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Interview: BEFORE THE DAWN
Titel: Von der Magie der Melodramatik

Seit Jahren schon steht der außerordentlich eindringliche und rahmend epische Melodic Dark Metal-Sound dieser finnischen Hoffnungsträger im hohen Zeichen bezwingender Ästhetik.

Denn trotz aller musikalisch stabil transportierten Intensitäten gehorchen die berührend emotionalen Lieder der Skandinavier um Gründer, Grollsänger und Multiinstrumentalist Tuomas Saukkonen den Diktaten von zeitloser Schönheit und edler Anmut.

Wintermusik mit Sonnennuancen, kraftvoll pulsierende Schwermütigkeit sozusagen, deren hypnotischer Anziehungskraft man sich nur schwerlich entziehen kann. Wenn überhaupt. Kürzlich stellte die vierköpfige linientreue Truppe die Arbeiten am Nachfolger zum 2008er Album „Soundscape Of Silence“ fertig.

Und selbst ein erneuter Labelwechsel konnte der individuellen Stilistik von Before The Dawn nichts anhaben, wie die neue Veröffentlichung „Deathstar Rising“ beeindruckend zu offenbaren weiß.

Zielsicher und entschlossen geführt von ergreifend melodramatisch gestimmter Gitarrenarbeit der perfekt akzentuierten Bissklasse und erfüllt vom erfolgreichen Trachten nach Inniglichkeit sind die neuen Kompositionen, deren extramarkante Rhythmuskünste geradezu bestechen können.

Tuomas kann, wie er voller Ehrlichkeit zu berichten weiß, auf richtig gute und richtig miese Zeiten zurückblicken, wenn er umfassend an seine Band denkt:

„Glücklicherweise lief es aber für uns zumeist recht gut, wir hinterließen auf unserem Weg hunderte von Gigs und Tausende von Fans. Und alles in allem besannen wir uns hauptsächlich stets darauf, die Dinge mit jeder unserer Veröffentlichungen vorwärts zu bringen. Und wir sind auch darin besser geworden, denn die letzten paar Jahre muteten insgesamt an wie ein richtig schneller Vorlauf, verglichen mit unseren ersten Jahren, in denen sich die Geschicke von Before The Dawn doch eher zögerlich entwickelten. Dies wird uns gerade derzeit noch mehr als sonst bewusst, denn wir haben nun neben einer traumhaften Bandbesetzung auch eben den neuen viel versprechenden Plattenvertrag in der Tasche, der unsere Möglichkeiten in Sachen Popularität etc. um ein Vielfaches erweitern wird. Ein guter Stand der Dinge und ein stabiler Rahmen, um eine neue und weitere Dekade für die Band zu beginnen“, freut sich der anhaltend musikbegeisterte Finne mit einem anhaltenden Grinsen im Gesicht.

Doch, so Tuomas, hat er trotz der aktuellen guten Situation nicht vergessen, wie er sich in seinen finstersten Stunden fühlte, was Before The Dawn anbelangt. Er resümiert noch tiefer: „Es gab sie, die Tage, an denen ich ernsthaft daran dachte, meinen Fokus auf meine anderen Bands zu legen und Before The Dawn zu verlassen.“

Er spricht im Zuge dessen von Dawn Of Solace, Bonegrinder, Rajavyöhyke, Jumalhämärä, The Final Harvest, Black Sun Aeon, RoutaSielu. Weiter:

„Doch letztlich setzte sich zum Glück mein riesengroßer Dickschädel durch, denn ich kann einfach nicht aufgeben, wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt habe. Egal, was also passierte, und egal, wie schlimm es mir schien, ich biss mich durch und machte weiter. Leicht war es aber natürlich beileibe nicht, denn ich steckte schon eine Menge an Arbeit, Zeit und Geld in Before The Dawn, was die Frustration in den übelsten Momenten der Niederlagen umso größer in mir anwachsen ließ.“

Dazu kam und kommt, so der Spielfreudige, dass er offensichtlich mit zunehmendem Lebensalter immer intoleranter für die vielen Missstände des Musikgeschäftes wurde. Er berichtet:

„Doch derzeit läuft es richtig rund für uns und es geht sehr stark voran, worüber nicht nur ich sehr froh bin, sondern auch der Rest der Band. Ich vermeide es ohnehin, zu weit in die Zukunft zu denken beziehungsweise vorschnell im Voraus zu planen. Damit vermeide ich allzu große Enttäuschungen.“

