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Interview: BLACK MESSIAH
Titel: Freunde

Auf ihrem neuen Album „Heimweh“ halten die bemerkenswert standhaften Gelsenkirchener Pagan Metal-Gevattern sich und ihrem einzigartig-zeitlosen Stil einmal mehr die absolute Treue.

Obwohl das Frontcover diesmal vollends schlicht ausgefallen ist, trifft dies auf die Musik an sich aber erwartungsgemäß keinesfalls zu. Geboten wird nämlich auch im aktuellen Falle das obligatorisch hoch erhebende Klangbild der verschworenen Ruhrpott-Rotte um den Fronthünen, Vokalisten und Fidelspieler Zagan.

Black Messiah schmieden wieder mit animierend knackig rhythmisierten Notenschlägen ihren kernig-hart legierten Heidenstahl, den die Formation betont ästhetisch mit vollmelodisch stimmungsvollen Tabulatur-Wonnen überzieht.

Episch beeindruckend ausladend gerahmt und von überwältigenden Gefühlsausbrüchen durchzogen, entwickelt auch diese neue Liederkollektion in zügiger Manier wesentliches Bezwinger-Potenzial. Und so beinhalten auch die neuen Kompositionen genau das fesselnde Flair, für das dieser "Schwarze Messias" bei seinen Anhängern ebenso beliebt wie wertvoll geworden ist.

Der große, künstlich aufgeblähte Pagan-, Viking-, und Folk Metal-Boom ist ja nun schon länger wieder vorbei. Wir sprechen dennoch zunächst ganz gemütlich darüber, wie eine spezielle Genre-Band wie Black Messiah diese Entwicklung erlebt.

„Wie bei allen Dingen im Leben hat das natürlich Vor- und Nachteile. Es war durchaus klar, dass nach all den Jahren, in denen der Pagan Metal boomte wie geschnitten Brot, auch irgendwann die Sättigung erreicht ist, wo es abwärts geht. Auf der einen Seite hatten auch wir durch diese fette Zeit viele Konzerte und waren ständig unterwegs. Auf der anderen Seite war es auf Dauer aber auch einfach zu viel des Guten. Hier im Ruhrgebiet konnte man jedes Wochenende auf drei Pagan-Konzerte rennen, das kann auf Dauer nicht gut gehen. Da schossen Bands wie Unkraut aus dem Boden, die teilweise nicht mal ihre Gitarren stimmen konnten, aber dennoch gesigned wurden.“ 



Und das war, wie Zagan anfügt, seiner Meinung nach die absolute Parallele zur Black Metal-Bewegung, die vor einigen Jahren nicht wenig Aufsehen erregte.

„Es ist wirklich schade, dass es Veranstalter und Agenturen gibt, die jede gute Bewegung bis aufs Blut aussaugen, die damit vier bis fünf Jahre ordentlich Kohle scheffeln und die dadurch im Endeffekt alles kaputt machen. Das ist ja selbst heute noch so, wo man fast schon wieder ganz unten angelangt ist. Solche Kirmesveranstaltungen wie das Heiden- oder Paganfest, wo seit Jahren immer die gleichen Bands spielen, zerstören die Szene. Man verstehe mich nicht falsch: Würde es jedes Jahr nur einmal so eine Tour geben, dann wäre das ja ganz ok. Die Masse an Veranstaltungen aber nimmt dem Fan und den Bands die Luft zum Atmen. Sicher ist es aber auch so, dass die Szene sich gerade gesund schrumpft. Die Bands, die so eine Phase überstehen, sind meist die hochwertigen oder innovativen der Szene. Wir machen einfach weiter und schauen mal was die Zukunft so bringt. Es scheint allerdings langsam wieder aufwärts zu gehen.“

Wie der Frontmann denkt, ist auch das neueste Album seiner Band wieder „typisch Black Messiah“. Wir erfahren:

