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Interview: CARPATHIAN FOREST
Titel: Sadomasochistische Bekenntnisse

Carpathian Forest agieren bereits seit Anfang der Neunziger unter dem Banner des gehässigsten Black Metal, den man sich nur vorstellen kann. Das Quartett mit der primitiven rotzig-punkigen Attitüde in den Kompositionen warf 1992 ein Demo namens „Bloodlust And Perversion“ in den Underground, der dieses begeistert aufnahm.

Nach zwei weiteren Tapes, die global zirkulierten, debütierte man schon 1995 mit dem Minialbum „Trough Chasm, Caves And Titan Woods“, welcher zwei Jahre später das Album „Bloodlust And Perversion“ folgte.

Letzteres enthielt aufgrund des guten Absatzes das Demo und die beiden anderen Rehearsal-Tapes als Re-Release. Carpathian Forest, die sowohl anfänglich als auch jetzt aus den beiden Gründern Nattefrost (voc./ git./ key.) und Nordavind (git./ synth./ voc.) bestanden, welche immer wieder Gastmusiker rekrutierten, konnten sich mit diesen unheiligen Aktivitäten schon mal einen gut reputierten Namen in dieser Branche machen.

Und besagter Name gewann mit dem 1998er Album-Release „Black Shining Leather“ enorm an Größe. Denn auf diesem Werk zeigte die Band beziehungsweise das Duo, wozu man wirklich fähig war.

Bestens verstärkt durch Solefald-Drummer Lazare wirbeln die zehn stark blasphemischen Nackenbrecher inklusive dem The Cure-Cover „A Forest“ erneut gar vehement durch die Gruft.

Jedoch zeugt gesteigertes Spiel- und Komponiervermögen vom Reifeprozess der beiden besessenen Schurken.

In den Lyrics reflektiert sich abermals die sadomasochistische Ader Nattefrosts.

Die Scheibe fand einiges wohlwollendes Presse-Echo in allen relevanten Magazinen und verkaufte sich glänzend.

Grund genug für die wiederum neu verstärkte Gruppe, die wieder mal in der klassischen Viererbesetzung wütet, einige ältere und unveröffentlichte Songs im neuen Gewand einzuspielen und dieser Tage unter dem Titel „Strange Old Brew“ von der Leine zu lassen.

Nieten-Fan Nattefrost steht dazu bereitwillig Rede und Antwort.

„`Strange Old Brew` enthält einige etwas ältere Tracks aus unserer Death Metal-Periode, die wir einfach für zu gut hielten, um sie wegzuwerfen und ungehört verrotten zu lassen. Dieses Werk soll ein gut mundender Vorgeschmack auf unser im nächsten Jahr erscheinendes nächstes Album sein.“

Wird die mit dem aktuellen Release eingeschlagene Route weiter verfolgt werden?

„Die Platte wird vom Stil her eine Art `Black Death Rock´n´Roll` enthalten. Wir haben unsere musikalischen Vorlieben mit den Jahren etwas geändert und dieser Entwicklung folgte natürlich auch unsere eigene Musik. Der Sound der kommenden Scheibe wird starke Anleihen bei Motörhead sowie erneut Jazz- und Rock´n´Roll-Elemente beinhalten. Du kannst dich schon mal auf ein Hörerlebnis der besonderen Art vorbereiten!“ Werde ich.

Diese sehr spezielle Art der musikalischen Weiterentwicklung kann man derzeit bei so einigen anderen bekannten Black Metal-Outfits ebenfalls beobachten. Nattefrost offenbart:

„Ich bin schon sehr froh, nicht in einer der Hochburgen des derzeitigen Black Metal zu leben. Hier in Stavanger ist es in dieser Richtung vergleichsweise ruhig und außer den ganzen Gothic-Acts wie The Sins Of Thy Beloved gibt es hier nicht so viele diabolische Horden. Nennenswert wären noch Gehenna, die einen ebenso von der Außenwelt wenig beeinflußten Stil pflegen.“

Das Material auf „Strange Old Brew“ klingt wieder sehr rauh und dreckig. War das Absicht? Nattefrost:

„Ja, auf jeden Fall. Wir waren sechs Wochen in der Zeit von Anfang Januar bis erste Hälfte Februar im Soundsuite-Studio zugange und haben durchgehend voll aus dem Bauch heraus und immer auf den Punkt gespielt. Wir haben mit Tchort, der früher mal bei Satyricon und auch bei Emperor spielte, einen fähigen Basser sowie mit A. Kobro von In The Woods einen sehr guten Trommler in die Band eingebracht. Dermaßen kompetent verstärkt konnten wir ohne viel Federlesens und langes Proben zur Untat schreiten. Leider ist das Studio komplett von Norwegen jüngst nach Frankreich umgezogen, weswegen wir für die folgenden Aufnahmen wohl auch dorthin reisen werden. Wir wollen aber auf jeden Fall wieder im Soundsuite aufnehmen, da dort Leute arbeiten, die wissen, was eine Band sich für einen Sound vorstellt.“

Deswegen wohl auch der passende Name des Studios. Ist das Line-Up denn nun endlich einmal stabil?

„Nein, leider nicht. Wir haben unlängst mit Vaengsimm von der Band World Destroyer einen neuen sehr guten Bassisten zu uns geholt. Mit ihm harmonieren wir bis dato sehr gut. Mal sehen, wie lange.“

Die Lyriken speziell des `Black Shining Leather`-Albums waren ja sehr sadomasochistich ausgerichtet. Wir erfahren dazu:

„Jawohl, das ist meine delikate private Neigung. Ich finde die Beziehung zwischen Herr und Sklavin eben einfach wundervoll! In unseren Songs kann ich meine Phantasien auf herrliche Weise ausleben.“ Suum cuique.

Kann Nattefrost angesichts der gewählten Stilistik denn von der Musik leben? „Nein, wir haben alle unsere Jobs. Ich arbeite beispielsweise in einer Metallfabrik, und das ist gut, denn so kann ich immer meine eigenen individuellen Nieten in allen Größen herstellen!“ Na, das ist ja wirklich sehr praktisch. Wahrscheinlich versorgt er noch das ganze Umfeld mit diesen bizarren Requisiten.

Haben Carpathian Forest schon mal in Good Old Germany aufgespielt? „Ja, und zwar beim `Under The Black Sun`-Festival, welches unser erster Gig bei euch war. Wir spielten dort letztes Jahr als Headliner. Wir kamen, um mit unserer Musik zu provozieren, was auch vollauf gelungen ist. Das Publikum verstand meine eindeutig zweideutigen Jokes in keinster Weise, was immer wieder horizontales Kopfschütteln und betretene Verdutztheit hervorrief. Ich glaube, daß war typisch deutsch.“ In Bezug auf Black Metal ganz sicherlich.

© Markus Eck, 11.10.2000

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