Endlich, so Tuomas im Weiteren, gelang es der finnischen Gruppe, den kompletten Entstehungsprozess für das aktuelle Album „Deathstar Rising“ reibungsfrei zu durchlaufen. Er weiß zu erzählen:

„Von den ersten Schritten des Songwritings bis hin zum Mastering lief diesmal alles wie am geölten Schnürchen, es gab keinerlei Schwierigkeiten zu überwinden. Die gesamte Bandbesetzung machte durchgehend eine fantastische Arbeit. Vor allem dann im Studio kristallisierte sich heraus, wie verdammt gut wir diesmal zusammen harmonierten. Glücklicherweise war auch die gesamte Technik dort auf unserer Seite, somit hatten wir keinerlei hindernde Umstände beziehungsweise Rückschläge unserer Lieder hinzunehmen. Und das wurde schließlich auch allerhöchste Zeit, denn die letzten Jahre kam uns wirklich immer irgendetwas dazwischen im Studio“, gibt er mit lachender Miene preis.

Förderlich hinzu kam laut Aussage des Multiinstrumentalisten für die Aufnahmen der neuen Kompositionen von Before The Dawn, dass der Fokus dieses Mal mehr auf die Produktion an sich gelegt wurde. Er expliziert:

„Ein Schachzug, von dem wir schon nach sehr kurzer Zeit in den Studioräumen erheblich profitieren konnten. Es gab kein Puzzle an vielen guten Song-Ideen zusammenzusetzen, was man bereits in den ersten 30 Sekunden der Platte deutlich hören kann. So gelang uns der bislang stärkste Sound und die bisher beste Produktion von Before The Dawn. Ich wollte ohnehin ein sehr Gitarren-lastiges Album kreieren. Im Zuge dessen kippten wir sämtliche Tastenklänge aus unserer Musik heraus, um den schweren Riffs der Rhythmus- und den schneidigen Parts der Lead-Gitarren soviel Raum wie nur irgend möglich zu gewähren.“

Doch den grundsätzlichen, den typischen Stil, für den Before The Dawn bekannt und beliebt wurden, will er auch künftig nicht bewusst beziehungsweise gezielt verändern, sondern eher veredeln, so der Finne. Wir erfahren:

„Bei uns läuft das eher auf unbewusster Ebene ab. Unsere Musik enthält Einflüsse aus vielen verschiedenen Metal-Stilistiken, während wir zwei differente Gesangsarten einbringen. Und jedes Jahr kommen eine Menge Einflüsse dazu bei uns. So modifizieren sich kleine Nuancen ganz von selbst, wir müssen da gar nicht viel tun. Der primäre Stil aber bleibt im Großen und Ganzen gleich, und somit ist es eigentlich auch ausgeschlossen, dass wir uns als Band wiederholen. Wenn ich Songs schreibe, denke ich sowieso nicht viel drüber nach, wie sie später klingen beziehungsweise ob sie bereits vorhandenen ähneln. Ich komponiere präziser gesagt genau das, was mir persönlich am besten gefällt und was ich später auf der Bühne am liebsten live spiele.“

Und diese Einstellung teilen die vier Beteiligten in vollkommener Übereinstimmung, wie in Erfahrung zu bringen ist. Er zieht die Augenbrauen hoch und konstatiert entschlossen: „Nach zehn Jahren harter Übungsarbeit in Sachen Songwriting und Albumproduktion haben wir es geschafft, alles Überflüssige und alles Unsinnige aus unserer Musik komplett herauszuhalten. Und dazu zählt neben den reinen musikalischen Bestandteilen auch der Druck von außen, von den Fans und Labels etc. Dagegen sind wir immun sozusagen. Wir setzen da viel lieber unsere ganze Energie und unser komplettes Bewusstsein ein, um Musik zu erschaffen, hinter der wir geschlossen zu 100 % stehen. Ich erachte genau dies auch als den einzigen Weg, um etwas wirklich Stabiles auf die Beine zu stellen. Traurigerweise folgen nicht mehr allzu viele Bands diesem Pfad, wie ich denke. Ich bin in diesem Punkt aber ohnehin sehr wählerisch, das muss auch erwähnt werden.“

© Markus Eck, 25.01.2011

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