„Ich bin davon überzeugt, dass wir seit ,First War Of The World‘ unseren perfekten und eigenen Stil gefunden haben. Diesen führen wir fort und so ist auch ,Heimweh‘ ein Album, bei dem man sicher sofort heraushört, dass es von uns ist. Trotzdem haben wir mit dem Titeltrack auch mal Neuland betreten, indem wir einen Song gemacht haben, der rein akustisch gehalten ist. Wenn man genau hinhört, dann kann man an einer Stelle eine kleine E-Gitarren-Line ausmachen, aber mehr ist da nicht drin. Stattdessen haben wir bei diesem Song mit Cello, Tin-Whistle, Geige und einem Frauenchor gearbeitet. Der Rest des Albums ist, so denke ich, das, was ein Black Messiah-Fan von uns erwartet. Wir erzählen weiterhin Geschichten der alten nordisch-germanischen Mythologie und bewegen uns musikalisch im pompösen Metal-Bereich mit vielen folkigen, klassischen und melodiösen Elementen. Das, was auf diesem Album anders ist, ist die Tatsache, dass wir nur den Opener auf Englisch singen. Alle anderen Songs sind diesmal in unserer Muttersprache gehalten.“

Auch das neue Material ist laut Ansicht des Autoren erneut mit so einiger Hymenhaftigkeit versehen.

War das von Anfang an so beabsichtigt, Zagan?

„Nein. Vielleicht ist es ein Armutszeugnis, wenn ich sage, dass wir niemals vorher beabsichtigen etwas genau so oder so klingen zu lassen. Wir schreiben einfach Songs und wissen am Anfang nicht was dabei im Endeffekt herauskommt. Wenn uns das Ergebnis gefällt ist es gut, wenn nicht, stricken wir weiter daran. Ich denke aber, dass eine Art Hymnenhaftigkeit sicher nicht falsch ist wenn man über Mythen und Legenden singt. Leute die uns nicht mögen kritisieren genau das. Meiner Meinung nach ist es aber eine der Hauptessenzen für unseren Sound. Wenn man Texte über die Lüneburger Heide schreibt, wo Häschen hoppeln und Blumen bestäubt werden, kann man dabei schlecht extrem brutalen Metal verwenden. Singt man über die Zustände in der Bronx, so kommt es nicht gut wenn man Musik im Andre Rieu-Stil drunter legt. Wir singen über heidnische Götter und mythologische Themen, wir brauchen nach wie vor Bombast und Hymnen.“


Der Gesang des angenehm umgänglichen Bart-Bärs mag einem diesmal teils doch etwas zahnlos vorkommen, fast so als hätte ihn etwas davon abgehalten, grimmig und bissig zu vokalisieren. Nichts gegen voluminöse und erhabene Klargesänge, aber gerade in „Wildsau“ hätte mehr gehen können, oder?

„Naja, ,Wildsau‘ ist halt irgendwo einer dieser typischen Party-Songs, die wir ja doch ab und zu mal haben. Das der mehr klar gesungen werden sollte ist eigentlich logisch. Ansonsten haben wir ja bei ,Edmund von Ostanglien‘ und ,Heimweh‘ wieder unseren ständigen Gastsänger Markus ,Mönch‘ Wahlers dabei gehabt, der für klare Parts im Bariton-Style zuständig ist. Ansonsten habe ich diesmal wirklich etwas anders gesungen und versucht die Stimme nicht so keifig sondern etwas tiefer zu setzen. Uns hat das gefallen und einigen anderen Leuten die es gehört haben auch. Ich denke, das ist wieder eine Geschmacksfrage. Der eine mag es, der andere nicht. Ich weiß auch nicht ob das auf dem nächsten Album wieder so sein wird. Bei uns passiert halt viel aus einer Stimmung oder einer Idee heraus. Manchmal kann ich Einiges hinterher gar nicht mehr begründen.“

Zagans rührendes Fidelspiel allerdings überzeugt den Verfasser dieser Zeilen auch diesmal restlos.

Übt der Black Messiah-Sänger oft, um solche wunderbar feinen Saiten-Vorträge hinzukriegen?

