange zu befeilen, bis ein gutes Ergebnis zustande kommt. Was Konzerte angeht, sieht es bei uns ja wie gesagt recht mager aus. Wir haben uns jetzt aktuell bereits wieder bei ein paar Festivals beworben, aber man kennt das ja – von 1.000 schafft es letztendlich eine einzige Band. Da sehen die Chancen meist mager aus. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, wird im Endeffekt ja doch ohnehin immer eine Band genommen, die am meisten gesellschaftsfähig ist. Von unserer Seite aus möchten wir auch für das wirklich interessante Interview danken. Wir wünschen dir mit Metalmessage auch weiterhin viel Erfolg. Und an all die anderen dort draußen: Black Fucking Metal!“ Exakt.

© Markus Eck, 07.03.2006

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