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Interview: ARRIVAL
Titel: Acherontia Atropos – Bote des Teufels

Wer bei massiv keyboardkonturiertem, majestätischen Edel-Black Metal mit hohem spielerischen Niveau und ebenso frostklirrenden wie anmutig wunderschönen Melodien innerlich freudigste Erregung verspürt, kommt an diesen superben Newcomern nicht vorbei. Arrival fanden sich 1999, um nachfolgend schnell ihren zukünftigen und heutigen Stil zu finden.

Ihr eisbahnbrechendes und hochhymnisches Debütalbum „An Abstract Of Inertia“ ist ein melodisch orientiertes Finnenschwarzmetallerlebnis von selten vorzufindender Güteklasse, sprachlos machender kompositorischer Relevanz und vor allem durchgehend spürbar begeisterter Spielumsetzung. Ebenso untypisch wie das künstlerisch durchdachte und sehr anspruchsvolle CD-Design sind auch die Ansichten der Musiker.

Dämonenkehle Sin. K und Six-Stringer Inzomniac gewährten mir aufgrund meiner laut frohlockenden Worte über ihr Klangwerk eine Audienz im geistigen Universum der finnischen Hass-Symphoniker. Es galt, zuerst die Bedeutung des Bandnamens in Erfahrung zu bringen. Sollte hier die „Ankunft“ eines neuen Sterns am Melodic Black Metal-Firmament nach landestypischen talentierten Genrestars wie Catamenia, Count De Nocte, Throes Of Dawn, Funeris Nocturnum, Horna, Alghazanth, Faerghail, Flauros, Thyrane, Thy Serpent and Omnium Gathering gemeint sein?

Sin. K überrascht mich erstmal durch seine inhaltlich nüchternen Worte:

„Ich muß dich in dieser Hinsicht enttäuschen, aber es steckt keinerlei `mystische` Bedeutung hinter unserem Bandnamen. Wir wollten uns durch unseren Namen schon etwas von gängigen Genrestandards abheben. Jeder interpretiert ihn anders, so bleibt es letztendlich den Hörern überlassen, was sie sich darunter vorstellen. Er stammt vom ersten Song, den ich jemals geschrieben habe. Das Stück selbst ist heute keiner Erwähnung mehr wert, aber der Titel hörte sich gut an, also verwendeten wir ihn für Arrival. Als ich die Band anfangs noch als mein Projekt startete, war mir daher auch schon gleich klar, wie ich sie nennen würde.“

Projekt? Er resümiert:

„Arrival startete als mein Einmannprojekt irgendwann im Jahr 1999. Ich begann erstes eigenes Songmaterial zu schreiben, anfangs noch lediglich für mich. Ein Freund bot mir nachfolgend an, einige Stücke in seinem eigenen Studio aufzunehmen, was wir auch taten. Ich sandte die so entstandene Aufnahme mittels einiger Tapes an enge Freunde und erhielt viel positives Feedback. Mein erstes Material war sehr episch und enthielt mein zu dieser Zeit schon sehr aufrichtiges Feeling für diese Musik. Mein Wunsch nach ordentlichen Mitstreitern wurde immer größer, so rekrutierte ich alsbald Drummer Isv. Kran und Icrs2K übernahm die Gitarrenarbeit. Aber erst als Inzomniac noch dazukam, war unser Line-Up so richtig komplett.“

Der Sänger liebt die Vergangenheit, aber geht bewußt mit der Gegenwart um, um vernünftig in die Zukunft zu blicken:

„Deicide und Rotting Christ waren die ersten Bands, welche mich so richtig interessierten – obwohl ich gar nicht mehr weiß, welchen Alben ich da eigentlich anfangs frönte. Denn wir hatten früher nur total beschissen aufgenommene Tapes, welche knisterten wie Sau. Kopien, aufgenommen von der Kopie der ersten Kopie. Doch das darin enthaltene und von uns aufgesaugte Feeling war um einiges besser als der heutige vielfach oberflächliche Spirit für diese Art von Musik. Es gab hier auch keine Plattenläden, wo wir uns mit `unserer` Musik hätten versorgen können, so war es schon immer schwer, an die Originaltonträger heranzukommen. In meiner Heimatstadt Joensuu, einem ziemlich kleinen Nest hier in Finnland (50.000 Einwohner) existiert auch keine Metalszene, so daß die wenigen Metalheads hier zusammenhalten wie Pech und Schwefel. Deswegen brachte Joensuu auch solche kultigen Truppen wie Phlegothon oder Mordicus hervor. Auch Sarnath stammen von hier.“

Nun schaltet sich endlich Inzomniac ein und ergänzt seinen Bandkollegen mit etwas Eigenwerbung.

„Von hier stammen auch Insomnium, in welchen ich Gitarre spiele. Wir veröffentlichten erst kürzlich unser Debütalbum `In The Halls Of Awaiting`, welches sehr gut geworden ist. Denn, gerade weil unsere Stadt nicht viele Metal-Acts hervorbringt, geben sich die Bands aus Joensuu umso mehr Mühe.“ Da muß ich dem vielbeschäftigten Saitenquäler recht geben, denn mit „In The Halls Of Awaiting“ haben Insomnium wahrlich ein taufrisch klingendes, herrliches Melodic Death Metal-Album gezaubert beziehungsweise eingespielt.

Doch kommen wir nun endlich zum eingangs erwähnten künstlerisch wertvollen Albumcover zu sprechen, eines der untypischsten, welches ich jemals in diesem Dunkelmetier zu sehen bekam. Sin. K mag das Bild sehr:

„Wir alle sind total zufrieden damit. Es ist wie unser Bandname ganz bewußt und nach unserem Wunsch anders wie die bei unserer Art von Musik gewohnten Coverbilder gestaltet worden. Es soll auch individuelle Impressionen und Meinungen erzeugen, gleichfalls positive und negative, es soll irritieren und provozieren. Der verfaulte Apfel im Innern des Booklets auf komplett weißem Hintergrund erzeugt zudem ein sehr beklemmendes Gefühl beim Betrachter – der gewonnen Bildeindruck kann gleichzeitig also sehr rein und trotzdem faulig sein. Der Graphiker Ryne Tyvold erledigte einen tollen Job damit für uns, genau was wir uns vorstellten.“ Tyvold ist zweifellos ein guter Mann auf seinem Gebiet – man kennt ihn bisher durch seine gelungenen Arbeiten auf den beiden Susperia-Alben.

Abschließend bringt sich Axeman Inzomniac nochmals ein und offenbart gänzlich unerwartetes: „Der Schmetterling darauf ist eine sogenannte Habichtaugen-Motte (Acherontia Atropos), ein sehr großes und lautes Insekt. Im 18. Jahrhundert wurde er als Plagenbringer verfolgt und deswegen als Botschafter Satans deklariert. So kann dieser Schmetterling auch als ein Symbol für das Böse gesehen werden.“

© Markus Eck, 30.09.2002

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