„Eigentlich übe ich seit Jahren viel zu wenig. Klar, wenn man Aufnahmen oder Konzerte vor der Brust hat, dann tut man das. Ich erwische mich aber auch zu oft dabei, einfach mal die Seele baumeln zu lassen und ,sinnlose Dinge‘ zu tun. Ich habe immer gesagt, dass ich ein Genussmensch bin. Ich brauche das ab und zu. Selbst meine Mitmusiker fragen mich des Öfteren, was ich da wieder treibe und schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie sehen, mit welchem Schwachsinn ich teilweise meine Zeit verbringe. Aber das sollten wir hier nicht vertiefen … mein Ruf steht auf dem Spiel“, offenbart der Bärtige grinsend.


Auf den aktuellen Plattentitel „Heimweh“ sind sind die heidnischen Gelsenkirchener Mannen laut Zagan eigentlich durch einen Zufall gekommen. Er konkretisiert:

„Ich hatte diesen untypischen Song geschrieben und noch keinen Text dafür. Ich habe mich eine ganze Zeit lang gefragt, welche Thematik man mit diesem Song behandeln könnte. Irgendwann hatte ich dann diese Idee mit den Kriegern auf See. Es war ja damals nicht gerade unüblich, dass Schiffe mehrere Jahre am Stück unterwegs waren bevor sie wieder in heimatliche Gefilde geschippert sind. Ich kann mir schon vorstellen, wie hart es sein muss, so lange am Stück unterwegs zu sein und nicht zu wissen, ob man es überhaupt wieder nach Hause schafft. Wenn man sich dann noch vorstellt, so lange seine Kinder und seine Frau nicht sehen zu können, bin ich mir sicher, das Heimweh aufkommt. Als wir dann alle Songs fertig hatten, waren wir uns hinsichtlich des Albumtitels sehr schnell einig. Das Wort Heimweh ist kurz und prägnant. Es hat eine starke Bedeutung und passt auch zu den Dingen, die wir sonst so behandeln. Außerdem waren unsere Vorväter aufgrund von mangelnder Infrastruktur und fehlender Technik noch stärker in Ihrer Heimat verwurzelt als wir heutzutage. Deshalb passt der Albumtitel meines Erachtens sehr gut.“

„Heimweh“ hat man sinngemäß nach der Heimat. Wie definiert mein Gesprächspartner den Begriff für sich ganz persönlich? Lebt er gern in seiner Heimat beziehungsweise hat er eigentlich jemals mit dem Gedanken gespielt, woanders hinzugehen? Es folgt Offenheit:

„Für mich bedeutet Heimat der Platz wo meine Familie ist, wo meine Freunde sind, wo ich aufgewachsen bin und wo ich mich wohl fühle. Ich lebe gern in meiner Heimat Gelsenkirchen mitten im Ruhrpott und mitten in einer Industrieregion. Mein Vater hat hier in der Stahlbranche malocht und ich bin ein typisches Arbeiterkind. Das klingt vielleicht für Paganisten seltsam; aber ja, ich fühle mich hier sauwohl. Natürlich liebe ich auch die Natur und genieße sie, wenn ich die Chance dazu habe. Trotzdem fehlt mir meine gewohnte Umgebung, wenn ich mal länger nicht daheim bin. Ich bin halt vom Ruhrpott geprägt und auch durchaus stolz darauf, hier verwurzelt zu sein. Ich habe mein ganzes Leben bisher hier verbracht und werde es, so wie es bisher aussieht, auch hier beenden. Zu meiner Heimat gehören neben Familie und Freundeskreis natürlich die Band Black Messiah, Schalke 04, die gemütlichen Ruhrpott-Eckkneipen (die leider immer mehr verschwinden), die Lebensart und die Herzlichkeit der Leute, die hier wohnen, und ab und zu ein Glas Whisky. Ja, ich weiß, zum Ruhrpott passt eher ,dat Pilsken‘, aber ich trinke lieber Whisky.“

Jetzt wird‘s persönlich: Hatte Zagan selbst je richtiges Heimweh? Also so schlimm, dass es ihm salzige Tränen in die Augen trieb?

„Nein“, so der Kerl, „das liegt aber sicher daran, dass ich niemals so lange von zu Hause weg war, dass das hätte passieren können. Ein paar Wochen Tour oder ein Urlaub lassen einem nicht die Zeit, um Heimweh zu haben. Ich denke aber, dass ich sicher darunter leiden würde, sollte ich mal das Pech haben über Jahre hinweg woanders leben zu müssen.“

Apropos: Dürfen (Pagan Metal)Männer weinen?

„Natürlich. Sei mal vier Minuten Deutscher Fußballmeister und dann reißt Dir ein Schwede im Bayern-Trikot noch die Schale aus der Hand … da habe ich Rotz und Wasser geheult … [ lacht] Nein, aber mal im Ernst: Jeder darf weinen. Jedes menschliche Gefühl hat seine Berechtigung und jedes menschliche Gefühl sollte von jedem intensiv erlebt werden. Trauer ist sicher eines der stärkeren Gefühle. Ich selber habe das auch schon erlebt, dass ein sehr guter Freund an einer miesen Krankheit gestorben ist. Da kann man seine Gefühle nicht zurückhalten und auch heute noch, einige Jahre später, stehen einem manchmal die Tränen in den Augen, wenn man in einer ruhigen Minute daran denkt. Mütter, die Ihre Kinder verlieren weinen. Väter tun das auch. Ich denke, es ist ziemlich egal, ob man Pagan Metaller oder Chanson-Freund ist. Gefühle machen keinen Unterschied zwischen Zugehörigkeiten.“


Das weitere Gespräch behandelt die Essenz im Sinn der größten Stärke der Band beziehungsweise das, was Zagan darunter versteht.

„Ich denke, unsere größte Stärke sind unsere Melodien. Wir machen schon lange nichts mehr ohne Melodien. Jeder Part hat eine und die meisten bleiben bei den Hörern auch hängen. Als unser Frangus nach der ,First War Of The World‘ zu uns gestoßen ist, hat er gesagt: ,Nimm‘ doch einfach mal den Song ,Gulveig‘, da sind so viele Melodien drin, daraus machen andere Bands fünf oder sechs Songs.‘ Und ehrlich gesagt hat der damit vollkommen Recht. Ich höre mir ja ziemlich viel an. Teilweise gibt es Releases, da hat man in neun oder zehn Songs gerade mal zwei Melodien. Bei uns hat man in einigen Songs sieben oder acht davon.“

Der Großteil des Songwritings stammt diesmal fast alles aus seiner eigenen Feder, so der kumpelhafte Frontmann.

„Das war auch so dem Zufall geschuldet. Bei uns sind letztes Jahr aus mehreren Gründen viele Proben ausgefallen und ich habe die Zeit genutzt und habe einfach mal munter drauf los geschrieben. Bisher war es immer so, dass Songs eigentlich in Zusammenarbeit entstanden sind. Ich denke, dass das auch in Zukunft wieder so sein wird. Ich mag es, wenn viele Einflüsse aufeinander krachen. Die Mixtur, die im Endeffekt dabei herauskam, ist wieder mal der typische Black Messiah-Style.“

Das Schöne am Pagan Metal ist für ihn, und das hat Zagan laut eigenem Bekunden schon immer gesagt, sowieso, dass die meisten Bands wirklich unterschiedlich klingen.

„Das liegt daran, dass man im Pagan Metal quasi alle Musikrichtungen und auch kulturelle Stil-Richtungen verwenden kann. Der Begriff ,heidnisch‘ bedeutet ja zunächst einmal ,nicht christlich‘. Deshalb gibt es in unserem Metier viele vollkommen eigenständige Bands. Black Messiah besticht mit Sicherheit durch die Mixtur aus tragenden Melodien und Bombast. Hinzu kommt die Violine, die keine andere Band so einsetzt wie wir es tun. Das ist uns sehr eigen. Ich habe vor einiger Zeit schon mal in einem Interview erzählt, dass ich vor Monaten mal im TV ein Gespräch mit David Garrett gesehen habe, indem er behauptet, er hätte was vollkommen Neues erfunden. Als der Moderator ihn ganz gespannt fragte, was das denn sei, antwortete er, dass er die einmalige Idee gehabt hätte, jetzt mal Heavy Metal mit Geige zu machen. Alle im Fernsehstudio waren von der ,einmaligen‘ Idee ganz angetan … ich übrigens auch“, prustet Zagan belustigt heraus.

Geht es um anschließende Frage, welche Dinge Black Messiah für ihre neueste Musik massiv beeinflusst haben, falls überhaupt, so runzelt der Mann zunächst die Stirn, um dann aber ganz entspannt darzulegen:

„Es ist immer schwer, auf eine solche Frage zu antworten. Wir haben uns einfach hingesetzt und Musik gemacht. Es wäre gelogen, jetzt zu behaupten, dass der eine Song mir eingefallen ist als ich im Sommer am Strand saß und den Sternenhimmel beobachtet habe. Es kommt einfach. Sicher gibt es auch ab und zu mal eine Ausnahme, aber diesmal haben wir einfach geschrieben. Ich denke, man muss nicht immer existenzielle Erlebnisse haben um gute oder auch schlechte Songs zu schreiben.“

Das Spannendste beim Songwriting, so der singende Ruhrpott-Violinist, sind für ihn eigentlich ohnehin immer genau diejenigen Songs, die aus dem Raster fallen.

„Zu erleben, wie die sich teilweise im Studio erst entwickeln und zusammenwachsen, ist wirklich interessant. Bei diesem neuen Album jetzt sind das die Songs ,Wildsau‘ und ,Heimweh‘ gewesen. ,Heimweh‘ war so im Proberaum natürlich gar nicht spielbar. Jedenfalls nicht in dieser Version. Und auch ,Wildsau‘ entwickelte seinen vollkommenen Charme erst im Studio. Es ist faszinierend zu erleben, wie kleine Melodien anfangen zu leben, wenn man sie mit Chor und Orchester aufbläst. Wir arbeiten eigentlich immer so, dass wir am Anfang eine Melodie haben und die dann mit den Stilmitteln der Klassik aufpumpen. Danach entwickelt sich der Rest des Songs meistens von ganz alleine.“

Die eigentliche Stärke in der Gruppe ist laut weiterer Aussage des Bandbosses der Zusammenhalt und die Freundschaft, die sich nach all den Jahren zwischen den Musikern und auch ihrer Crew entwickelt hat.

„Es ist nicht nur so, dass wir uns alle aufeinander verlassen können, sondern dass wir auch alle ungefähr denselben, schwarzen und schwachsinnigen Humor haben. Wir lachen eigentlich dauernd. Das macht natürlich alles leichter, als wenn man neben dem Ärger, der oftmals anfällt, sich auch noch mit Mitmusikern rumschlagen müsste, die man gar nicht leiden kann. So etwas gibt’s bei uns nicht. Wir entscheiden alles zusammen und helfen uns gegenseitig, auch privat, wenn es möglich ist. Wir verbringen auch neben der Band viel Zeit miteinander, sind abends auch gemeinsam unterwegs und feiern wie und wo es gerade geht. Wir sind eine Einheit. Und genau das macht es auch immer schwer, jemanden Neuen zu finden, wenn ein altes Mitglied sich verabschiedet.“

Apropos, es gab bei Black Messiah einen Line-Up-Wechsel. Wer ist der Neue und warum ging der vorherige Musiker?

„Ja, das stimmt. Unser Meldric hat uns nach acht Jahren verlassen. Damit brach natürlich ein sehr ursprünglicher Teil von uns weg. Es war nicht so einfach, jemanden zu finden, der in allen Punkten zu uns passt. Deshalb haben wir die neue CD auch erst mal mit fünf Musikern gemacht. Wir wollten uns die Zeit nehmen, den Richtigen zu finden. In dieser Periode hat uns der Rene von The Very End live ausgeholfen, wofür ich mich nochmals ganz herzlich bedanken möchte. Auf unserer Release Party zur neuen Scheibe, am 30.11.2013 im Oberhausener Helvete, werden wir dann auch unseren neuen Mann an der Klampfe vorstellen. Dabei handelt es sich um den Pete, der schon bei Tsatthoggua und Ninnghizhidda aktiv war. Ich selber habe ja auch mal eine kurze Zeit als Sänger und Bassist bei Ninnghizhidda verbracht, und da haben wir uns kennengelernt. Das schöne ist wirklich, dass Pete 100 % zu uns passt. Musikalisch und menschlich habe ich da überhaupt keine Bedenken. Was die erfragte Harmonie in der derzeitigen Band-Mannschaft auf zwischenmenschlicher und künstlerischer Ebene angeht, das könnte nicht besser sein. Ideen, egal ob musikalischer oder organisatorischer Art, kommen bei uns aus jeder Ecke. Wir sind keine Kollegen, wir sind Freunde. Ich würde von idealen Voraussetzungen sprechen, was Musiker und Crew angeht.“

Die Frage, welche seine wichtigste, liebste oder wertvollste (Metal)Platte überhaupt ist, kann Sammel-Freak Zagan schnell blitzschnell kontern.

„Das ist sofort beantwortet. Meine wichtigste Platte ist mit Sicherheit die ,Abigail‘ von King Diamond. Ganz einfach deshalb, weil dieses Album mich zum Heavy Metal gebracht hat. Als ich sie damals hörte war ich infiziert. Meine wertvollste Scheibe ist die ,Japanese Assault‘ von Venom. Ich bin ein riesiger Venom-Fan und Sammler. Ich besitze 61 Venom-Platten, alles Vinyl. Ich habe ein Schweinegeld dafür rausgehauen und bedaure davon keinen Pfennig. Ich habe für diese Platte damals 400,- DM bezahlt und der Wert ist seitdem sogar gestiegen. Was das Ding heute genau kostet weiß ich nicht.“

Sein Sohn ist mit der Zeit selbst Metal-Fan geworden und spielt Gitarre.

Darum gebeten, hier etwas über den Filius zu erzählen, das andere Väter und Söhne aus dem Metal-Bereich interessiert beziehungsweise bestärken kann, freut sich der Ruhrpott-Recke in rührender Weise:

„Mein Kleiner hat bereits mit zweieinhalb Jahren angefangen Venom- und Manowar-Videos zu gucken. Er hat sich damals schon seine Spielzeuggitarre geschnappt und die Musiker auf der Bühne daheim bei uns nachgemacht. Als er dann irgendwann Iron Maiden entdeckte, war ihm gar nicht mehr zu helfen. Er hat das Zeug von denen einfach nur verschlungen. Mit fünf hatte er seine erste, eigene Iron Maiden-Kutte. Und mit sechs war er zeitweise Gast auf dem Rock Hard Festival, wo hunderte von Leuten mit ihm Fotos machen wollten weil so ein kleiner Kuttenträger schon etwas Besonderes ist. Mit sechs hat er zum ersten Mal einen unserer Open Air-Auftritte gesehen. Mit acht habe ich mit ihm zusammen Overkill live gesehen. Mit neun war er auf einem W.A.S.P.-Konzert und mit zehn haben wir zusammen King Diamond und einen Open Air Gig von Maiden bewundert. Er lebt das richtig. Im Moment macht er sich eine neue Kutte weil die alte ja zu klein geworden ist. Ich liebe es ihm zuzusehen und zuzuhören. Ich bin verdammt stolz auf ihn und kann mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Er spielt seit drei Jahren selber E-Gitarre und hat hohe Ziele. Mögen die Götter ihm den Weg dazu ebnen.“

Black Messiah haben dieses Jahr in Wacken aufgespielt. Wie empfand Zagan das - mittlerweile nicht selten arg befremdliche - Drumherum-Festival-Ambiente persönlich? Mittlerweile bewegen sich ja dort tatsächlich überwiegend „Fun-Protagonisten“, die mit Heavy Metal eher weniger bis gar nichts zu tun haben.

„Also, ich sehe das von zwei Seiten: Natürlich ist es eine Ehre und unheimlich genial auf dem Wacken spielen zu dürfen. Das Konzert an sich war für uns auch sicher ein Erfolg. Die Hütte war rappelvoll und die Stimmung unter den Zuschauern grandios. Wir haben eine gute Show gespielt und haben wirklich viel Spaß gehabt. Wenn man die Möglichkeit bekommt, dort auftreten zu dürfen, dann nimmt man die natürlich wahr. Auf der anderen Seite hat dieses Festival mittlerweile eine Menge Volksfest-Charakter. […] Teilweise kommt man sich vor wie auf einer großen Kirmes. Ich war davor das letzte Mal 2002 auf dem Wacken und da hat sich im Laufe der Zeit so einiges verändert. Was ich den Veranstaltern einfach zugute halten muss, ist, dass sie ständig daran interessiert sind, das Festival zu verbessern. Das ist gut. Was mich aber ziemlich gestört hat, ist die Klientel, die da teilweise herumläuft. Ich meine, das ist ein Metal Festival, ich hatte aber den Eindruck, dass 50 % der Leute, die da waren, mit Metal eigentlich gar nix am Hut hatten. Es wirkt wirklich so, als wären viele nur da, weil man so etwas ja einmal im Leben erleben muss. Da kam ich an Zelten vorbei, da haben sie Techno-Musik gehört, und das so laut, dass ich schon richtig wütend wurde. Einige sahen aus wie Rapper und haben sich auch so verhalten … schon erschreckend, so etwas. Naja … aber solange der gemeine Metalhead noch Spaß daran hat, sollen sie es weitermachen. Vom Flair her gefallen mir andere Festivals aber besser“, verlässt es den Mund des Mannes mit einem wissenden Grinsen.

Da wird doch gleich mal genauer nachgehakt. In welche Richtung wird sich das Zagans Ansicht nach die nächsten zehn Jahre weiterentwickeln?

Zu einer monumental-clownesken „Spaßparty“ als kollektives Massenbesäufnis, ohne Substanz, ohne wirkliche individuelle Wahrnehmung durch den Einzelnen etc.?

Wahrlich keine schöne Vorstellung, wie der Autor als Old School-Metaller findet.

„Ich denke, wenn es zu viel geworden ist, bricht es irgendwann zusammen. Genau wie das Dynamo damals. Dass man sich auf Festivals gerne einen hebt ist vollkommen ok, das machen wir auch. Wir reden auch viel Quatsch und machen seltsame Dinge. Aber wenn man sich auf einem Metal Festival aufgrund der Leute eher fühlt wie in einer Dorfdisco, dann läuft was falsch. Wenn ich auf ein Metal-Event gehe, dann will ich auch, dass andere Metaller da sind und nicht die Fraktion der Jungen Union Bergneustadt. Das mag vielleicht hart und engstirnig klingen, aber so sehe ich das. Ich bin ebenfalls ein Old School-Metaller und so lebe ich auch. Und besonders auf Metal Festivals will ich dieses Feeling behalten. Geht doch aufs Oktoberfest, wenn Ihr Abenteuer erleben wollt … oder haltet Euer Gesicht in einen Ventilator, mir egal … aber geht nicht auf Metal Festivals, wenn Ihr keine Metalheads seid!“

Fühlt sich der Black Messiah-Fronter denn schon dezent nervös bei dem Gedanken, das neue Black Messiah-Material alsbald seiner Bühnentaufe zu unterziehen?

„Nein, nervös nicht. Ich freue mich darauf. Es ist immer spannend, neue Songs auszuprobieren und zu sehen wie das Publikum darauf reagiert. In diesem Fall bin ich mal besonders auf die ,Wildsau‘ gespannt. Ich denke ja schon, dass das ein Live-Knaller werden kann. Ich bin mittlerweile eher nervös, wenn ich überlege, welche Songs wir alle nicht spielen können auf einem Konzert. Wir haben jetzt sechs Alben draußen und es wird immer schwieriger, gute Songs auszusortieren, um dem neuen Material auch Raum zu geben. Leider kann man ja keine Drei-Stunden-Shows spielen.“

© Markus Eck, 10.11.2013

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